Archäologen dürfen zurück nach Ephesos

Österreichischen Archäologen dürfen ihre Grabungstätigkeit in der antiken Stadt Ephesos wieder aufnehmen. 2016 hatte die Türkei die Ausgrabungen unter der Leitung der Kärntner Archäologin Sabine Ladstätter gestoppt. „Die Erleichterung ist groß“, so Ladstätter.

Die Freigabe kam am Donnerstag vom türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) in Wien. „Durch die Ereignisse und Schritte in Österreich haben wir die archäologischen Unternehmen in Ephosos gestoppt. Wir möchten diese wieder aufnehmen“, sagte Cavusoglu nach einem Treffen mit Kneissl im geschichtsträchtigen Dolmabahce-Palast in Istanbul. Er sprach davon, dass die Grabungen „eine gewisse Symbolkraft für Österreich“ hätten.

Die österreichischen Archäologen hatten ihre Arbeit im September 2016 einstellen müssen. Es handelte sich um eine Reaktion auf die ultimative Forderung Österreichs, die EU-Beitrittsverhandlugen mit der Türkei abzubrechen. Der Stopp der Grabungen war ein schwerer Schlag für die Archäologen - alljährlich waren um die 250 Wissenschafter aus bis zu 20 Ländern an dem Projekt beteiligt.

Ephesos-Statue vor Transport

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Ephesos-Statue

„Große Erleichterung“ bei Ladstätter

Überwältigt zeigte sich die Direktorin des Österreichischen Archäologischen Instituts (ÖAW), die Kärntnerin Sabine Ladstätter, wenige Minuten nachdem sie in Abu Dhabi die Nachricht von der Erlaubnis zur Wiederaufnahme der Grabungstätigkeit in Ephesos erhalten hat. „Das ist unglaublich, die Erleichterung ist groß“, sagte sie. Ladstätter befasst sich seit mehr als 20 Jahren mit Ausgrabungen in Ephesos. Seit einigen Jahren leitet sie die Grabungen.

Sabine Ladstätter

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Sabine Ladstätter

Man habe vor Weihnachten den Antrag auf Erteilung der Grabungsgenehmigung bei den türkischen Behörden eingereicht. Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) habe ihr zugesichert, die Sache persönlich in die Hand zu nehmen. Üblicherweise würde die Grabungssaison in Ephesos im März beginnen, aufgrund der neuen Situation werde sie aber voraussichtlich bereits kommende Woche in die Türkei reisen.

Auch Außenministerin Kneissl zeigte sich erfreut über den Schritt der türkischen Seite und betonte, dass ihre Erwartungen an den Besuch übertroffen worden sei. Ephesos sei eine symbolische Frage. „Das ist eine wissenschaftliche Arbeit mit einer wirtschaftlichen, touristischen Dimension, die uns schon seit 1895 verbindet“, sagte Kneissl.

Mehr als 120 Jahre österreichische Grabungen

Ephesos war eine der bedeutendsten Städte des Altertums, die mit dem Heiligtum der Artemis eines der Sieben Weltwunder der Antike besaß. Österreichische Archäologen gruben seit 1895 in Ephesos. Ihre erste Blüte erlebte die Stadt unter den Griechen, die Römer machten sie zur Metropole und für die Christen war sie Ziel der ersten Wallfahrten. Dass der Ort in der Nähe des heutigen Selcuk (Türkei) im 20. Jahrhundert wie der Phönix aus der Asche wiedererstehen konnte und mittlerweile jährlich rund zwei Millionen Touristen anzieht, verdankt er zu einem guten Teil den Arbeiten der österreichischen Archäologen.

Den österreichischen Archäologen unter der Leitung von Otto Benndorf gelangen schon in den ersten Jahren der Grabung sensationelle Funde. 1903 wurde der Parther-Fries, das bedeutendste Relief römischer Zeit in Kleinasien, gefunden, das zur Feier des römischen Sieges über die Parther (161-165 n. Chr.) errichtet worden war. Noch heute ist dieser Fries das Prunkstück des Ephesos-Museums in Wien. In den folgenden Jahren konnten weitere bedeutende Bauten freigelegt werden. Die ersten in dieser Reihe waren die frühchristliche Marien-und die Johanneskirche.

Erste Besiedlungsspuren vor 5.000 Jahren

Spuren früherer Siedlungen im Gebiet von Ephesos gehen bis ins dritte Jahrtausend v. Chr. zurück. Seit dem 10. Jahrhundert v. Chr. von Griechen besiedelt, entwickelte sich Ephesos zum Mittelpunkt ionischen Griechentums und zur reichen Handelsstadt. In ihrer Blütezeit im ersten und zweiten Jahrhundert n. Chr. (80 bis 262) war Ephesos Hauptstadt der römischen Provinz Asia und prächtige Metropole.

Der Niedergang der Stadt begann Ende des dritten Jahrhunderts. Heftige Erdbeben und der Einfall der Goten richteten große Schäden an. Zudem begann der Hafen zunehmend zu versanden. Unter byzantinischer Herrschaft (5. bis 7. Jahrhundert) war Ephesos noch eine relativ wichtige Stadt. Als Missionsort des Apostels Paulus und - wie die Legende sagt - Sterbeort Marias war Ephesos eine der frühen Stätten des Christentums. Schließlich versank die Stadt im Osmanischen Reich in die Bedeutungslosigkeit. Erst im 19. Jahrhundert wurde der mehr als tausendjährige Dornröschenschlaf unterbrochen.

“Auferstehung“ durch den Tourismus

Die „Auferstehung“ von Ephesos als Ruinenstadt und Anziehungspunkt für Touristen begann in den 1950-er Jahren mit der Freilegung der Kuretenstraße. Unter den Grabungsleitern Franz Miltner und Fritz Eichler unter der Patronanz der Österreichischen Akademie der Wissenschaften erfolgte die erste Wiedererrichtung: der Hadriantempel. Auch die berühmten Artemisstatuen erblickten damals zum zweiten Mal das Licht der Welt.

Die als „Hanghäuser“ bekannt gewordenen römischen Luxus-Wohnbauten wurden in den 60er-Jahren ausgegraben. Mit Hilfe einer neuen, modernen Dachkonstruktion geschützt, konnten sie 2006 für Besucher wieder zugänglich gemacht werden. Die UN-Kulturorganisation UNESCO nahm die Ausgrabungsstätte 2015 in die Welterbeliste auf.

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