Parteichefs gaben Stimmen ab

Am Sonntag hat Kärnten einen neuen Landtag gewählt. Die Parteichefs zeigten sich bei der Stimmabgabe optimistisch. Erstmals wird die Landesregierung nicht nach dem Proporz gebildet. 434.121 Kärntner sind wahlberechtigt.

4,6 Prozent der 424.121 Wahlberechtigten wählten bereits vor neun Tagen, rund 24.000 Wahlkarten wurden ausgegeben. Am Wahltag selbst herrschte in den Wahllokalen reger Betrieb, die Wahlbeteiligung dürfte insgesamt ähnlich ausfallen wie vor fünf Jahren. Damals hatte sie inklusive Wahlkarten 75,15 Prozent betragen.

Stimmenabgabe Parteichefs Kaiser mit Frau

APA/Barbara Gindl

Landeshauptmann Peter Kaiser und seine Frau wählten an der Uni Klagenfurt

Sollte es für Grüne, Team Kärnten und NEOS wie erwartet knapp werden mit dem Überspringen der Fünfprozenthürde, fällt die Entscheidung erst mit den Wahlkarten. Keine Probleme damit haben SPÖ, FPÖ und ÖVP. Landeshauptmann Peter Kaiser zeigte sich bei der Stimmabgabe an der Universität Klagenfurt zuversichtlich, er rechne mit 39,9 Prozent der Stimmen, dadurch habe er noch „Luft nach oben“. Positiv vermerkte er, dass der Wahlkampf fair und sachlich, ohne Untergriffe abgelaufen sei.

Stimmenabgabe Parteichefs Darmann Klagenfurt

APA/Barbara Gindl

FPÖ-Chef Gernot Darmann

Darmann hofft auf 25 Prozent

Sein freiheitlicher Konkurrent Gernot Darmann hatte eine Stunde früher beim Gasthof Rösch in Klagenfurt gewählt, er hoffte auf 25 Prozent der Stimmen und meinte, er sei bereit, Verantwortung zu übernehmen. Den prognostizierten blauen Himmel vermisste er allerdings.

Stimmenabgabe Parteichefs Grünen-Chef Rolf Holub mit seiner Frau Elvira

APA/Barbara Gindl

Rolf Holub (Grüne) und seine Frau Elvira

Kein Handschlag zwischen Darmann und Holub

Praktisch unmittelbar nach Darmann kam Grünen-Frontmann Rolf Holub zur Stimmabgabe ins gleiche Wahllokal. Handschlag gab es keinen, aber man grüßte einander über die Straße. Holub hoffte, dass seine Partei wider die Prognosen doch im Landtag bleiben werde. Man werde sehen, „was draus wird“. Grau in grau war es auch in Griffen im Bezirk Völkermarkt, wo ÖVP-Spitzenkandidat Christian Benger seine Stimme abgab. Er sei „sehr entspannt“, ließ er wissen, konkrete Prognosen bezüglich des Wahlausganges waren ihm auch am Sonntag nicht zu entlocken.

Benger Christian mit Ehefrau Christiane im Rahmen der Stimmabgabe in Griffen

APA/Gert Eggenberger

ÖVP-Chef Christian Benger und seine Frau

Schon um 9.30 Uhr hatte Gerhard Köfer vom Team Kärnten in Spittal an der Drau das Wahllokal aufgesucht. Er habe ein „gutes Gefühl“, meinte Köfer, dessen Gruppierung aus dem ehemaligen Team Stronach hervorgegangen ist, für das er vor fünf Jahren kandidiert hatte.

Team Kärnten-Spitzenkandidat Gerhard Köfer und seine Frau Evelyn vor seiner Stimmabgabe in Spittal an der Drau

APA/Georg Hochmuth

Gerhard Köfer vom Team Kärnten mit seiner Frau Evelyn

Noch früher, nämlich schon um 8.00 Uhr, ging NEOS-Spitzenkandidat Markus Unterdorfer-Morgenstern in Seeboden am Millstätter See wählen. Auch er hoffte darauf, dass es für NEOS zum erstmaligen Einzug ins Landesparlament reichen würde.

