Italienische Kekse künftig aus dem Gailtal

Ein italienischer Keksproduzent verlegt seine Produktion in die Gemeinde Kirchbach im Gailtal. Im September kaufte das italienische Traditionsunternehmen Esse di Raveo eine leerstehende Halle. In den nächsten Monaten soll die Keksproduktion starten.

Seit fast hundert Jahren gibt es die s-förmigen Kekse Esse di Raveo. Nach einem streng gehüteten Familienrezept wurden sie bis jetzt in Raveo in der Region Karnien hergestellt. Das italienische Steuersystem und die teilweise lähmende Bürokratie seien ihm irgendwann zu viel geworden, sagte Firmenchef Aldo Bonanni. Er suchte nach einer Alternative für seinen Betrieb und wurde in seiner Nachbarregion Kärnten fündig.

Von Hosen über Wärmetauscher bis zu Keksen

Seit seiner Kindheit fühlt er sich eng mit Kärnten verbunden. Für seine Kekse ließ er schon vor Jahren - wegen der guten Qualität - Mehl einer Klagenfurter Mühle nach Italien liefern. „Das ist bald nicht mehr nötig. Ich habe im Vorjahr mehrere Standorte in Kärnten, darunter auch in Klagenfurt und Spittal an der Drau, besichtigt, bis ich dank eines Freundes auf die Halle in Kirchbach aufmerksam wurde.“

Es handelt sich dabei um die seit Jahren verwaiste Halle der 2012 in den Konkurs geschlitterte Firma Schmidt, wo einst Wärmetauscher-Komponenten hergestellt wurden. Erbaut wurde die Halle schon Anfang der 1970er-Jahre und beherbergte zunächst die Produktionsstätte der Firma Rosner Hosen.

Italiener schätzt reibungslose Behördenwege

Im September wurde der Vertrag mit Bonanni unterzeichnet. Der Investor zeigt sich erfreut über die rasche Abwicklung der Formalitäten für seine Betriebsansiedelung in Kärnten: „Wenn man Geschäftsmann ist, muss man in erster Linie ordentlich arbeiten. Sicher muss man ab und zu auch kreativ sein und etwas Neues wagen, aber alles, was zu unstruktiert ist, bremst einen auf die Dauer. Ich schätze an den Behörden in Österreich, dass hier so zügig gearbeitet wird. Wenn man gesagt bekommt, ein Bescheid trifft am Montag ein, kann man sicher sein, dass dem so ist. Das ist leider in Italien nicht so.“

Um die 700.000 Euro investierte Aldo Bonanni eigenen Angaben nach in die 20.000 Quadratmeter große Halle. Hier hat er im Gegensatz zu seiner Niederlassung in seiner Heimat mehr Platz, der für die Herstellung der Kekse nötig sei. Die Nachfrage - auch aus dem Ausland - sei groß, sagte Bonanni.

Firmenchef pendelt mehrmals pro Woche

Trotz seiner fast 70 Jahre nimmt er mehrmals pro Woche die rund 72 Kilometer lange Strecke von seinem Heimatort über den Plöckenpass bis ins Gailtal auf sich, um eigenhändig in seiner Halle weiterzuarbeiten. Oft werke er bis spät in die Nacht und fahre dann wieder zurück nach Hause, um in der Früh wieder in seinem Geschäft in Raveo anwesend sein zu können: „Wenn man bedenkt, wie lange die Menschen in den großen Städten oft zur Arbeit brauchen, ist diese gute Stunde, die ich nach Kärnten fahre, nichts. Man muss heutzutage flexibel sein und sich den Gelegenheiten, die sich einem bieten, öffnen“, so der Italiener.

Neue Arbeitsplätze sollen entstehen

Der freiheitliche Kirchbacher Bürgermeister Hermann Jantschgi ist erfreut über den Neuzugang in seiner Gemeinde mit 2.700 Einwohnern: „Es gibt in Kötschach die ehemalige Luvata, wo sich auch ein italienischer Konzern angesiedelt hat, aber in unserer Gemeinde ist das die erste ausländische Firma, die ihren Standort hier findet. Jede Belebung, jeder Arbeitsplatz in unserer Region - die ja stark von der Abwanderung betroffen ist - ist wichtig.“

Am Anfang werden ihn seine fünf Kinder unterstützen, später soll auch Personal aus der Region beschäftigt werden, sagt Bonanni: „Ich kann mir vorstellen dass es, je nach Auftragslage, binnen eines Jahres zehn zusätzliche Arbeitskräfte sein werden; hauptsächlich Frauen, die Teilzeit arbeiten.“ Einige Interessenten hätten ihm schon ihre Lebensläufe und Bewerbungsschreiben zukommen lassen.

„Kärntner Luft wird Kekse noch besser machen“

Eine Fertigungsschiene und ein Ofen, der die Produktion erleichtern soll, fehlen noch, damit die Produktion starten kann. Bonanni sucht in ganz Europa nach den geeigneten Maschinen, die er teilweise auch gebraucht kauft. „Hauptsache ist, sie funktionieren problemlos. Aber so ein Exemplar zu finden braucht eben Zeit“, sagt er.

Voraussichtlich im Mai oder Juni soll die Keksproduktion im Gailtal dann starten. Ob der Ortswechsel den Geschmack der süßen Gebäckstücke beeinflussen werde? Bonanni sagt, entscheidend sei letztendlich die gute Qualität der einzelnen Zutaten und die Verarbeitung nach alter Tradition: „Durch die gute Kärntner Luft können die Kekse nur noch besser werden“, meint er.

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