Wukounig: „Die Kunst kann niemanden retten“
Reimo Wukounig verbrachte seine Kindheit als Zögling im Heim in Harbach und in Görtschach. Mit Bildern von Zöglingen arbeitete er unter anderem sein Leben im Heim auf. Zum ORF-Interview kam der in Klagenfurt geborene Reimo Wukounig im dunkelblauen Anzug mit Nadelstreifen, einer bunte Krawatte, einem Gehstock und einer dunkle Brille, die die Augen schützt.
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Vom eigenen Geburtstag zu reden sei ihm eigentlich peinlich, sagte er. Er habe diesen Tag in Wien immer in einem bestimmten Lokal gefeiert, ein Poster des verehrten italienischen Filmregisseurs und Dichters Pier Paolo Pasolini an die Wand gehängt (beide haben am 5. März Geburtstag) und gesagt: „Wir feiern Pasolini“. Seinen 75. Geburtstag feierte Wukounig im Musilmuseum in Klagenfurt.
Leben
Reimo Serge Wukounig wuchs in St. Kanzian am Klopeiner See auf. Von 1962 bis 1967 studierte er an der Akademie der bildenden Künste Wien. Von 1974 bis 1979 arbeitete er als Assistenzprofessor an der Hochschule für Angewandte Kunst, später an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt. Wukounig nahm 1976 an der Biennale in Venedig teil. 2001 wurde er mit dem Kulturpreis des Landes Kärnten ausgezeichnet.
Wukounig erinnert sich gerne an den frühen Erfolg bei der Biennale in Venedig. „Die Kunstwelt und eigentlich alle haben gedacht, dass ich jetzt tausende von Zöglingen zeichnen werde.“ Die Erinnerungen an das Aufwachsen in den Pflegeheimen Harbach und Görtschach sind geblieben: „Wir sind ja dort von Dr. Wurst nackt fotografiert worden“.
Anderer Berufsweg vorgesehen
Der Künstler sagt selbst, dass er nie geglaubt hätte, 75 Jahre alt zu werden. Eigentlich war für ihn beruflich ein ganz anderer Weg vorgesehen. Er war Lehrbub beim Slama in Klagenfurt. „Da bin ich froh, dass ich dem System entkommen bin.“ Reimo Wukounigs Talent fiel früh auf, erste Malkurse besuchte er schon mit 13 Jahren. Es folgten ein Ausbildung an der Ortweinschule in Graz und ein Studium an der Akademie der bildenden Künste in Wien.
Begeisterter Zeichner
Vor allem Gedichte haben Reimo Wukounig immer wieder zu seinen Arbeiten inspiriert. Zeilen von Christine Lavant zum Beispiel. Reimo Wukounig ist heute vor allem ein begeisterter Zeichner: „Der erste Gedanke, der sich in meinem Hirn festsetzt, das ist die Zeichnung, sie ist die schnellste Reaktion vom Kopf über die Hand auf das Papier.“
Glocke und Oval als Kunstobjekt
Die Bilderwelt Reimo Wukounigs erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Angefangen hat er mit menschlichen Figuren voller Schmerz wie den Zöglingen. Glocke und Oval beschäftigen ihn seit Jahren. Beides sind Formen, die Schutz versprechen. Schutz vor einer Welt, die einem Menschen manchmal zu viel zumutet. „Kunst hat keinen rettenden Charakter, bestenfalls tröstet sie, aber retten kann Kunst nicht. Sonst würden sich nicht so viele Künstler so früh verabschieden.“
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Freundschaft mit Herbert Liaunig
Reimo Wukounig will heute nur eines: In Ruhe arbeiten, zeichnen, malen, sich mit Literatur und Musik beschäftigen. „Vielleicht wäre ich gerne noch etwas mobiler“. Freundschaften haben im Leben von Reimo Wukounig immer eine sehr wichtige Rolle gespielt. „Wenn uns mehr verbindet als trennt, dann versuche ich die Freundschaft zu halten.“ Eine Freundschaft, die Jahrzehnte lang gehalten hat, ist die zum Sammler Herbert Liaunig. Er zeigt ab September in seinem Museum in Neuhaus/Suha eine große Reimo Wukounig-Ausstellung in der Reihe „Alte Freunde“.