Rückblick auf Kärntens „Chiantikoalition“

Die Bundes-SPÖ legt ihren Kurs gegenüber der FPÖ fest. Kärnten hat mit einer Blau-Roten Regierung Erfahrung: 2004 schloss der damalige SPÖ-Landesparteiobmann Peter Ambrozy mit der FPÖ unter Jörg Haider die „Chianti-Koalition“, beendet wurde diese von seiner Nachfolgerin Gaby Schaunig.

Die blau-rote Zusammenarbeit ging als „Chianti-Koalition“ in Kärntens jüngere Geschichte ein. Besiegelt wurde sie im Frühjahr 2004, überraschend schnell, nachdem die Freiheitlichen die Landtagswahl gewonnen hatte. SPÖ-Parteichef Peter Ambrozy wollte damals mitgestalten und ging den Pakt mit der Haider-FPö ein - auch, um so verlorenes Terrain wieder wettmachen zu können.

Chiantikoalition

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Von Anfang an gab es SPÖ-innerparteiliche Kritik aus Villach und Klagenfurt - so sehr, dass Ambrozy beim Parteitag im Herbst mit nur noch rund 61 Prozent Stimmen wiedergewählt wurde und ein Jahr später überhaupt gehen musste

Das Ende kam an einem Faschingsdienstag

Die Zusammenarbeit hielt keine zwei Jahre. Was mit viel Enthusiasmus aber auch schon mit Vorbehalten bei Teilen der Kärntner SPÖ begonnen hatte, endete spektakulär am 28. Februar 2006 - einem Faschingsdienstag. Beide Parteien hatten zwei äußert turbulente Jahre hinter sich. Aus der FPÖ-Kärnten unter Jörg Haider wurde das BZÖ, die Führung der SPÖ übernahm Gaby Schaunig von Peter Ambrozy.

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Geschlossen wurde die Koalition in der Nacht vom 12. auf den 13. März 2004. Eine Woche nach der Landtagswahl, bei der die FPÖ mit 42 Prozent die relative Mehrheit holte, saßen Jörg Haider und Peter Ambrozy mit ihren engsten Vertrauten in einem Klagenfurter Hotel und besiegeln die erste Blau-Rote Koalition, 18 Jahre nach dem Bruch der Zusammenarbeit auf Bundesebene unter Fred Sinowatz und Norbert Steger.

Mit Chianti besiegelt

Mit italienischem Wein (Chianti) wurde lange nach Mitternacht auf die Zusammenarbeit angestoßen. Was für Jörg Haider ein politischer Coup war, rechtfertigte Ambrozy als Pragmatismus und mit dem Argument, die SPÖ könne dadurch mitgestalten und so bis zur nächsten Wahl wieder stärkte Partei werden. Damals sagte Ambrozy gegenüber dem ORF: „Diese Entscheidung war aus mehrerlei Gründen richtig. Zum einen, weil die beiden stärksten Parteien in der Lage sind, im Land tatsächlich etwas zu bewegen. Das haben die letzten eineinhalb Jahre gezeigt, dass das wichtig war“.

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Hoffen auf richtige Entscheidung

„Und der zweite Grund, warum das richtig war, liegt ja jetzt offen auf der Hand. Die FPÖ und das BZÖ sind ja in Wahrheit zerrüttet. Mit eine Rolle spielt, dass das BZÖ oder die Freiheitlichen - wie immer sie das jetzt nennen - in einer gespaltenen Position sind: Auf der einen Seite in einer konservativen Koalition auf Bundesebene, in Kärnten in einer Zusammenarbeit mit der SPÖ. Das Ergebnis werden wir ja spätestens bei der Nationalratswahl 2006 oder bei der Landtagswahl 2009 sehen. Ich denke, dann wird diese Entscheidung bestätigt werden.“

Kritik aus eigenen Reihen

Aus der Klagenfurter und Villacher Partei wurde aber sofort Kritik laut. Im Parteivorstand enthielt sich die damalige Landesrätin Gaby Schaunig der Stimme. Sie hatte in der Nacht der Unterzeichnung das Hotel fast fluchtartig verlassen, damit sie nicht in Verlegenheit kam, mit Haider anstoßen zu müssen. Sie galt immer als Kritikerin Haiders.

Parteichef Ambrozy spürte zusehends Gegenwind aus den eigenen Reihen. Am Parteitag im Herbst wurde er nur noch mit knapp 61 Prozent wiedergewählt. Ein historisches Tief - bei Umfragen legten die Blauen zu, die SPÖ verlor. Ambrozys Tage an der Spitze der Kärntner SPÖ waren damit gezählt, ein Jahr später wurde er schon Schaunig abgelöst.

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Budgettrick brachte 180 Millionen

Inhaltlich einigte man sich nach langem Ringen über den Verkauf der Landesspitäler an die KABEG. In Wahrheit war es nur ein Budgettrick, der schnell 180 Millionen Euro hereinbrachte. Um die Kritik in den SPÖ-Reihen zum Schweigen zu bringen, gab es eine Bestands- und Arbeitsplatzgarantie, die von Haider, Ambrozy und dem damaligen Zentralbetriebsratsobmann in der Landesregierung publikumswirksam vor laufenden Kameras unterschrieben wurde.

Die SPÖ Kärnten konnte damals in der Koalition mit den Freiheitlichen nicht besonders punkten: In den Umfragen legten die Blauen stets zu, die SPÖ dagegen baute ab. Auch inhaltlich gab der damalige Landeshauptmann die Themen vor, um dann mit viel Geschick und oft auch „Show“ die SPÖ zum Mitstimmen zu überreden. Wer da nicht mittat, bekam es rasch mit der weniger freundlichen Seite des Koalitionspartners zu tun. Wohl auch mit ein Grund, weshalb Gaby Schaunig den Pakt letztlich zum Platzen brachte.

Lange Durststrecke für SPÖ bis zur Nummer eins

Was die SPÖ heute daraus lernen kann: In einer Koalition gibt es gleichwertige Partner, sonst geht man rasch unter und populistischen Tendenzen ist kaum beizukommen. Die SPÖ Kärnten hatte jedenfalls nach dem Koalitionsende mit den Freiheitlichen noch eine lange Durststrecke zu überwinden. Erst nach vielen Fehltritten der politischen Erben von Jörg Haider wurde die Partei unter Peter Kaiser bei der Landtagswahl 2013 wieder die Nummer eins in Kärnten.