NEOS-Spitzenkandidat Markus Unterdorfer-Morgenstern mit Familie Seeboden

APA/Privat

NEOS-Spitzenkandidat Markus Unterdorfer-Morgenstern mit Frau und Tochter in Seeboden

Um 16.00 Uhr schließen die Wahllokale

Die letzten Wahllokale schließen um 16.00 Uhr - mehr dazu in Liste und Öffnungszeiten der Wahllokale. Bis 17.00 Uhr können dann noch Wahlkarten abgegeben werden, anschließend werden die ersten Hochrechnungen erwartet. Für die Landtagswahl sind diesmal 25.424 Wahlkarten ausgestellt worden, um rund ein Drittel mehr als bei der Landtagswahl 2013 - mehr dazu in Um 30 Prozent mehr Wahlkarten.

Vorbereitungen des ORF

Seit Wochen laufen die Vorbereitungen für die Berichterstattung in allen Medien des ORF, hier im Spiegelsaal der Landesregierung.

Erste Wahl nach Proporzabschaffung

Bisher saßen nach dem Proporzsystem alle maßgeblichen politischen Kräfte in der Regierung. Dieses System sollte dafür sorgen, dass die größeren Parteien ihre Entscheidungen in der Regierung gemeinsam im Konsens treffen. Nach der Abschaffung des Proporzes auf Initiative der Dreierkoalition von SPÖ, ÖVP und Grünen (seit 2013) ist nach dieser Landtagswahl erstmals nicht mehr jede größere Partei automatisch in der Landesregierung vertreten - selbst die stärkste Partei könnte, wenn sie keine Mehrheit oder keinen Koalitionspartner findet, am Ende in der Opposition sein – mehr dazu in Erste Wahl nach Proporzabschaffung.

Weniger Wahlberechtigte

Die Zahl der Wahlberechtigten sank - wie schon von 2009 auf 2013 - weiter, und zwar von 440.748 auf 434.121. Nach Geschlechtern betrachtet liegen die Frauen deutlich vor den Männern - mehr dazu in Weniger Wahlberechtigte als vor fünf Jahren.

Die Frage des Landeshauptmannes wird am Wahltag also nicht entschieden, erst danach beginnen die Parteienverhandlungen. Laut Landesverfassung obliegt es der stärksten Partei, den Versuch einer Regierungsbildung zu machen und dafür die anderen zu Gesprächen einzuladen. Noch eine Änderung bringt die Abschaffung des Proporzsystems nach fast 100 Jahren: Bisher gab es fix sieben Regierungsmitglieder, künftig können es „fünf bis sieben“ sein. Für kleine Parteien könnte es eng werden, die Hürde für einen Einzug in den Landtag beträgt fünf Prozent.

Erneute Dreierkoalition unwahrscheinlich

Spannend wird, ob es eine Neuauflage der Dreierkoalition von SPÖ, ÖVP und Grünen geben könnte. Das gilt allerdings als unwahrscheinlich. Die ÖVP sagte vorab, sie präferiere eine „Zweierpartnerschaft“. Vorab wollte sich – mit Ausnahme der Grünen - keine der Parteien auf künftige Partnerschaften festlegen, keiner wollte Gespräche mit anderen Parteien ausschließen. Nur von den Grünen hieß es, dass eine Koalition mit der FPÖ nicht infrage komme – mehr dazu in Pressestunde: Kontroverse Wahldiskussion.

Grafik LTW 2013

ORF

/Wahlgrafik von 2013. In der Regierung hat die SPÖ drei Sitze, FPÖ, ÖVP, Grüne und Team Kärnten je einen

Zehn Parteien stehen zur Auswahl

Wie bei der Kärntner Landtagswahl im Jahr 2013 stehen auch diesmal wieder zehn Parteien auf dem Stimmzettel, außer im Wahlkreis West, dort sind es nur neun. Die Kommunisten haben im Wahlkreis West nicht die nötigen 400 Unterstützungserklärungen geschafft, um antreten zu können, daher gibt es dort nur neun Listen zur Auswahl. Es sind nicht alle Parteien von vor fünf Jahren wieder mit dabei, dafür kamen neue dazu: die Liste FAIR der ehemaligen Grünen-Landessprecherin Marion Mitsche, die Liste Verantwortung Erde des Villacher Gemeinderats Sascha Jabali, NEOS, das erstmals kandidiert (zusammen mit der Plattform Mein Südkärnten) und das Team Kärnten, das aus dem Team Stronach hervorging.

