Neuer Gstättner-Roman: „Wiener Fenstersturz“
Gstättner, der sonst das kulturelle, gesellschaftliche und politische Leben des Landes kommentiert, beschäftigt sich in seinem jüngsten Roman mit einem großen, aber tragischen Berufskollegen, mit Egon Friedell. Egyd Gstättner, ist einer von nicht vielen namhaften Kärntner Schriftstellern, die nicht ausgewandert sind. Sein Lebensmittelpunkt ist die Klagenfurter Schreibstube. Die letzten vier Jahre waren von einem Projekt beherrscht: Egon Friedell.
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Faszinierenden Kulturgestalt Österreichs
Friedell ist eine der faszinierendsten Kulturgestalten Österreichs, sagte Gstättner: „Er war Schauspieler, er war Schriftsteller, er war Dramatiker, er war Philosoph, er war Satiriker und er hat eine tausendseitige Geschichte der Neuzeit geschrieben.“ Gstättners Friedellroman beginnt am 16. März 1938 als sich Friedell bei der Ankunft zweier SA-Männer aus dem dritten Stock seiner Wohnung in der Wiener Gentzgasse stürzt. Im ersten Buch des Romans betrachtet Gstättner das aus unterschiedlichsten Perspektiven. „Diese Personen aus seinem Umfeld zeichnen aus der Erinnerung ein Porträt von Egon Friedell.“
Abertausende Menschen hatte Friedell zu Lebzeiten unterhalten, zu seinem Begräbnis kam kaum eine Handvoll Leute, sagt Gstättner, „weil er - ein paar Tage nach dem Anschluss - ein verfemter Autor und eine Persona non grata war und es riskant gewesen wäre, das Begräbnis eines jüdischen Intellektuellen zu besuchen.“
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Reise mit der Zeitmaschine
Im 2. Buch des Romans, wird Friedells Sturz jäh gestoppt, vom englischen Schriftsteller H. G. Wells, mit dessen Zeitmaschine, sie gemeinsam in die Zukunft reisen. „Sie reisen von der Nachkriegszeit bis in unsere unmittelbare Gegenwart. Das ist ein wunderbares Exerzierfeld, um 80 Jahre österreichische Kulturgeschichte bloß zu stellen.“
Dabei kommt Friedell wieder in die Genztgasse, wo er sich andauernd auf und abfallen sieht, Psychoanalyse ist angesagt und im dritten Buch geht es mit der Zeitmaschine Richtung Geburt und Kindheit und der Leser erfährt, dass im Goethe ein Nestroy steckt, in dem wiederum ein Friedell steckt und in dem steckt wiederum ein Gstättner. „Schreiben heißt verschmelzen und hinein versetzen in andere, reale und fiktive Figuren.“ Der Roman wird am 28. September in der Klagenfurter Buchandlung Heyn vorgestellt.