Paracelsus als Arbeitsrechtler

Der Arzt, Naturphilosoph, Alchimist und Chemiker Paracelsus gilt als Universalgenie des 15. Jahrhunderts. Was kaum jemand weiß: Theophrastus Bombast von Hohenheim war auch einer der ersten Arbeitsrechtler.

In Villach findet man heute noch viele Spuren von Paracelsus, wie sich der Mediziner selbst nannte. Sie gehen zurück bis in seine Kindheit. Historiker Gernot Rader: „Paracelsus ist als Neunjähriger mit seinem Vater aus der Schweiz nach Villach gekommen. Sein Vater war dann dort 32 Jahre Arzt. Der Sohn ist in jungen Jahren in die Welt gezogen, aber nirgends lange geblieben.“ Er sei von den ansässigen Gelehrten als Störenfried betrachtet, so der Historiker, denn er hatte revolutionäre Ideen. Seine bekannteste lautet: „Die Dosis macht das Gift“.

Deshalb wollte Paracelsus auch die Arbeitszeiten der Menschen „dosieren“, so Rader. Er habe als erster erkannt, dass schon damals die Arbeitskraft der Menschen ausgenutzt worden sei. „Er hat über die Arbeits- und Ruhezeiten eine Denkschrift verfasst und darin behauptet, dass Gott die Menschen nicht zur Arbeit geschaffen hat.“

„Vier Tage sollten reichen“

Erst nach der Vertreibung aus dem Paradies habe Gott den 7. Tag der Woche als Ruhetag verordnet. Paracelsus wollte die Dosis noch weiter senken und meinte, dass die Menschen mit vier Tagen Arbeit auskommen könnten. Für den Fall, dass doch einmal mehr Arbeit anfallen würde, hatte er eine weitere Idee parat, die gerade bei der Obrigkeit wenig Gefallen fand: „Die müßig gehenden Pfaffen, Nonnen und Mönche, Bürger, Doktores und Schreiber auch einmal arbeiten.“ Doch die Umsetzung sei ihm nicht gelungen, so der Historiker.

Eine Empfehlung wurde dann doch umgesetzt: Man solle wenigstens besondere Fest- und Feiertage einführen und dabei Gott danken und dienen. Die katholische Kirche folgte dieser Idee dann in Ansätzen lange. Erst in den letzten Jahrzehnten wurden die kirchlichen Feiertage immer öfter von der Wirtschaft zu langen Einkaufstagen genutzt.

Alte Arznei nachgebraut

Als Arzt und Chemiker schrieb Paracelsus viele Bücher und druckte in ihnen viele Rezepte seiner Arzneien ab. Eines dieser Rezepte entdeckte die Villacher Apothekerin Gabriele Kampitsch und braute die Arnzei nach. Die ehemalige Bibliothekarin wird von der Philosophie von Paracelsus schon lange begleitet. Im Zuge ihrer Studien stieß sie auf das Rezept des „Danziger Goldwassers“. Dieses Rezept erfand Paracelsus aber nicht selbst, sondern übernahm es. Er sprach Gold eine große Heilwirkung zu. Gold werde heute noch bei Rheuma und Asthma eingesetzt, so Kampitsch. Es stimuliere die Hypophyse und rege die Nebenniere an. Es komme in Milz, Leber und Gehirn vor.

Heraus kam ein Digestif

So versuchte sich die Apothekerin an dem alten Rezept: „Der höchste Grund der Arznei ist die Liebe, schreibt Paracelsus. Seine Weltanschauung war ganzheitlich.“ Nur ein Zitat ergibt noch lange keine Medizin. Also mussten sämtliche Zutaten besorgt werden, die auch Paracelus verwendete: „Es sind Kardamom, Koriander, Sternanis, Rosenblüten, Gewürznelken, Zucker und Alkohol drin. Das essbare Blatt Gold war eine Herausforderung.“

Aber auch diese Hürde wurde gemeistert. Die Zutaten wurden dann vermengt und nach Paracelus endgefertigt. Laut Kampitsch koche es nicht, sondern mache einen Auszug in Alkohol und lasse ihn sechs bis acht Wochen stehen. In dieser Zeit kümmerte sich Gabriele Kampitsch tagtäglich mehrmals um die Arznei, schüttelte und überprüfte sie. Heraus kam letztendlich ein Digestif, das „Villacher Goldwasser“, mit dem sich Apothekenchef Klaus Schirmer auf den Markt wage. Es soll die Verdauung nach einer fetten Mahlzeit anregen.