Hitze und Phosphat schlecht für Seen

Die Kärntner Seen haben laut Seenbericht eine ausgezeichnete Qualität. Doch hohe Temperaturen verändern das Wasser, hinzu kommen Sonnencreme, Seife und Urin der Badegäste. Wenn die Phosphatwerte steigen, droht eine Algenblüte.

Es kam in den 1970er-Jahren in Mode: Politiker tauchen medienwirksam - vor Fotografen und Kameraleuten - ein leeres Glas in einen See, um dann dessen Wasser als Zeichen dafür zu trinken, wie sauber es ist. Tatsächlich kann das Wasser in den Kärntner Seen bedenkenlos getrunken werden. „Trinkwasserqualität“ im eigentlichen Sinne hat es aber nicht. Erich Polzer, einer der erfahrensten Chemiker des Landes, erklärt, warum: "Zum Trinkwasser gehören eine kühle Temperatur und Keimfreiheit. In den Seen leben aber Organismen. Niemand würde sich sehr freuen, wenn diese aus dem Wasserhahn kämen.“

Symbolbild Weissensee Wasserqualität Tourismus

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Kärnten heftete sich mit seinen tausend Seen schon früh die Reinhaltung der Gewässer auf die Fahnen. Es gibt ein eigenes Seenforschungsinstitut, um herauszufinden, was der Wassergüte abträglich sein könnte.

Seife bringt Wasserlebewesen den Tod

Am Ufer des Keutschacher Sees steht zum Beispiel auf einem Schild: „Seife, Sonnencreme und Urin verderben den See“. Welche Probleme verursachen falscher Badespaß und Chemie im Wasser? Dazu sagt Polzer: "Shampoo und andere Reinigungsmittel haben ein eigenes Wirksamkeitspotenzial. Wenn sie dieses Potenzial verloren, also gewirkt haben, dann haben sie noch ein gewisses Potenzial übrig. Wenn das ins Wasser kommt, dann wollen diese wirksamen chemischen Bestandteile weiterwirken und können Organismen umbringen: Bakterien und Mikroorganismen. Das sollte nicht passieren, denn so bringt man einen Teil des Sees um.“

Sujetbild Faaker See Sommer Sonnenuntergang Palme

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Mit Sonnencreme „die wenigsten Probleme“

Auch Schweiß und Hautpartikel können ein Problem werden, aber nur dann, wenn diese bewusst mit Reinigungsmitteln abgewaschen werden; "das darf nicht sein“, so Polzer. Sich mit Sonnencreme einzuschmieren und dann ohne vorher zu duschen ins Wasser zu gehen, sei hingegen weniger schlimm. „Das Wirksamkeitspotenzial von Sonnencreme ist ein anderes. Dieses soll ja vor Sonne schützen und nicht wasserlöslich sein. Damit haben wir am wenigsten Probleme.“

Badende „verlieren“ bis zu 1.000 Liter Urin pro Tag

Eine weitere menschliche Substanz – Urin – beschäftigt Seenforscher und Chemiker wie Erich Polzer. „Die sogenannten Pipi-Spying Researches, die sogenannten ‚Unter-Wasser-Wasser-Lasser-Untersuchungen‘ wurden am Wörthersee gemacht und an einem kleinen Teich, der sehr wenig Nährstoffe am Boden hatte, weil er gekiest wurde. Es konnte sehr gut nachgewiesen werden, welche Nährstoffeinträge im Laufe des Tages in den See gelangt sind. Es waren etwa an die hundert Milliliter Urin pro Badegast und Tag.“

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Etwa 10.000 Besucher in einem großen Seebad an einem heißen Sommertag bedeuten also hochgerechnet 500 bis 1.000 Liter Urin im Wasser. Polzer: „Es hat sich schon etwas verändert, wir liegen zwischen 50 und 100 Milliliter nach der letzten Literatur, aber es ist trotzdem zu viel, vor allem für Kleingewässer kann es sogar richtig schädlich werden. Im Strandbad am Wörthersee hat es aber kaum Auswirkungen auf die Wasserqualität“.

Übelriechende Chloramine

Besonders vorsichtig solle man bei geschlossenen Schwimmbädern sein. Erich Polzer rät dazu, seine Nase benutzen: "Im gechlorten Wasser entstehen mit Urin Chloramine – das riecht man dann wirklich, dort sollte man nicht hinein gehen. Es stinkt. Es stinkt stark nach Klo, Chlor, es kann daraus geschlossen werden, dass zu viel Urin enthalten ist.“

Phosphor lässt Algen blühen

Was zu viel ist, ist zu viel. Vor allem Phophor sorge immer wieder für Algenplagen, so Polzer: „In einem See sind so ziemlich alle Nährstoffe und Salze enthalten, die das Leben braucht. Phosphor ist allerdings ein limitierender Faktor, er begünstigt das Algenwachstum. Wenn zu viel Phosphor drin ist, kann es eine Algenblüte geben. Ein Eintrag von Phosphor in die Seen, etwa durch Fäkalien, ist zu verhindern.“

Dabei kommt Phosphor fast überall vor. In Waschmitteln, Urin, auch in der Luft. „Phosphor führt dazu, dass Algen sich besser entwickeln können. Es gibt verschiedenste Arten, manche davon können in Massen vorkommen, wie wir das auch schon hatten an unseren Seen. Deshalb wurde die Ringkanalisation gewählt, als Schritt der dazu geführt hat, dass die Gewässerqualität tatsächlich besser geworden ist.“

Algenalarm wegen Fischfütterung

Im vergangen Jahr war es am Klopeiner See soweit, es gab Algenalarm. "Die Algen sind vom Boden aus gewachsen, es gibt kaum Beschattung, also kaum Pflanzen, und die Fischer haben zugefüttert, damit die Fische zu ihnen kommen und nicht zu den Nachbarn. Das hat dazu geführt, dass noch und noch Nährstoffe zugeführt worden sind. Vom Boden sind deshalb fadenartige Algen aufgestiegen.“

Zuerst bekommen die Kleinstlebewesen das Problem zu spüren, erst dann die Fische. Erich Polzer: „Die Fische können ein Problem mit dem Sauerstoff bekommen. Wenn etwas abgebaut wird, von dem zuerst zu viel produziert wurde, dann wird auch viel mehr destruiert, als abgebaut wird und das zehrt am Sauerstoff, der im Wasser gelöst ist. Dann ist zu wenig da, es kann zu einem Fischsterben kommen.“

Zekarien lieben das vier Grad wärmere Wasser

Für die meisten Menschen ist es zwar eine Wohltat in bis zu 30 Grad warmes Wasser zu springen - die hohen Temperaturen verändern die Seen jedoch nachhaltig. Es gibt neue Lebewesen, die sich im wärmeren Wasser wohl fühlen, während andere aus sterben. Einige davon können sehr lästig werden. Es sind Zekarien - das sind schmerzhafte Parasiten und die Larven von Saugwürmern.

Polzer: "Zekarien sind durch die Erwärmung der Seen jetzt sehr häufig geworden. Immerhin hat die Wassertemperatur bis zu vier Grad zugenommen, diese Organismen können sich besser entwickeln. Diese suchen sich nach dem Schlüpfen normalerweise eine Ente. Finden sie allerdings einen Menschen, schaut es so aus, als hätte man hunderte Gelsenstiche auf einem Fleck. Es sind aber keine, juckt auch entsprechend.“

Unsere Seen „leben“ also und sind - auch wenn es ein paar Spaßverderber und Verhaltensregeln gibt - eine einzigartige Welt, die es zu erhalten gilt. Auch für das sommerliche Bad.

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