Kampftaucher üben Eistauchen im Turracher See
Auf 1.763 Meter Seehöhe, bei minus fünf Grad Celsius und rund 30 km/h Windstärke standen diese Woche ein großes Zelt, mehrere Soldaten und Männer in Tauchanzügen am Eis des 33 Meter tiefen Sees. Im Zelt zogen sich die Taucher um, daneben war eine Notfallstation aufgebaut, neben der ein alter, aller Flüssigkeiten entledigter US-Jeep geparkt war, der für Bergungsübungen dient.
Bundesheer
Die rund 40 Kampftaucher des Bundesheeres und einige Teilnehmer der deutschen Bundeswehr übten den Sprung ins kalte Wasser. An der Oberfläche hat es rund ein Grad Celsius, weiter unten drei bis vier Grad.
Fingierte Suche nach Sprengstoff in Staumauer
Auf dem Übungsplan stand die Kontrolle der Absauganlage für die Beschneiungsanlage. Im Realfall wäre es wahrscheinlich der Auslass einer Staumauer, um zu checken, ob nicht eine Sprengladung gelegt wurde. Zwei der Spezialsoldaten des Jagdkommandos überprüften noch einmal alle Anschlüsse ihrer Atemschläuche, den Sitz der Ausrüstung, dann sprangen sie in das drei mal drei Meter große Loch im Eis.
Bundesheer
Taucher ging trotz Leine verloren
Rund 30 Minuten dauerte ein Tauchgang, die Kampftaucher waren dabei an der sogenannten „Grundleine“ gesichert. Entfernte sich der Taucher von der Grundleine, spult er eine an ihm befestigte Leine von einem „Reel“ ab. Plötzlich tauchte einer der Männer aus dem Eis: „Regler vereist, Partner verloren“.
Bundesheer
Sofort „wasserte“ der Sicherungstaucher, während ein Soldat mit einem Lawinenverschütteten-Suchgerät das Eis an der fraglichen Stelle abging. Jeder der Taucher trug einen handelsüblichen Lawinenpieps bei sich, der ein Signal gibt. Nach zwei Minuten war der vermisste Taucher geborgen und wurde zur Sanitätsstation ins Zelt gebracht, wo ihm reiner Sauerstoff verabreicht und er von einem in Tauchmedizin ausgebildeten Notfallsanitäter untersucht wurde.
Unterschiedliche Ausbildungen
Es wird zwischen Pioniertauchern, Arbeitstauchern, sowie Kampfschwimmern und Tauchern mit amphibischer Ausbildung unterschieden. Die generelle Tauchausbildung dauert zwölf Wochen, danach steht ständiges Üben und Erweitern des Könnens auf dem Programm.
Große körperliche Belastung
Oberstleutnant Michael Novotny, Tauchchef des Jagdkommandos, über das Problem: „Durch die Kälte kann die sogenannte erste Stufe des Geräts eine Funktionsstörung bekommen, welches zum Abströmen des Atemgasvorrates führt. Es schließt nach dem Atemzug nicht mehr, der Atemgasvorrat strömt rasch aus. Ein weiteres, physiologisches Problem ist es, dass der Taucher die Luft selbst sozusagen erwärmen und befeuchten muss. Die körperliche Belastung, die Kälte bei mehreren Tauchgängen - die Männer sind am Abend streichfähig, wie man sich denken kann“.
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Auch Schweißen unter Wasser wird geübt
Im Turracher See werden nicht nur Kampf-, sondern auch Pioniertaucher des Bundesheeres und der Bundeswehr ausgebildet. Oberst Volkmar Ertl vom Kärntner Pionierbataillon, selbst auch Taucher bei der Wasserrettung: „Wir bilden mit unseren Fähigkeiten ab, was andere Einsatzorganisationen nicht können, wie zum Beispiel unter Wasser Schweißen“. Das könnten zwar auch zivile Firmen, aber im Zuge eines Assistenzeinsatzeinsatzes muss oft das Jagdkommando ran.
Ein Punkt war auch die Kooperation mit anderen Armeen. „Solche Ausbildungsmöglichkeiten mit zugefrorenen Seen haben wir in Deutschland nicht“, sagte ein Pionier-Feldwebel, der die zweiwöchige Übung absolviert. Im Gegenzug üben die Österreicher mit den deutschen Marinetauchern in Nord- und Ostsee - und in Österreich mit anderen Einsatzorganisation.
Auch Bergung von Toten als Aufgabe
Oberst Ertl schilderte ein anderes Szenario bei der Übung „Schutz 14“ im Jahr 2014 in Tirol: „Da wurde der Einlasskanal vom Achensee Richtung Inntal gegen mögliche Anschläge geschützt. Da hängt ein wesentlicher Teil der Elektrizitätsversorgung dran“. Er erinnerte sich an eine Bergung im Winter im Kärntner Feldsee, als ein Vermisster tot unter dem Eis gefunden wurde: „Wir können ihn ja nicht bis zur Schmelze im See lassen“. Mittels eines Bergeballons oder mehrerer kann ein Gewicht von bis zu acht Tonnen aus dem meist kalten und trüben Nass gehievt werden.
Fallschirmspringen mit voller Tauchermontur
Jeder Taucher muss mindestens 1,45 Minuten die Luft anhalten können. Zu Beginn springen künftige Kampfschwimmer gefesselt und in Uniform ins Tauchbecken und müssen wieder an die Oberfläche gelangen - selbstverständlich unter Einsatz eines Sicherungstauchers. Im Einsatz werden bis zu zwölf Meter Tiefe Kreislaufgeräte mit Sauerstoff - welche keine Luftblasen absondern - verwendet, in größerer Tiefe unter mehr Druck wird dieser aber toxisch. Für größere Tiefen stehen Pressluft-, Nitrox- und Trimix-Systeme zur Verfügung, mit letzteren wird die 100 Meter-Tiefenmarke geknackt. Das Absetzen aus Flugzeugen und Hubschraubern in voller Tauchmontur und Fallschirm gehört ebenfalls zum Programm.
„Kampftaucher zu sein, ist das höchste Level des Infanteristen - er ist viele Stunden nass, muss Vieles erdulden und noch mehr können. Solche Menschen gibt es nicht wie Sand am Meer“, sagte Novotny. Mit der deutschen Bundeswehr habe man eine lange Kooperation, unter anderem mit dem Kommando Spezialkräfte Marine in Eckernförde in Schleswig.
Kooperation mit US-Streitkräften geplant
Mit den US-Streitkräften stehe man seit dem Vorjahr in Kontakt, eine Kooperation ist geplant. „Hoffentlich können wir mit Jahresende 2018 den Beginn der Kooperation feiern“, sagte Novotny. Mit dem Mythos, dass man unter Wasser schießt, räumt ein Jagdkommandomann auf: „Das beschädigt bzw. zerreißt die Waffe.“