Stimmstarke Demontage eines Helden

Am Donnerstagabend fand am Stadttheater Klagenfurt die Premiere von Giuseppe Verdis Meisterwerk „Otello“ statt. Der italienische Startenor Antonello Palombi überzeugte in der Inszenierung von Patrick Schlösser mit einer Palette von Emotionen.

Vor 130 Jahren wurde „Otello“ - ein Drama um Intrge, Eifersucht und Tod - uraufgeführt und entwickelte sich zu einem der ganz großen Werke der Opernliteratur. Das Drama nach Shakespeare wurde von Verdi und seinem Librettisten Arrigo Boito radikal gekürzt. Die siegreiche Heimkehr der unter venezianischer Oberhoheit stehenden Flotte nach Zypern steht in dieser Oper unter keinem guten Stern. Ihr Oberbefehlshaber Otello hatte im Kampf gegen die Mauren nicht seinen Fähnrich Jago, sondern Cassio zum Hauptmann befördert. Jago fühlt sich übergangen und sinnt auf Rache. Ein Intrigennetz weckt Otellos Eifersucht und die Treue seiner geliebten Frau Desdemona wird in Frage gestellt.

Otello

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Lebenserfahrung erleichtert „Spiel der Hinterlist“

Bei der Inszenierung in Klagenfurt wurde auf jegliches Experiment verzichtet und auf Tradition und gewaltige Stimmen vertraut. „Otello“-Darsteller Antonello Palombi nuancierte mühelos zwischen zärtlicher Zuwendung und rasenden Wutausbrüchen aus Eifersucht.

Er wagte sich erst nach Jahren an Lebenserfahrung an die Titelpartie des Otello. Er sagte, er sehe diese Verdi-Oper nicht als Eifersuchtsdrama, sondern vielmehr als Paradebeispiel, wie man einem Mächtigen den Boden unter den Füßen wegziehen, diesen verunsichern und verletzen könne: „Man braucht Lebenserfahrung, um dieses teuflische Spiel der Hinterlist durchschauen zu können, denn es begegnet uns überall - in der Arbeitswelt, in der Liebe etc..“

Die amerikanische Sopranistin Betsy Horne glich auf der Bühne einer elfenbeinfarbenen Lichtgestalt, die für bewegende lyrische Passagen voll Innigkeit und Intimität sorgte.

Premiere Otello Stadttheater klagenfurt

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Desdemona verkörpert die amerikanische Sopranistin Betsy Horn

„Durchkomponierte, fast symphonische Opernform“

Die solide Ensembleleistung wird durch Matthias Frey als zögerlich-verliebter Cassio, Christiane Döcker als Kammerfrau Emilia und Thomas Tischler als Roderigo ergänzt.

Otello ist für Chorsänger ein Höhepunkt der Musikliteratur. Auch Chefdirigent Alexander Soddy, der sich mit dieser Produktion aus Kärnten verabschiedet, erfüllte sich und dem Kärntner Symphonie Orchester mit diesem Spätwerk Verdis einen lang gehegten Wunschtraum: „Verdi hat das völlig perfekt zusammengemischt, diese italienische Petition und die Zukunft der Oper, diese durchkomponierte, hochdramatisch fast symphonische Opernform.“

Premiere Otello Stadttheater klagenfurt

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Intime Auslegung, Verzicht auf Schnickschnack

Regisseur Patrick Schlösser, der aus Krankheitsgründen die Endproben nicht selbst leiten konnte, legte die Oper so intim wie möglich an. Er reduzierte die Tragödie auf ein Seelendrama und verzichtete auf monumentale Bühnenarchitektur.

Premiere Otello Stadttheater klagenfurt

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Er setzte in der Szenerie auf Textilien und Prospekte mit Attributen aus unterschiedlichen Epochen und Kulturen. Für die Ausstattung zeichnete der bildende Künstler Miron Schmückle verantwortlich. „Ich ging von historischen Motiven aus, die im Venedig des 16. Jahrhundert lokalisierbar sind. Ich entwarf das Muster jedoch selber“ sagte Schmückle.

Premiere Otello Stadttheater klagenfurt

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Insgesamt beeindruckt Verdis durchkomponierte Oper mit psychologischem Tiefgang, Sinnlichkeit und aufregenden Details. Als der Sturm der Gefühle am Premierenabend in Klagenfurt nach fast drei Stunden mit dem dahingehauchten Wunsch Otellos nach einem Kuss, einem „Bacio“ Desdemonas endete, spendete das Publikum minutenlang Standing Ovations.

Besetzung und Infos

„Otello“ von Giuseppe Verdi, Stadttheater Klagenfurt. Dirigent: Alexander Soddy, Regie: Patrick Schlösser, Bühne und Kostüme: Miron Schmückle, Lichtdesign: Christian Franzen, Choreinstudierung: Günter Wallner, Dramaturgie: Rebecca Graitl. Mit: Antonello Palombi - Otello, Csaba Szegedi - Jago, Mathias Frey - Cassio, Thomas Tischler - Roderigo, Jisang Ryu - Lodovico, Michael Schober - Montano, Jihoon Kwon - ein Herold, Betsy Horne - Desdemona, Chrisane Döcker - Emilia.

Weitere Aufführungen: 14., 18., 21., 24., 28. Februar, jeweils 19.30 Uhr

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