Ein Bus fährt gegen die Armut durch Europa

Am Donnerstag machte der „EMIN-Bus“ Halt in Klagenfurt. Der Bus wirbt europaweit für ein EU-weit einheitliches Mindesteinkommen. Ohne Sozialleistungen würde sich die Zahl der von Armut Betroffenen in Kärnten verdoppeln, warnt das Armutsnetzwerk.

Arm ist nicht nur, wer in Pappschachteln am Bahnhof übernachten oder die Tage auf Parkbänken verbringen muss, sondern arm ist auch, wer am Alltagsleben nicht teilnehmen kann. In Europa sind das nach neuester Studie 23,5 Prozent der Menschen. 18 Prozent der Österreicher, rund 1,5 Millionen Menschen, sind armutsgefährdet. Besonders betroffen sind Langzeitarbeitslose, Alleinerzieher und Nicht-EU-Staatsbürger. Die Diskussion um eine bundesweit einheitliche Mindestsicherung ist derzeit voll im Gang, schon Anfang Juni will die Bundesregierung ihre Pläne dafür vorlegen.

Mindestsicherung Sozialleistungen EMIN Bus EU Klagenfurt

ORF

Der EMIN-Bus in Klagenfurt

Vor diesem Hintergrund fährt derzeit der EMIN-Bus (European Minimum INcome – Anm.) durch Europa, am Donnerstag machte er Halt in Klagenfurt. Hunderte Unterschriften zieren den Bus bereits. Bis Ende Juni tourt die Initiative noch durch Europa. der Aktion will man das Bewusstsein für eine soziale EU stärken. Langfristiges Ziel der Kampagne ist es, EU-Richtlinien für angemessene Mindestsicherungs-Systeme einzuführen.

Die Armut kommt plötzlich

„Armut kann alle treffen. Es kann von heute auf morgen gehen – weil die Firma zusperrt, weil man erkrankt, weil der Partner stirbt. Ich weiß nicht aus der Statistik, sondern aus eigener Erfahrung, was es heißt, von der Mindestsicherung leben zu müssen“, berichtete am Donnerstag Christine Sallinger von der Plattform „Sichtbar werden“. „Ich weiß, wie es sich anfühlt, im Winter nicht anständig heizen zu können. Ich weiß, was es bedeutet, seinen Kindern nichts kaufen zu können.“ Es brauche ein sozialeres Europa, so Sallinger. Sozialleistungen seien die Basis für ein demokratisches Europa: „Sobald diese wegfallen, kommt es zu sozialen Auseinandersetzungen.“

Mindestsicherung Sozialleistungen EMIN Bus EU Klagenfurt

ORF

Schon zahlreiche Unterschriften zieren den Bus

Land Kärnten und Gemeinden geben derzeit 17 Millionen Euro im Jahr für die Mindestsicherung aus, rund 6.400 Kärntner, ein Drittel davon Kinder, beziehen diese Mindestsicherung im Durchschnitt 6,9 Monate lang. Die Mindestsicherung sei eine der wichtigsten sozialen Maßnahmen, sagte am Donnerstag Soziallandesrätin Beate Prettner (SPÖ). Dieses soziale Netz dürfe nicht in Frage gestellt werden, „damit Menschen ein Dach über den Kopf haben und nicht hungern müssen.“

Notstandshilfe: Land warnt vor Kostenexplosion

Die von der Bundesregierung andiskutierte Überführung der Notstandshilfe in die Mindestsicherung hätte für Kärnten dramatische Folgen, warnte Prettner. In Kärnten gebe es 9.000 Betroffene, die dann dauerhaft die Mindestsicherung beziehen würden. „Das würde unseren Budgetrahmen bei weitem übersteigen.“ Von 17 Millionen im Jahr bis auf 73 Millionen Euro könnten die Kosten laut Prettner dann steigen: „Der Bund würde sich – wie er es bereits bei der AUVA andenkt – aus seiner Verantwortung verabschieden.“

Mindestsicherung Sozialleistungen EMIN Bus EU Klagenfurt

ORF

Hohe Armutsrate ohne Sozialleistungen

Auch das Kärntner Netzwerk gegen Armut und soziale Ausgrenzung warnte am Donnerstag vor der Kürzung bei Sozialleistungen. „Die Armutsgefährdung der Kärntner Bevölkerung ist seit dem Jahr 2011 rückläufig und es wäre wünschenswert, wenn sich dieser Trend fortsetzen würde“, so Obmann Heinz Pichler. So würde beispielsweise ein gänzlicher Wegfall der Sozialleistungen zu einer Steigerung der Armutsgefährdung – sie beträgt derzeit zwölf Prozent – auf rund 26 Prozent führen. Noch drastischer wäre es, wenn Transferleistungen bei Pensionen wegfallen würden, dadurch wären 45 Prozent der Kärntner Bevölkerung armutsgefährdet.

Das Armutsnetzwerk fordert deswegen verbesserte Erwerbschancen für armutsbetroffen Menschen, keine Einschränkungen bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik, die Anhebung der Mindesteinkommen in Kollektivverträgen, keine Streichung der Notstandshilfe sowie die Beibehaltung und Ausweitung der AMS-Fördermittel für den Zweiten Arbeitsmarkt.