Broschüre hilft Behinderten in Behördenwirrwarr

Mehr als 85.000 Frauen, Männer und Kinder in Kärnten haben eine Behinderung. Die Behinderten-Anwaltschaft stellte nun eine Broschüre zusammen, die die Orientierung im Behörden-, Gesetzes- und Förderdschungel leichter machen soll.

Mehr als 100 Seiten über alle Hilfsangebote und Leistungen bietet die neue Broschüre der Anwaltschaft für Menschen mit Behinderung. Isabella Scheiflinger, Kärntens Behindertenanwältin, sagte dazu, in der täglichen Beratung sehe man, dass Betroffene nur unzureichend informiert seien. Sie wüssten gar nicht, welche Hilfsangebote und Leistungen ihnen zustehen, weil viele Behörden zuständig sind.

Spießrutenlauf bei Behörden

Ein undurchsichtiger Dschungel, so Scheiflinger: „Für den Betroffenen bedeutet dass, wenn man um Familienbeihilfe ansuche, geht man zum Finanzamt, wenn man einen Therapiezuschuss haben will zur Sozialversicherung sowie zu Gemeinden, wenn man einen Behindertenpass braucht oder die Ersatzpflegeförderungen, muss man zum Sozialministeriumservice gehen.“ Das sei ein Behördenspießrutenlauf, der sehr anstrengend sei, so Scheiflinger. Die gesetzlichen Grundlagen seien außerdem komplex und kompliziert, nicht einmal Fachleute seien sich immer einig oder ausreichend informiert.

Isabelle Scheiflinger Anwältin Menschen mit Behinderung

ORF

Isabella Scheiflinger und ihr Team sind für alle Anliegen von behinderten Menschen und ihren Angehören da

Der Themenbereich Menschen mit Behinderung sei einerseits bundesgesetzlich und andererseits landesgesetzlich geregelt. Dann gebe es verschiedenste andere Gesetzte, die auch noch irgendetwas regeln, so Scheiflinger. Deshalb kämpfen die Betroffenen oft gegen Windmühlen. In der Anwaltschaft versuchen Scheiflinger und ihr Team, Beratung und Unterstützung zu bieten.

Unzählige Themen und Probleme

Dabei geht es um alle Themen, die das Leben von der Geburt bis ins hohe Alter parat hält: „Das kann sein, dass man gerade erst erfahren hat, dass das eigene Kind eine Behinderung hat. Das kann sein, dass man sich über Kindergärten informieren möchte. Es geht um Themen wie Schule, berufliche Integration, Beschäftigung, Wohnhausbetreuung, Freizeitbetreuung, Finanzen, Sachwalterrecht. Quer durch die Palette.“ Ziel sei es, dass Menschen mit Behinderung in allen Lebensphasen zu unterstützen, im Sinn des selbstbestimmten Lebens, sagte Scheiflinger. Wenn es hart auf hart gehe, wolle man ihnen auch zur Seite stehen.

Alleinerziehende verlor Job

Für die Anwaltschaft sind Schicksale wie das einer alleinerziehenden Mutter, die ihre Arbeitsstelle plötzlich aufgeben musste, leider Alltag, so Scheiflinger: „Weil die Chefin sie länger im Betrieb gebraucht hätte, sie aber nicht länger bleiben konnte, weil sie nicht wusste, dass es für ihr behindertes Kind noch andere Unterstützungsmöglichkeiten gab.“ Nach der Nachmittagsbetreuung gebe es zum Beispiel familienentlastende Dienste, wo das Kind Zuhause weiter betreut werde.

Die Mutter habe auch nicht gewusst, dass es möglich sei, das behinderte Kind bis zu vier Wochen pro Jahr in einem Wohnheim unterzubringen, damit sie sich im Fall einer eigenen Krankheit auskurieren könne. Auch eine Woche Urlaub hätte sie sich mit 50 Euro Selbstbehalt leisten können, die Sozialabteilung hätte den Rest übernommen, so Scheiflinger.

„Im Beratungsgespräch bin ich draufgekommen, dass man ihre Situation sehr gut hätte regeln können, was leider nicht passiert ist. Die Mutter ist jetzt arbeitssuchend, hat große Sorgen für die Zukunft. Dass es aber nicht wieder so weit kommt, dafür werden wir sorgen.“

Eine Stelle, eine Vertrauensperson

Neben umfassender Information arbeitet Isabella Scheiflinger an einer behördenübergreifenden Case-Management-Stelle für die Betroffenen. DIese Stelle würde den Vorteil haben, dass sich Betroffenen an eine Stelle wenden und auch alle Anträge stellen können. Es solle eine Vertrauensperson geben und eine Stelle, die alles regle. Scheiflinger hat ausschließlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die selbst behindert sind, sie kennen die Situation ihrer Klienten.

Der nächste Schritt bei der Arbeit an der Broschüre sei die Erstellung eines barrierefreien Exemplars für die Homepage. Auch blinde Menschen sollten es damit abrufen und sich vorlesen lassen können. Auch in leichte Sprache solle die Broschüre umgetextet werden, damit auch Menschen mit Lernschwierigkeiten alles verstehen können.

Kostenlos anfordern

Die Broschüre kann in als Druckexemplar kostenlos angefordert werden. Die digitale Version gibt es auf der Homepage der Behindertenanwaltschaft Kärnten, ab April wird die barrierefreie Version zur Verfügung stehen. Anwaltschaft für Menschen mit Behinderung, Völkermarkter Ring 31 9020 Klagenfurt, Telefon: 05053657151.

Links:

Broschüre als .pdf

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