Ärzte: Einstimmige Resolution gegen Reform
Mehr als 250 Allgemeinmedizinier, sowie Fachärzte waren am Mittwoch von ihrer Standesvertetung, der Ärztekammer, aufgerufen, zu streiken. Die Gesundheitsreform soll am Donnerstag im Parlament beschlossen werden - im Nationalrat ging sie am Mittwoch bereits durch. Die Ärztekammer Kärnten richtete eine einstimmige Resolution in Richtung Bund und Land: „Wir müssen jetzt einmal schauen, dass die Ärzte nach außen eine einheitliche Linie finden. Das soll mit der Resolution erreicht und auch der Politik näher gebracht werden. Es ist schwierig unter den Ärzten, dass alle zusammenhalten, mehr Unterstützer könnten es immer sein.“
ORF/Bernd Radler
Konkret wollen die Ärzte gegen die geplanten Primärversorgungszentren ankämpfen; denn durch eine leicht steuerbare, anonymisierte Medizin befürchten die Ärzte Benachteiligungen ihrer niedergelassenen Praxen - mehr dazu in Einsparpläne: Ärzte streiken am 14. Dezember.
Ärzte wehren sich gegen Systemänderung
Die Gemeinschaftspraxen würden für ihn den Wegfall eins bisher bewährten Systems und eine Beeinträchtigung der Arzt-Patienten-Beziehung bedeuten, sagte der Friesacher Arzt Markus Lassning, der am Mittwochvormittag bei der Ärzte-Versammlung in der Ärztekammer anwesend war: "Das Vertrauensverhältnis wird wegfallen. Wenn ich in ein Zentrum fahre, arbeiten dort fest angestellte Ärzte, denen einzelne Patient egal ist.“ Es werde auch nicht mehr möglich sein, zum Hausarzt zu gehen, sagte Lassnig. In einem Zentrum mit fünf angestellten Ärzten könne sich der Patient nicht aussuchen, wann der Hausarzt Dienst habe.
„Verständnis bei Patienten"“
Die Bereitschaft, an dem Streik teilzunehmen, sei in den vergangenen Tagen gestiegen, sagte im Vorfeld der Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte, Gert Wiegele.
Er sprach von einem großen Verständnis der Patienten. Neben den Allgemeinmedizinern schließen sich auch einige Fachärzte dem Streik an. Den Ärzten gehe es darum, „den Menschen zu zeigen, wie es ist, wenn es keine Hausärzte mehr in der näheren Umgebung mehr gibt“, sagte Wiegele.
Kein flächendeckender Streik
Nicht alle der 250 Kassen-Ärzte beteiligten sich am Mittwoch flächendeckend an dem Streik. Vereinzelt gibt es Mediziner, die dieser Aktion nichts abgewinnen können.
Ferdinand Rudolf Waldenberger, der medizinische Direktor am Klinikum Klagenfurt, sieht den Streik als nicht zukunftsförderlich: "Ich verstehe zwar so manches individuelle Ansinnen, aber ich verstehe die generellen Befürchtungen nicht. Ich glaube die Medizin und die Kooperationen müssen sich weiter entwickeln, sonst stehen wir im extramuralen, im niedergelassenen Bereich, vor noch größeren Problemen, als wir es jetzt ohnehin schon haben. Ich glaube es ist Modernität angesagt, weniger bei den niedergelassenen Kollegen, als bei der Standesvertretung.“
ORF/Bernd Radler
Kritik am Ärztestreik kam auch von Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ). Die Kärntner Ärztekammer habe zulasten der Patienten ein weiteres Zeichen ihrer Blockadepolitik gesetzt. Keine Landarztpraxis werde geschlossen, so Prettner, im Gegenteil: das Ziel sei, den Beruf des Allgemeinmediziners für die nachfolgende Generation so attraktiv zu machen, dass jede einzelne Hausarztstelle nachbesetzt werden könne.
Klare Worte fand FPÖ-Obmann Gernot Darman, der der Reform nichts Positives abgewinnen konnte: Wohnortnahme Gesundheitsversorgung müsse gesichert werden, anstatt Millionenbeträge für Primärversorgungszentren zu opfern, teilte Darmann in einer Aussendung mit. Diese Zentren seien ein trauriger Beleg für die politische Abgehobenheit der Bundesregierung.
Team Kärnten plant Protestaktion
Auch das Team Kärnten plädierte für eine Stärkung des Hausärzte-Systems. Die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum müsse erhalten bleiben, sagte Team Kärnten Landesrat Gerhard Köfer. Unter dem Titel „Rettet den Hausarzt“ plant das Team Kärnten eine breit angelegte Protestaktion, bei der Bürger darüber informiert werden sollten, mit welchen Konsequenzen sie zu rechnen hätten, wenn die viel zitierten Primärversorgungszentren umgesetzt würden.
ORF
Acht mal mehr Anrufer unter 141
Einige Ärzte öffneten am Mittwoch ihre Praxis für die Notversorgung. Im Unteren Drautal beispielsweise gibt es insgesamt sieben niedergelassene Hausärzte, eine Ordination war am Mittwoch geöffnet.
Dass es zu Engpässen in der Patientenversorgung kommen wird, glaubte Prettner am Vormittag nicht: „Wir sind in den Ambulanzen der Spitäler sehr gut ausgestattet. Wir haben auch beschlossen, dass wir den hausärztlichen Bereitschaftsdienst aufstocken werden. Das heißt, der Telefonarzt wird ganztägig erreichbar sein.“ Der Ärztenotdienst unter der Notrufnummer 141 ist besetzt. Für Notfälle versieht in den jeweiligen Ärztesprengel ein Arzt Dienst. Die Notfallversorgung sei nicht gefährdet.
ORF / Radler
Bernhard Dreschl vom Roten Kreuz sagte im ORF Kärnten-Interview, der Streik mache sich in der Rotkreuz-Zentrale durchaus bemerkbar. Es seien bis Mittag unter der Notrufnummer 141 acht Mal mehr Anrufe eingegangen als an einem Tag ohne Ärztestreik.
Es liege wohl daran, dass die meisten niedergelassenen Kassenärzte ihre Ordinationen geschlossen haben. „Die Anrufer möchten meist wissen, wer im Notdienst ist, um eventuell eine Ordination besuchen zu können. Wir haben eine Liste, auf der - über den Tag verteilt - 60 Ärzte stehen, die ihre Ordination geöffnet haben. Wir geben den Anrufer an die nächstgelegene offene Ordination weiter.“ Zusätzlich setzt das Rote Kreuz am Streik-Tag eine eigene Telefonärztin ein, um die Anliegen der Anrufer abfangen zu können.