Abgründiger Geistesspaß um Friedrich Nietzsche

Das klagenfurter ensemble zeigt in der Theaterhalle 11 in Klagenfurt das Stück „Nietzsche oder Das deutsche Elend“. Im Stück bleibt offen, ob der große Philosoph wirklich schwer krank ist oder simuliert, um Ruhe zu haben. Ein abgründiger Geistesspaß von Alexander Widner.

25 Jahre nach der Uraufführung in Wien wird das Stück in Klagenfurt gezeigt. Das Unbehagen an Deutschland erweist sich als ein hartnäckiges Gefühl. Wie tief reicht das Misstrauen, worin gründet es wirklich? Deutschland, was ist dein Charakter? Deine Mentalität?

Nietzsche klagenfurter ensemble Szene

ORF

Verrückt oder Simulant?

Diese Fragen beschäftigten den österreichischen Dramatiker und Prosaisten Alexander Widner bei der Erarbeitung seines Stückes „Nietzsche oder Das deutsche Elend“, uraufgeführt 1992 im Schauspielhaus Wien unter der Regie von Hans Gratzer. Alexander Widner bemüht den späten Nietzsche, jenen ausgewiesenen Germanen, Verächter und Wagner-Vernichter. Das Stück spielt 1896, Nietzsche flüchtet sich in Verrücktheit.

Nietzsche oder das deutsche Elend Klagenfurter ensemble Alexander Widner

Tina Perisutti

Lou Salome „passt nicht“

Auf der Bühne Nadine Zeintl singt „Bello e imppossibile“ und genau das ist auch Lou Salome für Friedrich Nietzsche. „Schön und unmöglich“ in mehr als einer Hinsicht: Sie will keine Beziehung mit ihm und passt so gar nicht in das streng deutsche Welt- und Sittenbild seiner Schwester. Sie ist zu laut, zu direkt und gar nicht bescheiden. Auch sonst ist Alexander Widners Stück alles andere als ein tragischer Abgesang auf das Ende eines großen Philosophen. Hier ein Nietzsche, der sich selbst bis ins Grenzenlose überhöht, aber auch aus Begierden, Sehnsüchten und Illusionen bestehe, so Alexander Widner.

„Letztlich ein Mensch wie du und ich, der das nicht zur Kenntnis nehmen wollte und in seinem Werk ganz andere Stufen gestiegen ist. Dass er hier diese Stufen wieder heruntergeht und in eine gewisse Leichtigkeit verfällt, ist das Phantastische an dieser Aufführung.“

Lou Andreas Salome Friedrich Nietzsche Paul Ree

Dorothe Pfeiffer/Lou-Andreas-Salomé-Archiv

Lou Andreas Salome, Paul Ree und Friedrich Nietzsche

Es darf gelacht werden

Leichtigkeit und Humor sind zu sehen, es darf auch bei einem Stück über einen schwer kranken Philosophen gelacht werden. Denn auf der Bühne ist nicht klar, ob er seine Krankheit, seine Verrücktheit nicht einfach nur spielt, sagte Regisseur Alexander Mitterer: „Der Text ist nicht unbedingt darauf ausgelegt, dass es nur bierenst ist, und dass das Ganze ganz tragisch abläuft. Dieser Text hat - wie Nietzsche, der auch ein Narr werden wollte - viel Komik und Humor.“

Besetzung:

  • Nadine Zeintl: Lou Andreas Salomé
  • Klaudia Reichenbacher: Elisabeth Förster
  • Nietzsche
  • Margot Ganser-Skofic: Franziska Nietzsche
  • Gerhard Lehner: Peter Gast
  • Rüdiger Hentzschel: Friedrich Nietzsche

Schwester verfälscht das Werk

Am Ende ist Nietzsche tot. Die große Stunde seiner Schwester Elisabeth ist gekommen. Sie wird jetzt sein Werk ordnen, fälschen und retuschieren und zwar so lange, bis es ihr und damit auch den Nationalsozialisten und Adolf Hitler passt. Nietzsche selbst ging es nie um Politik, sondern immer nur ums Denken, betont Mitterer. Da ließ er sich allerdings nie etwas verbieten, schon gar nicht seinen Traum von einem tanzenden und lachenden Gott. Nietzsche war für den Regisseur kein angenehmer Zeitgenosse aber dafür umso faszinierender, sagte Mitterer: Ein unendlich weites Feld, eine unendlich weite Seele, die man hier im k.e. erleben darf."

Nietzsche klagenfurter ensemble Szene

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Nietzsche ist tot, Lou schließt den Vorhang

Alois Köchl hat für seinen langjährigen Freund Alexander Widner das Theaterplakat gestaltet. „Nietsche“ schrieb der Kärntner Künstler ganz bewusst falsch. Man reibt sich beim ersten Mal die Augen und schaut sofort ein zweites Mal hin: Alois Köchl über ein Auto, das im Süden vielleicht mit Nietzsche unterwegs ist: „Jetzt fahren die, nachdem ich den Ort in der Nähe von Genua kenne, woe Nietzte war, fahren sie die Steilküste ans Meer hinunter. Auf der Motorhaube steht ‚das deutsche Elend‘, es ist aber ein Citroen.“

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