Gleichstellung: WK ortet „politischen Amoklauf“

Der Nationalratsbeschluss zur Angleichung von Arbeitern und Angestellten sorgt weiter für Streit bei den Sozialpartnern. Während die Kärntner Arbeiterkammer jubelt, ortet die Wirtschaftskammer einen „politischen Amoklauf“.

Donnerstagnacht beschloss der Nationalrat mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und Grünen die dienstrechtliche Angleichung von Arbeitern und Angestellten. Kündigungsfrist, Dienstverhinderungsgründe und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall werden - allerdings mit langen Übergangsfristen - angeglichen – mehr dazu in Angestellte und Arbeiter gleichgestellt (news.ORF.at). Die ÖVP hatte sich zwar im Vorfeld dafür ausgesprochen, ging dann aber bei dem Beschluss nicht mit, ebensowenig die NEOS.

Der Beschluss sorgte am Freitag für heftige Reaktionen bei den Sozialpartnern. Der Kärntner Wirtschaftskammerpräsident Jürgen Mandl ortet gar einen „nächtlichen politischen Amoklauf“. Der Beschluss im „Wahlaffekt“ sei „politisches Imponiergehabe auf dem Rücken der Unternehmer“. Der Schaden für viele Unternehmen sei noch gar nicht absehbar. Die Konsequenzen der „politischen Kurzschlusshandlung“ seien dann in der Arbeitslosenstatistik abzulesen.

„Wildgewordene Politiker im Wahlkampfstress“

Mandl betonte, auch er trete für eine Angleichung von Arbeitern und Angestellten ein, jedoch nach einer angemessenen Nachdenk- und Planungsphase auf Ebene der Sozialpartner: „Dort sitzen auf Arbeitgeber- wie auch Arbeitnehmerseite die Fachleute, denen man solche Entscheidungen überlassen sollte – nicht wildgewordenen Politikern im Endwahlkampfstress.“

Als besonders befremdlich bezeichnete Mandl den Umstand, dass zwar die Kosten der Angleichung für die öffentliche Hand überlegt worden seien: „Aber die rund 300 Mio., die die Wirtschaft zahlen muss, waren nicht einmal ein Diskussionspunkt.“

Hinterleitner: „Schweres Paket für die Unternehmen“

Milder gestimmt zeigte sich Tourismus-Spartenobmann Helmut Hinterleitner, bei der nächtlichen Abstimmung im Nationalrat habe man noch eine Sonderlösung für den Tourismus erreichen können. Bis 2021 bleibe es bei den bisherigen kollektivvertraglichen Kündigungsfristen, für Saisonbranchen wie den Tourismus gebe es noch die Möglichkeit, die Branchenlösung im Kollektivertrag fortzuführen. „Trotz Entschärfungen ist es leider noch immer ein schweres Paket, das unsere Betriebe schultern müssen“, resümiert der oberste Branchensprecher.

Kronlechner: „Nächtliche Belastungsorgie“

„Entsetzt über die nächtliche Belastungsorgie im Parlament“ zeigte sich hingegen der Kärntner Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk, Klaus Kronlechner. „Nach dem Mindestlohn ist die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten der nächste politische Tiefschlag für unsere Branche.“ Ohne Konsens mit den betroffenen Branchen einen solchen Beschluss durchzupeitschen, sei schlicht verantwortungslos.

AK: 87.000 Kärntner Arbeiter profitieren

Sehr zufrieden mit dem Beschluss ist naturgemäß die Kärntner Arbeiterkammer. Eine lange gehegte Forderung von Arbeiterkammer und Gewerkschaft - das Ende der Zwei-Klassen-Behandlung von Arbeitern und Angestellten - sei erfüllt, sagte AK-Präsident Günther Goach In Kärnten würden von der Gleichstellung aktuell knapp 87.000 Arbeiter profitieren.

Goach nannte ein Beispiel: „Bislang konnte eine Reinigungskraft im ersten Dienstjahr ohne eine Kündigungsfrist auf die Straße gesetzt werden – dies wird in Zukunft nicht mehr möglich sein.“ Für Jugendliche in der Lehre sei ebenfalls eine wichtige Entlastung erreicht, die Internatskosten würden künftig vom Lehrbetrieb übernommen.