Kärntner Literatur in der NS-Zeit

Der Kulturwissenschaftler Reinhard Kacianka hat sich auf Spurensuche nach Kärntner Literatur in der Nazi-Zeit gemacht. Für ihn ist es ein Wunder, dass es während der NS-Zeit überhaupt Literatur gegeben habe. Über Qualität und Inhalt lasse sich aber streiten.

Josef Friedrich Perkonig ist der Kärntner Schriftsteller, der immer wieder im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus genannt wird. Wie auch Herbert Strutz setzte er seine Karriere nach 1945 fast unbehelligt fort. Perkonig war häufig in den Bestsellerlisten vertreten, wie auch Gerhard Ellert. Unter diesem Pseudonym verfasste die Lavanttalerin Gertrud Schmirger historische Romane, die sehr hohe Auflagen erreichten. Sie stand dem Nationalsozialismus allerdings anders als Perkonig zurückhaltend gegenüber.

"Noch jahrelang Lehrer geprägt

Für Kacianka ist vor allem die Kontinuität nach 1945 ein Problem: „Leute wie Perkonig und Strutz haben das Literaturgeschehen in Kärnten noch Jahrzehnte später geprägt. Perkonig als Lehrer hat Generationen von Lehrern ausgebildet, die in diesem Geist aufgewachsen sind.“ Herbert Strutz war ab 1933 illegales Mitglied der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei (NSDAP). Ein Strafverfahren wegen Falschangaben im Zuge der Entnazifizierung wurde 1948 eingestellt, bis 1955 arbeite Strutz als Kunstkritiker der Volkszeitung und war mit Perkonig und Zernatto befreundet.

Dass ein Umdenken durchaus möglich war, beweist Guido Zernatto, der sich spätestens ab 1940 im Exil in New York von jedem Gedanken an Nationalismus verabschiedet hatte. Zernatto war Staatssekretär im Ständestaatkabinett von Kanzler Kurt Schuschnigg und flüchtete 1938 vor den Nazis.

Kritischer slowenisch-kärnterischer Autor

Die Germanistik beschäftigt sich mit Literatur, die in deutscher Sprache geschrieben wurde.

Dabei wurde gerade in Kärnten ein Autor übersehen, sagte Kacianka, nämlich Prezihov Voranc, 1893 im damals kärntnerischen Mießtal geboren: „Die slovenska-koroska war frei und da hat es Personen wie Voranc gegeben, der sich mit der gesamten Fragen Kärntens und der politischen Realität sehr eindringlich und sehr eloquent auseinandergesetzt hat. Die große Überraschung war, dass Voranc 1940 in Wien und Leipzig mit einer Erzählung in einem Sammelbald publiziert wurde.“

Michael Guttenbrunner ist einer der ganz wenigen deutschsprachigen Schriftsteller, der sich während des Nationalsozialismus in Kärnten kritisch äußerte. Viele erlagen der Verlockung der Macht oder des eigenen Vorteils. Reinhard Kacianka ist heute in der Beurteilung nachsichtiger: „Mein Großvater saß im KZ, wurde von Voranc aus dem KZ gerettet. Mein Vater hat sich um der Gestapo-Haft zu entgehen, beim Reichsarbeitsdienst ‚freiwillig‘ gemeldet. Das habe ich meinem Vater lange Zeit sehr übelgenommen, bis ich mich gefragt habe, was hätte ich gemacht.“

„Wie hätte ich reagiert?“

„Hätte ich mich heldenhaft der Gestapo ausgesetzt? Das sind biographische Verfehlungen, die man als Außenstehender sehr schnell moralistisch verurteilen kann. Aber ich frage mich immer, wie hätte ich reagiert. Ich hoffe, ich hätte anders reagiert, aber so sicher sein kann ich mir nicht“, so Kacianka.

Josef Friedrich Perkonig

Perkonig, geboren 1890, dessen Vater Slowene war, engagierte sich in den 30er-Jahren für den Ständestaat und war ein begeisterter Befürworter des deutschen Anschlusses. Er plädierte als einer der ersten im „Bekenntnisbuch Deutscher Dichter“ für die „Heimkehr“ ins Reich. Daneben betätigte er sich auch in seiner Literatur als Agitator nationalsozialistischer Ideen - nicht wenige seiner Gedichte und Kurzgeschichten sind der „Blut und Boden-Literatur“ zuzurechnen oder verharmlosen die Taten der „Illegalen“. Später unterrichtete er als Professor an der Lehrerbildungsanstalt. Später setzte er sich für Slowenenrechte ein. Er wurde mit dem Österreichischen Staatspreis für Literatur ausgezeichnet und ist bis heute umstritten. Er starb 1959.

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