„Dianas Liste“ feiert Erfolg in Serbien

Der Kärntner Wilhelm Kuehs dürfte der derzeit bekannteste österreichische Autor in Serbien sein. „Dianas Liste“ war auf der Belgrader Buchmesse ein Überraschungserfolg. Es ist die Geschichte einer Frau, die tausende Kinder vor den KZs der Ustasa rettete.

Dianas Liste von Wilhelm Kuehs ist ein Roman. Die gebürtige Innsbruckerin Diana Budisavljevic führte zwar Aufzeichnungen, diese sind jedoch nicht zugänglich. Die Reaktionen auf die serbische Übersetzung zeigten dem Autor, dass sich seine peniblen Recherchen auszahlten. Man hat das Gefühl, die Menschen haben auf dieses Buch gewartet. Wilhelm Kuehs freut sich sehr über den Erfolg seines Romans.

Vor allem geht es ihm aber darum, dass die Geschichte von Diana Budisavljevic bekannt wird, so Kuehs: „Die Geschichte ist lange unter der Decke gehalten worden, niemand hat sich getraut, diese Geschichte wirklich zu erzählen. Vor allem in Serbien sind die Menschen froh, dass es jemand von außen getan hat, dem man keine Parteilichkeit vorwerfen kann.“

Ein gerettetes Kind kennengelernt

Als 1941 die faschistischen Ustasa in Kroatien an die Macht kamen, begann ein brutaler Genozid an Serben, Juden und Roma. Diana Budisavljevic erfuhr, dass in Konzentrationslagern Kinder zu Tode geprügelt wurden, verhungerten und an Seuchen starben. Sie tat in der Folge alles, um so viele Kinder wie nur möglich zu retten. Eines der geretteten Kinder lernte Wilhelm Kuehs auf der Buchmesse in Belgrad kennen. Dusan Jerinic überlebte das Konzentrationslager Stara Gradiska.

Die Liste auf der sein Name stand, hatte er immer noch. Für den Autor war diese Begegnung ein überwältigendes Erlebnis: „Er wurde als Zweijähriger dort eingewiesen in das KZ und von Diana gerettet, nach Zagreb in die Taubstummenanstalt gebracht, von dort zu einer kroatischen Familie. Er hat zu seinen serbischen Eltern zurückgefunden.“

Diana Budisavljevic mit Kindern

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Diana mit „ihren“ Kindern

Dusan Jerinic schrieb seine Erinnerungen auf, vielleicht erscheinen auch sie eines Tages als Buch. In Serbien sind die Reaktionen auf Dianas Liste sehr positiv, in Kroatien eher gemischt: „Es gibt natürlich Leute, die froh sind, dass ein Österreicher das Buch geschrieben hat und man sich nicht selbst in die Nesseln setzt. Gerade in Kroatien gibt es sehr viel Gegenwind von Leuten, die meinen, ich würde die Verbrechern der Ustasa in die Auslage stellen.“ Aber wenn diese Kinder einem Ferienlager gewesen wären und nicht vom Tode bedroht, hätte Diana sie ja entführt und nicht gerettet, so Kuehs. Überlebende hätten gesagt, die Schilderungen seien korrekt, sie könnten nur Zustimmen.

Wilhelm Kuehs

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Das Interesse an Dianas Liste ist aber nicht nur in Österreich und Serbien groß, immer wieder gibt es auch Anfragen aus Italien oder Rumänien. Wilhelm Kuehs glaubt, das es heute ein Bedürfnis nach Geschichten wie jener von Diana Budisavljevic gibt. Von Menschen, die anderen Menschen in Not ganz einfach geholfen haben und damit unter Einsatz ihres eigenen Lebens Zivilcourage zeigten.

Unterlagen bleiben verschwunden

Manches lässt sich auch heute nicht mit letzter Sicherheit klären. Dazu gehört auch, was mit Dianas Liste, den Karteikarten mit den Daten der geretteten Kinder, wirklich geschah. 1945 übergab Diana Budisavljevic ihre Unterlagen. Sie konnte danach den getrennten Familien nicht mehr dabei helfen, wieder zusammenzufinden. Der Titel des Buches Dianas Liste erinnert nicht zufällig an Schindlers Liste, einen Roman, der von Steven Spielberg verfilmt wurde.

Der Industrielle Oskar Schindler rettete Juden, indem er sie in seinen Rüstungsbetrieben beschäftigte, vor dem Tod in Auschwitz. Kuehs sagte, sie hatte mehr Kinder gerettet und aus altruistischen Gründen gemacht, während Schindler daran verdient habe. Sie habe uneigennützig gehandelt, so Kuehs.

Namen von 12.000 Kindern

Am Ende umfassten die Listen von Diana Budisavljevic die Namen von rund 12.000 Kindern aus allen Teilen Kroatiens. Wilhelm Kuehs beschäftigt sich sehr bewusst mit den wenigen Menschen, die geholfen haben, die während des Nationalsozialismus Widerstand leisteten: „Was ich hoffe, ist, dass viele, die die Geschichte lesen und hören, sich denken, ich kann nicht so Großes leisten, aber vielleicht im Kleinen etwas tun. Wenn jeder ein bisschen tut, leben wir sicher bald in einer besseren Welt.“

Griechische Insel half Juden

Wilhelm Kuehs arbeitet bereits am nächsten Buch. Es wird darum gehen, dass Menschen in Griechenland während des Zweiten Weltkriegs die Entscheidung getroffen haben, nicht wegzuschauen, sondern zu helfen: „Auf der Insel Zakynthos haben unter der Führung des Bischofs und Bürgermeisters alle Einwohner mitgeholfen, 275 Juden vor der Deportation nach Auschwitz zu retten. Das ist die einzige jüdische Gemeinde, die als Ganzes gerettet wurde. Ich habe die Geschichte zufällig im Urlaub gehört und auch die Tochter des Bürgermeister getroffen. Jetzt schreibe ich gerade daran.“