Zu gefräßige Otter? Population wird erhoben

Fischer drohen Kärnten mit Millionenklagen. Fischarten seien bereits vom Aussterben bedroht, kritisieren sie und machen zu viele gefräßige Otter dafür verantwortlich. Jetzt werden die Bestände erhoben. Klärung soll auch ein Runder Tisch bringen.

Vor fast 70 Jahren war der Fischotter in Kärnten so gut wie ausgestorben, heute leben - zumindest manchen Schätzungen zufolge - 200 bis 400 Tiere in Kärnten. Weil die Tiere ganzjährig geschützt ist und den Jägern jegliche Handhabe fehlt, droht nun der Fischereiverband, mit Schadenersatzklagen gegen das Land und die Jagdberechtigten vorzugehen. Den Fischern zufolge sei der Fischotter für einen Rückgang der Fischbestände verantwortlich zu machen.

Fischotter Verbreitung

Bernd Settnik dpa/lbn

Fischotter: Zu gefräßig für Kärntens Flüsse?

Wildbiologen: Jäger rottet Beute nicht aus

Wildbiologen wiederum bezweifeln das: Ein Räuber rotte seine Beute niemals aus, das sei in der Natur nicht so vorgesehen, heißt es. Das Thema beschäftigt mittlerweile gleich mehrere politische Referate, die jeweils vom Team Kärnten, den Grünen, der FPÖ, der ÖVP und der SPÖ bekleidet werden. Ein Runder Tisch soll Klärung bringen. Diskutiert wird auch über eine Gesetzesänderung, bzw. über die mögliche Aussiedlung der Otter.

Dass die Otterpopulation in Kärnten zunimmt, bestätigt Wildbiologe Andreas Kranz. Er untersucht die Fischotterbestände in Kärnten seit dem Jahr 2004. Dass ein Otter aber ganze Fischbestände in einem Fluss wie etwa der Lieser vernichtet, bezweifelt er. „Fischotter sind hochterritorial. Sie fressen kein ganzes Gewässer leer und ziehen dann weiter. Der Fischotter kann sich also seine Nahrungsbasis nicht unter den Füßen wegfressen. Wenn wir viele Fischotter haben, muss es erstaunlich viele Fische geben.“

Fischer wollen Fischotter bejagd sehen

Kärntens Fischer fordern eine Lockerung des Jagdverbots, um den Bestand der Fischotter veringern zu können und so den ihrer Meinung nach gefährdeten Fischbestand zu schützen. Ob das realisierbar ist, hängt allerdings davon ab, wie viele Fischotter es tatsächlich gibt. Das werde gerade erhoben, heisst es aus dem Büro von Naturschutzreferent Rolf Holub von den Grünen. Anfang Jänner sollen die Zahlen dazu vorliegen.

Fischotter verursacht Schäden in Fischgewässern

ORF

Fischotter

Fischer ziehen Vergleich zum Rotwild

Bis zu einem Kilogramm Fisch soll ein Fischotter pro Tag fressen - darunter auch geschützte Arten wie Huchen und Koppen. Die Fischereiberechtigten sehen in einer teilweisen Aufhebung des Otterschutzes eine Lösung: Denn auch der Rotwildbestand werde kontrolliert, um Schäden zu minimieren. Das Gleiche solle auch für Fischotter gelten. Denn so schön die Flüsse auch aussehen würden, in ihnen werde es immer leerer, meint Gerd Gradnitzer vom Fischereiverband Spittal an der Drau und zieht folgenden Vergleich: „Wenn man es gewöhnt ist, auf einer Wiese tausende Vögel zu sehen und plötzlich sieht man nur noch zehn, würde sich jeder fragen: Was ist da los?“

Ein eklatantes Beispiel sei die Lieser. Pro Hektar gab es hier vor Jahren noch 100 bis 190 Kilogramm Fisch. Jetzt seien es nur noch zehn Kilogramm. Grund sei der ganzjährige Schutz des Otters, der den Fischbestand in Kärnten bedrohe, so Gert Gradnitzer.

Fischereilandesrat: Bestand um 90 Prozent reduziert

Fischereilandesrat Gerhard Köfer vom Team Kärnten stellt sich auf die Seite der Fischer: „90 Prozent des Fischbestandes wurden bereits gefressen. Die heimische Bachforelle ist ebenfalls bedroht, das ökologische Gleichgewicht droht zu kippen.“ Es sei zwei vor zwölf, so Köfer. „Wenn nicht sofort etwas unternommen wird, stirbt der Fluss“.

Habe es in Kärnten vor zehn Jahren nur rund 20 Fischotter im Bereich der Drau gegeben, sei die Zahl nun auf mehrere Hundert angestiegen. Eine Ausrottung des Fischotters sei keineswegs das Ziel, betonte Köfer: „Die Fischer wollen aber auch nicht zusehen, wie der Fischotter Fische, Muscheln und Krebse ausrottet“. Bereits jetzt liegt der entstandene Schaden laut Köfer bei über zwei Millionen Euro. Jährlich könnten Klagen in der Größenordnung von zwei Millionen Euro folgen. Das Land müsse deswegen finanziell vorsorgen.

FPÖ - Grüne: Kompetenzstreit um Fischotter

Jagdreferent Gernot Darmann (FPÖ) kritisierte, dass seine Warnungen seit Monaten von der Koalition und Naturschutzreferent Rolf Holub (Grüne) ignoriert würden. Er fordert ein Gutachten, die Zuständigkeit dafür liege bei Holub. Auf Basis dieses Gutachtens werde er eine Verordnung erlassen, um eine „geordnete Entnahme“ der Fischotter zustande zu bringen.

Für Naturschutzreferent Rolf Holub (Grüne) liegen die rechtlichen Zuständigkeiten für eine Lösung aber klar bei Jagdreferent Darmann. Der Fischotter sei als bejagbares Wild im Jagdrecht geregelt. Die Fragen nach möglichen Ausnahmeregeln und Entschädigungsansprüchen seien deswegen von Darmann und Fischereireferent Köfer zu klären, so der Umweltreferent.

Derzeit wird gezählt

Derzeit wird laut Umweltreferent Holub ein Monitoring durchgeführt, mit dem der Rückgang des Fischbestandes untersucht und ein Maßnahmenkatalog für den zukünftigen Umgang mit dem Fischotter ausgearbeitet werden soll. Eingebunden sind laut Holub alle zuständigen Landesräte und Fachabteilungen. Das Monitoring wurde im letzten Jahr gestartet, um den Fischbestand zu sichern. Einige Otter wurden auch für ein Wiederansiedelungsprojekt in die Niederlande gebracht - mehr dazu in Fischotter werden teils ausgesiedelt.

Fischotter-Population wird erhoben

Auch die Fischotter-Population wird erhoben. Erste Versuche, die Otterpopulation einzuschränken, gab es im letzten Jahr. Erstmals seit den 1950er Jahren erlaubte das Land die Jagd auf den geschützten Fischotter, allerdings nur auf drei Tiere im Görtschitztal - mehr dazu in Lebendfang: Fischotter werden „bejagt“.

Links: