Kein zusätzliches Steuergeld für AvW-Anleger

Für Anleger der pleitegegangenen Finanzfirma AvW gibt es kein zusätzliches Steuergeld. Das hat der Oberste Gerichtshof (OGH) nach jahrelangem Prozess beschlossen. Die Amtshaftungsansprüche der Geschädigten wurden abgelehnt.

Der Steuerzahler muss also für die AvW-Anleger nicht noch einmal in die Bresche springen. Voriges Jahr stellte der Finanzminister schon rund 150 Millionen Euro bereit. Davon profitierten 8.000 AvW-Anleger - mehr dazu in 150 Millionen Euro für AvW-Anleger. Pro Person wurden höchstens 20.000 Euro ausbezahlt. Wer also mehr Geld verloren hat, geht nun leer aus.

Staat sprang für Entschädigung ein

Der Finanzminister griff 2016 deshalb in den Steuertopf, weil die Anlegerentschädigung für Wertpapierfirmen (AeW) finanziell nicht imstande war, die AvW-Gläubiger zu entschädigen. Davor hatte es mehrere OGH-Urteile zur Haftung der AeW gegeben. Bei der AeW sind alle 65 österreichischen Wertpapierfirmen Mitglied. Sie zahlen dort jährlich in einen Entschädigungstopf ein. Für die Schäden der Kärntner AvW war dieser aber viel zu klein. Obwohl die AeW Sonderbeiträge von ihren Mitgliedern eingesammelt hat, konnte sie nur fünf Millionen Euro an die geschädigten AvW-Anleger auszahlen.

12.500 Anleger betroffen

AvW-Gründer Auer-Welsbach wurde 2011 unter anderem wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs und Untreue zu acht Jahren Haft verurteilt. Im Sommer des Vorjahres wurde er entlassen. 12.500 Anleger haben mit AvW-Papieren Geld verloren.

Anlegeranwälte wollten mehr Geld für die AvW-Geschädigten herausholen und haben zusätzlich wegen Amtshaftung geklagt. Ihr Argument: Hätte die BWA, die Vorgängerbehörde der Finanzmarktaufsicht (FMA), im Fall AvW nicht beide Augen zugedrückt, hätte Finanzjongleur Wolfgang Auer-Welsbach gar nicht so einen großen Schaden anrichten können.

OGH: Kein Vergehen der Aufsicht

Der Oberste Gerichtshof sieht aber kein Vergehen der Aufseher und stellte sich in dem Verfahren wie schon die Unterinstanz, das Oberlandesgericht (OLG) Wien, auf die Seite der Finanzprokuratur, die Vertreterin der Republik. Es war laut OGH OK, dass die Aufsichtsbehörde nach der Umstrukturierung der AvW-Gruppe ab 2001 von weiteren Prüfschritten und Maßnahmen absah. Die BWA habe ja die Umstrukturierung angeordnet deren Umsetzung, etwa den Umtausch der AvW-Genussscheine, auch überprüft. Und: Vermögensschäden der Anleger sind laut OGH nicht vom Schutzzweck der behördlichen Anzeigenpflicht erfasst.

Anlegeranwalt zeigt sich enttäuscht

Anlegeranwalt Harald Christandl ist enttäuscht. Dass man „alleine durch gesellschaftliche Veränderungen dem wachenden Auge der staatlichen Finanzmarktaufsicht entwischen kann“, sei kritikwürdig. Zudem sei zu fragen, ob „bei einem wie vom OGH als vertretbar gewerteten Aufsichtsverhalten der Finanzmarkt Österreich mit dem erforderlichen Anlegerschutz ausgestattet ist“, so Christandl in einer Aussendung.

Die Rolle der BWA hatte auch im Strafprozess gegen Auer-Welsbach eine Rolle gespielt. Später ermittelte sogar kurzzeitig die Staatsanwaltschaft gegen den damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser (ÖVP/FPÖ). Das Ermittlungsverfahren wurde aber 2012 aus Beweisgründen eingestellt. Es ging um die Frage, ob die BWA Anzeige gegen Auer-Welsbach hätte erstatten müssen.

Erstgericht gab noch Anlegern recht

Im nunmehr entschiedenen Amtshaftungsprozess hatte das Erstgericht noch den Anlegern recht gegeben. Demnach hätten den BWA-Prüfern bereits 2000/01 Zweifel am Genussscheinkonstrukt AvW kommen müssen. Es habe schon damals Hinweise auf Betrugshandlungen gegeben. Die Aufseher hätten jedenfalls dem Verdacht, dass Auer-Welsbach die Kurse manipuliert hat, nachgehen müssen.

Diese Feststellungen über die Kursmanipulationen hat die zweite Instanz, das OLG, übernommen. Die Amtshaftungsklage wurde dennoch abgeschmettert, weil die gesetzliche Anzeigenpflicht der BWA - jede Behörde muss beim Verdacht einer strafbaren Handlung zur Staatsanwaltschaft gehen - lediglich dem Schutz der physischen und psychischen Integrität diene. Der Verlust von Vermögen zähle nicht dazu. Dass auch der OGH diese Ansicht vertritt, ist für Anwalt Christandl „schwer nachvollziehbar“. Er spricht von einem „augenscheinlich fehlenden staatlichen Schutz für das eigene Vermögen“.

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