Landtagswahl 2018 Spitzenkandidaten

APA

Wahlwerbende Gruppierungen

Landesweit:

  • SPÖ - Peter Kaiser - Sozialdemokratische Partei Österreichs/Kaiser
  • FPÖ - Die Freiheitlichen in Kärnten/Gernot Darmann
  • ÖVP - Kärntner Volkspartei/Christian Benger
  • GRÜNE - Die Grünen - Grüne Alternative - Rolf Holub/Holub
  • TK - Team Kärnten - Liste Köfer/Gerhard Köfer
  • BZÖ - Bündnis Zukunft Kärnten Neu - Liste Helmut Nikel/Nikel
  • ERDE - Liste Verantwortung Erde - Global Denken, Lokal Handeln/ Gerald Dobernig
  • NEOS - NEOS und Mein Südkärnten/Markus Unterdorfer-Morgenstern
  • FAIR - Liste FAIR - Dr. Marion Mitsche/Mitsche

Nur Wahlkreise Klagenfurt, Kärnten Ost, Villach:

  • KPÖ - Kommunistische Partei Österreichs und Unabhängige Linke

SPÖ löste 2013 FPÖ ab

Die letzte Wahl 2013 gewann die SPÖ mit rund 37 Prozent, gefolgt von den Freiheitlichen mit 17 Prozent, der ÖVP mit rund 14 Prozent, den Grünen mit zwölf Prozent und dem Team Kärnten mit elf. Das BZÖ schaffte es knapp in den Landtag, die anderen Kleinparteien nicht.

Von Haider und Dörfler zur Kenia-Koalition

Jahrzehntelang regierte die SPÖ Kärnten mit absoluter Mehrheit, die erst im Jahr 1989 verloren ging. Damals kam der Freiheitliche Jörg Haider zum ersten Mal an die Macht, stolperte über seinen Sager zur „ordentlichen Beschäftigungspolitik im Dritten Reich“ und wurde vom ÖVP-Mann Christof Zernatto abgelöst. 1999 kehrte Haider zurück und regierte bis zu seinem Unfalltod 2008, zumeist mit Unterstützung der ÖVP. Nach Haiders Unfalltod übernahm Gerhard Dörfler die Regierung.

2013 wurden die Blauen mit einem Minus von 28 Prozent abgewählt, mit Kaiser übernahm wieder ein SPÖ-Politiker das Steuer. Er holte ÖVP und Grüne in die Kenia-Koalition. Die Landesbank Hypo war inzwischen längst kollabiert, die Dreierkoalition hatte mit dem Aufräumen des Hypo-Skandals zu tun, ebenso dauerbeschäftigt ist das Landesgericht Klagenfurt mit der juristischen Aufarbeitung. 1,2 Mrd. Euro musste Kärnten an den Bund für eine Lösung mit den Hypo-Gläubigern zahlen. Ohne Einigung schwebte die Gefahr des Landeskonkurses über Kärnten.

Landeshauptmänner Kärnten APA Grafik

APA

Die Landeshauptmänner seit 1945

Die brennendsten Themen

Der Schuldenstand des Landes von 4,2 Milliarden Euro, Abwanderung, die Arbeitslosenquote und die weiter steigenden Kosten im Gesundheitsbereich werden die neue Regierung stark beschäftigen. Um Betriebe anzulocken und damit Arbeitsplätze zu schaffen, müssen der Breitbandausbau für das schnelle Internet angekurbelt und Bürokratie abgebaut werden, ist man sich weitgehend einig. Gut ausgebildete junge Menschen kommen nach dem Studium oft gar nicht mehr zurück ins Land, hier will man mit guter Kinderbetreuung und mehr Chancen Rückkehrwillige ansprechen.

Programme der Parteien

Das Wahlziel der SPÖ ist klar, sie will stärkste Partei im Land bleiben. Knapp 40 Prozent nannte Landeshauptmann Kaiser als Wahlziel. Er will niemanden ausgrenzen und sei bereit, mit allen Parteien nach der Wahl zu sprechen. Man will die klugen Köpfe wieder ins Land holen und setzt auf Familienfreundlichkeit.

Wahlplakate SPÖ Präsentation

APA/Gert Eggenberger

Die SPÖ setzte im Wahlkampf auch stark auf Soziale Netzwerke

Die FPÖ setzte im Wahlkampf auf Fortschritt und Zukunft und tritt an, um den „Stillstand“ im Land zu beenden. Man brauche keine Vergangenheitsbewältigung mehr, sondern eine „stolze Landespolitik“. Ein bisschen Vergangenheitsbewältigung soll es aber doch geben, man wünscht sich einen U-Ausschuss zur Hypo-Heta-Lösung.

FPÖ Plakat Leuchtplakat Cineplexx Villach

ORF/Petra Haas

FPÖ-Leuchtplakat

Die ÖVP präferiert eine Zweierkoalition und will auch mit allen anderen Parteien Gespräche führen, vorausgesetzt, sie stehen für Reformen. Ganz klar will man wieder in die Regierung und plant eine Reformkommission.

