Amtsmissbrauch: Bürgermeister freigesprochen

Der Bürgermeister von Lesachtal, Johann Windbichler (ÖVP), ist am Mittwoch vor dem Landesgericht Klagenfurt vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs freigesprochen worden. Weil die juristischen Anforderungen steigen, finden sich immer mehr Bürgermeister vor Gericht wieder.

Oft sind bei Bauanträgen viele Fragen zu klären: Wie weit darf ein Heizwerk mit Hackschnitzelanlage von einem angrenzenden Grundstücken entfernt sein und wird die Grundstücksgrenze genommen oder das Objekt selbst? Gewerbebehörde und Baubehörde waren sich zumindest im Fall des geplanten Heizhauses mit Hackschnitzelanlage in St. Lorenzen im Lesachtal 2011 nicht einig.

In der Verhandlung am Mittwoch sagten mehrere Sachverständige als Zeugen aus, die ihre Expertisen für das geplante Heizwerk erstellt hatten, welche auch unterschiedliche Grundaussagen lieferten. Im Mittelpunkt stand dabei ein Gutachten zur Luftreinhaltung: Es sah vor, dass das geplante Heizwerk mindestens 50 Meter von bereits bestehenden Wohnhäusern entfernt hätte stehen müssen. Grundstücksbesitzer, deren Liegenschaften näher am geplanten Werk lagen, liefen deshalb Sturm, sie befürchteten eine Entwertung der Grundstücke.

Der heutige Bürgermeister und damalige Vorsitzender der Baubehörde bezog sich auf jenes Gutachten, das 50 Meter Abstandsfläche bis zum nächsten Wohnhaus zählt und lehnte das Projekt ab. Das brachte ihn schließlich vor Gericht.

Anrainer liefen Sturm gegen Projekt

Alles begann im Jahr 2011, als ein Betreiber in St. Lorenzen das Heizwerk errichten wollte. Die Anrainer liefen Sturm, der frühere Bürgermeister von der SPÖ erteilte die Bau- Genehmigung. Die Anrainer beeinspruchten das Projekt mehrmals mit Erfolg. Der jetzige Bürgermeister war damals Vizebürgermeister und Vorsitzender der Baubehörde der Gemeinde. Er erteilte keine Baugenehmigung. Er sei nur ein einfacher Bergbauer und sein Hausverstand habe ihm gesagt, dass dieses Projekt wenig Sinn mache, sagte er vor Gericht.

„Ich habe nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt und nach Prüfung aller Sachthemen entschieden. Wie ich den Prozess verfolgt habe, habe ich mich darin bestätigt gesehen, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe“, beteuerte der Bürgermeister in seinem Schlusswort vor Richterin Sabine Roßmann, die dem Schöffensenat vorsaß.

Außerdem befindet sich gleich neben dem geplanten Projekt der Sportplatz. 250 Meter entfernt gebe es bereits ein Heizhaus eines anderen Betreibers, das weitere Haushalte versorgen könnte. Außerdem würden die Grundstücke der zehn Anrainer massiv an Wert verlieren. So starb das Projekt schlussendlich.

Anwalt: Politisches Hickhack

Gleich, nachdem sich in der Gemeinde ein politischer Farbwechsel vollzogen hatte und als 2015 der Vizebürgermeister Bürgermeister wurde, kam die Anzeige des nicht zum Zug gekommenen Kraftwerksbertreibers. Anwalt Walter Brunner ortete in seinem Plädoyer ein politisches Hickhack auf Kosten seines Mandanten und forderte einen Freispruch.

Richterin Sabine Roßmann sagte in ihrer Urteilsbegründung, es habe im Prozessverlauf - speziell in der Frage, wie der Abstand zu bestehenden Häusern und Grundstücken zu handhaben sei - Widersprüche gegeben, die sich nicht aufklären hätten lassen. „Amtsmissbrauch sieht das Gericht in diesem Fall keinen“, führte Roßmann aus. Allerdings: „Das ist nicht das Landesverwaltungsgericht und nicht der Verwaltungsgerichtshof. Ob diese Entscheidung richtig war, ist eine andere Geschichte.“ Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.

Rechtsschutzversicherung für alle Bürgermeister

Das Bürgermeisteramt ist mit ständig wachsenden, juristischen Anforderungen verbunden, vielleicht der Grund, warum sich immer mehr Gemeindeoberhäupter vor Gericht verantworten müssen. Wegen der vielen Rechtsstreitigkeiten ließ der Gemeindebund jetzt alle Kärntner Bürgermeister mit einem Rechtsschutz versichern.

„Es ist schon bedenklich, dass man mit einer anonymen Anzeige einen Bürgermeister vor Gericht bringen kann“, sagte Johann Windbichler am Dienstag nach seinem Freispruch. „Eigentlich müsste der Verursacher dann die Gerichtskosten zahlen.“

Abgelaufene Wasseruhr: Strafe für Bürgermeister

Es muss aber nicht unbedingt einen Konflikt geben, um einen Bürgermeister rechtlich in Probleme zu bringen. Eine kleine, blaue Plombe an der Wasseruhr eines Gewerbebetriebes in Liebenfels war vor kurzem abgelaufen, als das Eichamt zur Kontrolle kam. Die Folge: Eine Strafe für Bürgermeister Klaus Köchl (SPÖ) aus Liebenfels. „Es war zu zahlen, eingesehen hab‘ ich das aber nicht“, sagt Köchl. Das noch vor Monaten heftig umstrittene Heizwerk in Liebenfels ist heute weitgehend akzeptiert. Es gab zwar Drohungen, aber kein Verfahren gegen den Bürgermeister.

Heikle Baugenehmigungen am Wörthersee

Auch Hilde Gaggl (ÖVP), Bürgermeisterin von Krumpendorf am Wörthersee, kennt die zunehmende Rechtsproblematik. Ein heißes Thema sind die begehrten Baugenehmigungen in den Seegemeinden, sei es für einen lauschigen Steg oder für die eigenen vier Wände. Und wer schon am Wörthersee wohnt, will seine Ruhe haben und seine Aussicht behalten.

Das kann zu Interessenskonflikten führen. Anzeigen wegen Amtsmissbrauchs gebe es da immer wieder, sagt Gaggl: „Man braucht einen Rechtsvertreter, man muss die Akten wieder durchschauen. Wenn die Staatsanwaltschaft ermittelt, ist das nicht angenehm. Aber bisher wurden alle Ermittlungen wieder eingestellt.“ In der Gemeinde Krumpendorf wird am Mittwochabend über den Bebauungsplan entschieden werden. Egal, wie die Entscheidung fallen wird – sie kann nicht alle zufrieden stellen.