Frontex-Vizechef: Flucht nur bedingt zu bremsen
Weltweit mussten laut UNHCR (Flüchtlings-Kommissariat der Vereinten Nationen) bis Ende 2016 mehr als 65 Millionen Menschen ihre Heimat verlassen, 22,5 Millionen Menschen sind Flüchtlinge, mehr als zehn Millionen gelten als staatenlos. Die Zahlen lassen erkennen, wie groß die Dimension dieses Problems wirklich ist.
Genaue Beobachtung der Fluchtrouten
Berndt Körner, der bei der Menschenrechtsenquete am Donnerstag in der Landesregierung einen Vortrag über die Sicherung der Grenzen hielt, ist sich bewusst, dass die europäische Grenzpolizei Migration und Flucht nur bedingt bremsen könne. Seitdem Frontex verstärkt wurde, ging die Zahl der Flüchtlinge, die von Libyen oder Tunesien über das Mittelmeer nach Europa wollen, zurück. Immer öfter weichen die Menschen aber auf die westliche Mittelmeerroute aus.
Körner sagte dazu: „In Hinblick auf die Verschiebungen ist es so, dass uns die westliche mediterrane Route Anlass zur Besorgnis gibt. In den absoluten Zahlen liegt diese Route aber deutlich unter der zentralen mediterranen Route.“ Die Aufgabe sei es, umfassend zu beobachten, Lagebilder zu erstellen und den Staaten Daten zur Verfügung zu stellen.
Fluchtrouten über das Mittelmeer
- Die westliche Mittelmeerroute führt auf dem Seeweg von Marokko oder Algerien nach Spanien.
- Die zentrale Mittelmeerroute führt auf dem Seeweg von Tunesien oder Libyen nach Italien oder Malta
- Die östliche Mittelmeerroute führt über den Seeweg und/oder Landweg über die Türkei, die Balkanroute nach Griechenland, Albanien oder Bulgarien. (Quelle: sosmediterranee.org)
Balkanroute ist nicht „geschlossen“
Von einer Schließung der Flüchtlingsrouten, wie sie Politiker für sich reklamieren, könne man nicht sprechen, sagt Körner. Auch nicht auf der viel zitierten Balkanroute: „Ich tue mir schwer mit dem Begriff, eine Route ist geschlossen. Was wollen wir herstellen? Wir wollen den Zustand herstellen, dass die Kontrolle über die Migration wieder gewonnen werden kann. Das ist nicht das Schließen einer Route. Auf der Balkanroute findet nach wie vor eine bestimmte Migration statt, die Migration ist im Vergleich zum Vorjahr um Vieles geringer.“ Es gebe laut Körner aber nach wie vor die Verpflichtung, mit den Westbalkanstaaten intensiv zusammenzuarbeiten bei der Bewältigung der Migration.
Migration hat bestimmte Ursachen
Um die EU-Außengrenzen zu sichern wird Frontex in den nächsten Jahren weiter aufgerüstet. Über Verbindungsbüros am Balkan, in den Mittelmeerländern und künftig auch in Afrika will man durch Risikoanalysen schneller auf Migrationsbewegungen reagieren können. Der Grenzschutz alleine, werde das Problem aber nicht lösen, ist Körner überzeugt: „Der weitere Punkt ist, dass Menschenhandel, Schlepperei und Migration auch bestimmten Ursachen haben. Wenn man nicht im Bereich der Arbeitsplätze, Wirtschaft und legalen Migration Möglichkeiten schafft, wird man den Bereich der irregulären Migration nur unvollkommen begegnen können.“ Hier brauche es umfassende staatliche Zusammenarbeit und internationale Hilfsprogramme.