ÖVP Landtagswahl Plakat

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Die ÖVP-Kandidaten

Grüne bangen um Einzug in Landtag

Die Grünen bangen um den Einzug in den Landtag. Keine allzu großen Verschiebungen sind in den Stärkeverhältnissen zu erwarten - abgesehen davon, dass die Grünen nach drei Perioden im Landtag die Fünfprozenthürde diesmal möglicherweise nicht schaffen könnten. Man will mit allen verhandeln, lehnt aber klar eine Koalition mit der FPÖ ab.

Grüne Landtagswahl Wahlkampf Präsentation Plakate

APA/Eggenberger

Rolf Holub mit Plakatserie

Das Team Kärnten sieht sich als „moralisches Gewissen im Land“, egal ob in einer künftigen Regierung oder in der Opposition. Grundsätzlich könne man mit allen, man fürchtet aber, dass es nach der Wahl nur noch drei Parteien geben werde, die sich „die Pfründe teilen“.

Team Kärnten Plakate Kandidaten Wahl 2018

ORF

Plakat des Team Kärnten

NEOS hofft auf den Sprung in den Landtag, man solle mit allen sprechen können. NEOS will mehr Transparenz für die Bürger, diese sollten genau sehen, was mit ihrem Geld passiere. Österreich sei die letzte Demokratie mit Verschwiegenheitspflicht.

FAIR macht Grünen Konkurrenz

Die Liste FAIR der ehemaligen Grünen-Landessprecherin Marion Mitsche setzt auf Umwelt, Tierschutz und Gesundheit und macht damit ihrer alten Partei direkte Konkurrenz. Die Abspaltung erfolgte, als Mitsche bei der Grünen-Landesversammlung im Sommer 2017 an unwählbare Stelle auf die Landtagswahlliste gesetzt wurde.

Das BZÖ, vor 13 Jahren von Jörg Haider gegründet, spaltete sich 2009 von der Bundespartei ab und gründete sich 2010 neu. Obmann Helmut Nikel will das politische Erbe Haiders antreten und fünf Prozent der Stimmen erreichen.

Die Liste Verantwortung Erde rund um den Villacher Gemeinderat Sascha Jabali tritt zum ersten Mal an und hofft auf einen Einzug in den Landtag. Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind zentrale Themen, man hat auch das jüngste Team.

Die KPÖ will mit ihrem Antreten in den Wahlkreisen Klagenfurt, Kärnten Ost und Villach ein Zeichen gegen den Rechtsruck setzen. Sie setzt sich für ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle und eine 30-Stunden-Arbeitswoche ein.

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Diskussion aller wahlwerbenden Parteien

Am 5. Februar diskutierten im Landesstudio Kärnten alle wahlwerbenden Parteien und Gruppen.

Was darf man in der Wahlzelle und was nicht?

Darf man in der Wahlzelle telefonieren? Das ist nicht im Gesetz geregelt. Prinzipiell also schon, wenn man dadurch andere nicht stört - und es der Wahlleiter nicht verbietet.

Darf man seinen ausgefüllten Stimmzettel fotografieren und z. B. auf Facebook oder Twitter posten? Das ist nicht verboten. Das in der Verfassung verankerte Wahlgeheimnis schützt den Wähler davor, dass gegen seinen Willen bekanntwird, wie er abgestimmt hat. Den Stimmzettel eines anderen ohne dessen Zustimmung zu fotografieren und zu posten, wäre also verboten.

Jemand kann aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht selbst ankreuzen. Darf jemand dabei helfen? Ja, blinde, schwer sehbehinderte und gebrechliche Wähler dürfen sich von einer selbst ausgewählten Begleitperson helfen lassen.

Darf man gemeinsam mit dem Partner in die Wahlkabine gehen? Nein, laut Landtagswahlordnung darf „eine Wahlzelle jeweils nur von einer Person betreten werden“. Ausgenommen sind nur Begleitperson für körper- oder sinnesbehinderte Menschen.

Darf man seinen Hund in die Wahlkabine mitnehmen? Das ist im Gesetz nicht verboten. Aber der Wahlleiter könnte es untersagen, wenn dadurch z. B. die Ruhe gestört wird. Denn er hat „für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung bei der Wahlhandlung“ zu sorgen. Kommt man seinen Anordnungen nicht nach, droht eine Geldstrafe bis zu 218 Euro.

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