Kinder vor Misshandlung besser schützen

Vor einigen Jahren hat es in Kärnten eine Häufung von schweren Kindesmisshandlungen gegeben, fünf Kinder erlitten bleibende Schäden, zwei sind tot. Die Kinder-und Jugendanwaltschaft ortet großen Verbesserungsbedarf im gesamten System.

Eine Kommission unter Leitung der Kinder- und Jugendanwaltschaft (KIJA) analysierte, ob es bei diesen schweren Misshandlungsfällen Gesetzmäßigkeiten gab. Alle Kinder wurden unter anderem geschüttelt. Die Fälle passierten alle voneinander unabhängig in einem relativ kurzen Zeitraum. Alle Kinder waren jünger als zwei Jahre. Man habe einiges herausgefunden, darunter, dass gefährdete Familien schnelle Hilfe bekommen müssten, sagte die Leiterin der KIJA, Astrid Liebhauser, während der Kommissionsarbeit.

Manche Familien seien dem Jugendamt erst nach der Misshandlung bekannt geworden. Es habe durchaus Risikofaktoren gegeben, das könne man rückblickend sagen - mehr dazu in KIJA: Einsatz für die Kinderrechte (kaernten.ORF.at; 23.11.2016). Am Donnerstag wurde der Bericht der KIJA präsentiert.

„Große Verbesserung im System möglich“

Strafrechtlich habe man die Fälle nicht untersucht, sagte Liebhauser. Viele Menschen haben mit betroffenen Familien professionell zu tun. Sei es in der Schwangerschaft, bei der Geburt, von Sozialarbeiterinnen oder in der Schule. Die Untersuchung habe gezeigt, dass oft der Hausverstand einem schon sagen könne, dass da oder dort etwas falsch laufe: „In keinem Fall konnte Einzelverschulden festgestellt werden. Es wurde aber festgestellt, dass es im System große Verbesserungs- und Optimierungspotenziale beim Kinderschutz in Kärnten gibt.“

Die Unterstützungs- und Hilfssysteme, Kinder- und Jugendhilfe, Gesundheits- und Bildungsbereich müssten Kinderschutz gemeinsam als Verantwortung wahrnehmen und leben, so Liebhauser. Das „sorgende Nachfragen“ sollte wieder gelernt werden.

Schuld wird gern bei anderen gesucht

Sozialarbeiterinnen müssten wieder mehr in die Familien, sagte sie. Problematisch sei auch die Fehlerkultur in der Gesellschaft. Man schiebe die Verantwortung gerne auf andere ab, auch wenn es um das Erkennen von Kindesmissbrauch bzw. Misshandlung gehe. Ein erkennbares Muster könne die wirtschaftliche Schwäche der Familie sein.

Es gebe Risikofamilien, sagte Christine Gaschler-Andreasch, die Leiterin der Kinder und Jugendhilfe: „Wir werden die regionalen Kinderschutzgruppen wieder einberufen. Es werden runde Tische mit den frühen Hilfen und Strafverfolgungsbehörden durchführen.“ 2016 habe es 2.078 Gefährdungsmeldungen gegeben, so Gaschler-Andreasch, man gehe jeder Meldung nach. Bei knapp der Hälfte konnte man Entwarnung geben, in weniger als zehn Prozent mussten die Kinder aus den Familien geholt werden.

Jeder kann Zeichen erkennen

Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ) sagte, die Zahl der Hinweise auf Kindesmisshandlung hätten sich seit 2013 mehr als verdoppelt. 2016 waren es mehr als 2.000. Frühe Hilfe bereits ab der Geburt werde verstärkt angeboten. Sie werde als Gesundheitsreferentin nach der Ärztekammerwahl mit der Standesvertretung Kontakt aufnehmen. Sie wolle das Bewusstsein auch bei den niedergelassenen Ärzten schärfen. Politisch werde innerhalb der Kinder- und Jugendhilfe (KJA) eine fachkompetente Person benannt, die sich der zentralen Aufgabe Kinderschutz widmen solle, so Prettner. Jeder der mit Kindern zu tun habe, trage Verantwortung.

Jeder sei gefordert, die Zeichen zu erkennen, wenn ein Kind möglicherweise misshandelt wird oder wurde, sind sich Prettner, Liebhauser und Gaschler-Andreasch einig.

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