Seltene Schätze im Botanischen Garten

Im Botanischen Garten in Klagenfurt blühen jetzt im Frühling botanische Schätze wie die „Küchenschelle“. Sie zählt zu den bedrohten Arten. Eine Aufgabe des Botanikzentrums ist die Erhaltung solch seltener Pflanzen.

Das Washingtoner Artenabkommen besagt, dass 80 Prozent aller weltweit vorkommender Pflanzen möglichst ursprünglich und genetisch unverfälscht in Erhaltung zu nehmen seien. Das kann in Form von Lebendpflanzen in einem Garten sein, oder auch in Form einer Samenbank, wo Samenmaterial über längere Zeit keimfähig gehalten werden sollte.

Botanischer Garten Frühlingsbeginn Küchenschelle

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Der Leiter des Botanikzentrums, Roland Eberwein sagte, man sammle Pflanzenmaterial mit dokumentierter Herkunft und Genehmigungen, sonst habe es keinen Sinn, sie im botanischen Garten zu erhalten. Man müsse genau wissen, wo eine Pflanze herkomme.

Botanischer Garten Frühlingsbeginn Küchenschelle

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Selten und nicht besonders stabil

„Unsere Pflanzen stammen aus den St. Pauler Bergen. Es ist eine sehr seltene Art, die in der Natur in Kärnten nicht nur äußerst selten vorkommen, sondern auch nicht stabil ist. Die Populationen schwanken in ihrer Größe sehr stark und wir haben hier eine Erhaltungskultur im Botanischen Garten aufgebaut, die Pflanzen sind offensichtlich nicht sehr langlebig“, so Eberwein.

Botanischer Garten Frühlingsbeginn Küchenschelle

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Darüber hinaus hat die schwarze Küchenschelle auch Verwandte, die im Zierpflanzenhandel vorkommen weshalb eine große Gefahr von Mischpopulationen bestehe. Eine Besonderheit ist die Küchenschelle auch deswegen, weil der Druck auf diese Pflanze nicht nur im ökologischen Bereich groß ist – sie kommt in Trockenrasen vor, diese werden heutzutage meist in ertragreichere Wiesen umgewandelt - die Pflanze wird auch als Heilpflanze genützt. „Die Gefahr besteht, dass die Pflanze durch Wildsammlungen rasch ausgerottet wird“, so Eberwein.

Zeugen der Urgeschichte

Kärnten ist wissenschaftlich gesehen ein sehr reiches Land. Es gibt viele Mineralien, Reste und Spuren der verschiedensten Pflanzen und Tiere. Für versteinerte Pflanzen aus der Urzeit - auch diese werden Fossilien genannt - ist der Botanische Garten in Klagenfurt zuständig. Hier lagern hunderttausende Belegexemplare, die der Wissenschaft zur Verfügung stehen. So lässt sich mit einem Fund wie dem Gletscherholz aus der Pasterze belegen, dass es in Kärnten früher viel wärmer war - und dort Bäume wuchsen, wo jetzt „ewiges Eis“ ist.

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Ein Stück Gletscherholz aus der Pasterze: Durch den Druck wurde der einst runde Baumstamm flachgedrückt

Spezialherbarien als wissenschaftlicher Schatz

Das Kärntner Landesherbarium im Botanischen Garten umfasst rund 236.000 „Belege“, also gesammelte und wissenschaftlich beschriebene Funde, die als Prototypen für die botanische Forschung fungieren können. Daneben gibt es auch Spezialherbarien, wie das Traunfellner Herbar - eine besonders große Sammlung aus dem 19. Jahrhundert, das dem Klagenfurter Apotheker Alois Traunfellner gehörte.

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Eberwein sagt dazu: „Viele kennen heute die Apotheke beim Lindwurm, er war damals dort Leiter und hat sich botanisch sehr gut weitergebildet und selbst gesammelt. Er stand in brieflichen Kontakt mit vielen Botanikern und hat Herbarien nicht nur angelegt, sondern auch vertauscht und gekauft“.

Pflanzenbelege aus allen Teilen der Welt

Alois Traunfellner kaufte „Belege“ aus Australien, Martinique, Südafrika und Kreta. Diese Belege lagern alle im Botanischen Garten, sind mittlerweile restauriert und für Wissenschaftler verfügbar. „Dieses Herbarium umfasst etwa 14.000 Belege aus der Zeit zwischen 1805 und 1835. Es ist für die nächsten Jahrhunderte verfügbar.“

„Belege“ muss man sich wie „Prototypen“ für die botanische Forschung vorstellen, die - mit einer Art Ausweis für Pflanzen versehen - für lange Zeit wissenschaftlich nutzbar sind. „Wir haben natürlich auch sehr alte Exemplare in unserer Belegsammlung, wie Herbarien aus dem Jahr 1752. Das ist das älteste Kärntner Herbar, und sämtliche Sammlungen sind – egal ob jung oder alt – voll einsatzbereit und für die Forschung verfügbar“.

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Im Botanischen Garten lagert z.B. auch ein Stück aus dem Nötscher Karbon, der als Typus für eine gesamte Art fungiert und damit besonders wertvoll ist

Was wuchs früher in Klagenfurts Gärten?

„Ältere Belege sind Referenz für viele Dinge: Wir haben im Traunfellner Herbarium auch Belege aus Gärten in Klagenfurt und wissen dadurch, welche Raritäten bereits zu dieser Zeit hier in Kultur waren. Es ist also auch gartenhistorisch interessant“, sagte Eberwein.

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Einige Belege können für die nächsten Jahrhunderte verwendet werden. Das Alter spielt keine Rolle. „Wir haben auch Belege, die zur Beschreibung von neuen Arten herangezogen werden können. Das sind besonders wertvolle Belege, die Referenzen für einen bestimmten Namen und immerwährend gültig sind.“

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Wissenschaftliche Zeitschrift „Wulfenia“

Diese sogenannten Typus-Belege werden dann herangezogen, wenn es gilt, neue Pflanzennamen wissenschaftlich zu publizieren, was in der Zeitschrift „Wulfenia“ geschieht.

„Sie gehört zu den selteneren Exemplaren, die einen internationalen Impact-Faktor haben. Sie ist eine wissenschaftlich standardisierte Zeitschrift mit sehr hohem Wert und wir können sie auf der ganzen Welt vertauschen: mit Bibliotheken, wissenschaftlichen Einrichtungen und erhalten so im Tausch wissenschaftliche Literatur für unsere Arbeit.“

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