Seit 170 Jahren Hüter des Wissens
Die naturkundlichen Sammlungen von Kärntens erstem Naturhistorischen Museum wurden dem ersten innerösterreichischen Museum Erzherzog Johanns (Grazer Joanneum) einverleibt und gingen später an das noch heute bestehende Landesmuseum Kärnten in Klagenfurt. Dort hat der Naturwissenschaftliche Verein heute noch seinen Sitz.
„Forschung ermöglichen und födern“
Vereinspräsident Helmut Zwander über die wichtigsten Aufgaben: „Unsere wichtigste Aufgabe in Kärnten ist es, das Feld der naturwissenschaftlichen Forschung zu bearbeiten, Forschung möglich zu machen durch Unterstützung von Bachelor- oder Masterarbeiten, Projektvergaben, naturwissenschaftliche Fortbildung zu organisieren in Form von Fachgruppentagungen, Vorträgen, Exkursionen etc.“
Der Naturwissenschaftliche Verein erhält dafür Förderungen des Landes und ist somit der Bevölkerung verpflichtet. Wo immer naturwissenschaftlich ausgerichtete Ereignisse stattfinden, ist der NWV dabei, so Zwander. So präsentiere man im Rahmen der Langen Nacht der Forschung, die im April stattfinden wird, das Projekt der Weberknechtfauna. Man wolle die Arten und deren Verbreitung aufarbeiten. Heute gibt es im NWV elf Fachgruppen. Einige gehen schon auf das Jahr 1847 zurück, derzeit dominant vertreten sind Botanik, Mineralogie und Zoologie. „Jeder, der Interesse hat, darf Mitglied werden und sich mit seinem Interesse einbringen.“
ORF
Mehrheit der Mitglieder männlich
Der NWV hat ca 2.000 Mitglieder, davon 59 Prozent Männer und 39 Prozent Frauen. Man arbeitet mit dutzenden Institutionen beim Schriftentausch im Bibliotheksbereich und ist ein Gesprächsforum für Gedankenaustausch zwischen Autodidakten und Fachleuten, so Zwander: „Da werden Interesse geweckt, da sind Kinder dabei, weil wir viele Exkursionen auch mit und für Kinder machen. Da haben wir eine eigene Fachgruppe für Kinder und Jugend gegründet.“
Anerkennung ist einziger Lohn
Lohn für sämtliches naturwissenschaftliches Engagement ist Anerkennung. Die Mitglieder arbeiten ehrenamtlich. Jede Fakultät habe mehr Geld als der NWV, man sei aber zufrieden. Seit den 60er-Jahren habe man mit dem Land einen Vertrag, weil man dem Land nach dem Zweiten Weltkrieg das Landesmuseum geschenkt habe. Hintergrund der Schenkung, so Zwander, sei gewesen, dass der Verein die Kriegsschäden niemals hätte beseitigen können. Das Land versprach damals die Gegenleistung von 50 Druckbögen. Damit könne man heute noch publizieren, das ist die Publikation Carinthia II.
Klöster als Keimzellen der Forschung
In früheren Zeiten waren Klöster die Keimzellen naturwissenschaftlicher Forschung. In Klagenfurt wirkte in der Maria Theresianischen Zeit der Jesuitenpater Franz Xaver Wulfen. Im Vormärz, der Zeit zwischen dem Wiener Kongress und dem Revolutionsjahr 1848, kam die Beschäftigung mit Naturwissenschaft in Mode, so der Historiker Roland Bäck: „Franz Stephan von Lothringen, der Gemahl von Maria Theresia sammelt selbst und legt ein Hofkabinett an, da machen in den Ländern auch die Gelehrten mit. Es bildeten sich im Vereinszeitalter, dem bürgerlichen Vormärz, die ersten Gesellschaften.“
Ackerbaugesellschaft war Vereinsbeginn
1848 legte die Französischen Revolution in ganz Europa den Grundstein für Reformen. Ein Bestandteil dieser Reformen waren die „Landwirtschaftlichen Gesellschaften" deren älteste, die Kärntner Ackerbaugesellschaft, in Klagenfurt entstand, so Bäck. Der Verein wurde von Maria Theresia ins Leben gerufen, bestand aber bis ins 19. Jahrhundert. Sie diente zur Förderung von Landwirtschaft und Industrie. Daraus bildete sich im Rahmen der Zeitschrift Carinthia und einiger Privatgelehrter ein naturwissenschaftlicher Zirkel, der an Wulfen und andere anknüpfte.“
Bürger engagierten sich wissenschaftlich
Dabei ging es zunächst um Trockenlegungen von Sümpfen, das Urbarmachen von nicht genutzten Flächen oder um Verbesserungen im Bergbau und der Landwirtschaft. Laut Bäck kam es immer mehr zu Spezialisierungen, einige Mitglieder legen Mineraliensammlungen an, andere sammeln Schmetterlinge. Die Interessen gingen auseinander, man nützte die alte Ackerbaugesellschaft aber als Konstrukt des Vereins: „Das Metternichsche Zeitalter hatte ja ein sehr restriktives Vereinsgesetz, da war es nicht so leicht, einen Verein neu zu gründen. Man stand unter einer gewissen Überwachung.“
1862 Gründung Botanischer Garten
1862 wurde auch ein eigener Botanischer Garten angelegt, bevor noch das Landesmuseum eröffnet wurde. Da hatte der Verein mit Landwirtschaft nicht mehr viel am Hut, so Bäck. Es seien immer mehr Mittel- und Kleinbürger ein, die sich engagierten und Sammlungen anlegten. Sie hielten gesellige Abende ab und hielten Vorträge. So hätten sie zur Bildung beigetragen. Im Gegensatz zu anderen benachbarten Kronländern, wo Museen mit hoher staatlicher Unterstützung zustande kamen, war die Gründung des Landesmuseums in Kärnten eine Leistung der bürgerlichen Gesellschaft.
Mit dem Anschluss Österreichs an Nazideutschland 1938 wurden Vereine quasi zwangsverstaatlicht: „In diesem Sinne kommt es zur Umbenennung und zu einer Änderungen der Besitzverhältnisse im rechtlichen Bereich. Der Verein wurde nach dem Krieg mit einer Hauptversammlung neu gegründet, 1974 regelte man mit dem Land Kärnten auch den rechtlichen Rahmen. Die alten Vereinssammlungen gingen an das Land Kärnten, im Gegenzug konzentriert sich der Verein auf Bildungs- und Forschungsarbeit.“
Druckwerk des Vereins ist die Carinthia
Die Carinthia II erscheint in zwei Teilen, wobei Teil 1 für interessierte Laien aufbereitet ist. Der 2. Teil ist ausschließlich für Experten der einzelnen Fachgebiete gedacht. Teil 1 wird voraussichtlich noch vor dem Sommer erscheinen. Darüberhinaus gibt es heuer zwei große Kostbarkeiten, so Vereinspräsident Zwander
Im Herbst wird als Nachfolgeband zu „Kärnten - Landschaftsräume“ ein erstes umfassendes Buch zur Geografie Österreichs vorgestellt, das sich mit den Landschafts- und Lebensräumen in Österreich auseinandersetzt.