Koalitionskrach wegen Mindestsicherung

Die bedarfsorientierte Mindestsicherung hat am Donnerstag zu einem Krach innerhalb der Koalition geführt. SPÖ und Grüne sind gegen Kürzung oder Ausschluss von Asylberechtigten, die ÖVP will eine Deckelung von 1.500 Euro.

Das Thema „Kurskorrektur“ bei der bedarfsorientierten Mindestsicherung war am Donnerstagvormittag auf Vorschlag der ÖVP das Thema der Aktuellen Stunde im Kärntner Landtag. Ein Thema, das bereits auf Bundesebene zu heftigen Diskussionen zwischen SPö und ÖVP führte. Die Verhandlungen über eine bundeseinheitliche Regelung scheiterten bisher an den unterschiedlichen Positionen von Schwarz und Rot.

Die ÖVP will das System gerechter machen, sagte Klubobmann Ferdinand Hueter: „Wir sind niemandem neidig und wollen niemandem etwas wegnehmen.“ Kärntner Familien, in denen beide Eltern arbeiten gehen müssen, um über die Runden zu kommen, hätten am Ende des Tages weniger als Menschen, „die sich im Vollkaskostaat Österreich ausleben“, so Hueter. Man sollte denen helfen, die nicht können, aber kein Lebensmodell für jene, die nicht wollen. Man brauche dringend den Deckel von 1.500 Euro.

SPÖ: „Vanillekipferl-Humanismus“

Massive Kritik an dieser Forderung kam von SPÖ-Klubobmann Herwig Seiser: „Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass jemand Armut und Arbeitslosigkeit als Lebensmodell wählt.“ Eigentlich seien ja alle für eine bundeseinheitliche Regelung, „nur die Verhandlungen, die hat die ÖVP scheitern lassen“. Seiser warf der ÖVP „Vanillekipferl-Humanismus in der Vorweihnachtszeit“ vor, „indem sie nur vorgeben, als Christlich-Soziale alles zu tun, um den Armen zu helfen.“ Hueter als Bürgermeister von Berg im Drautal möge seinen beiden Mindestsicherungsbeziehern doch selbst erklären, warum er ihre Einkommen kürzen wolle.

Vollends eskaliere der Krach zwischen Rot und Schwarz im Landtag um einen Antrag in Richtung Bund, doch noch zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen. Die ÖVP fühlte sich dabei von der SPÖ ausgetrickst. „Häme und Missachtung eines Koalitionspartners“, warf ÖVP-Klubobmann Markus Malle der SPÖ vor.

Grüne: „Schlechtestes Gesetz Österreichs“

Auch die Grünen wiesen die Forderung des Koalitionspartners ÖVP nach Kürzungen zurück. Stattdessen brauche Österreich „eine Korrektur beim Politikverständnis und beim Menschenbild von konservativen und rechten Parteien“, meinte Klubobfrau Barbara Lesjak (Grüne). Sie beklagte, dass Kärnten das schlechteste Mindestsicherungsgesetz in Österreich habe und die geringsten Bezugshöhen. „Wir sind in allen Bereichen auf dem untersten Niveau. Wo wollen Sie von der ÖVP das noch verschlechtern?“ Lesjak forderte die Bundesländer Oberösterreich und Niederösterreich auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

FPÖ: Keine Mindestsicherung für Asylberechtigte

Die FPÖ will die Mindestsicherung nicht nur auf 1.500 Euro pro Haushalt deckeln, Kubobmann Christian Leyroutz will Asylberechtigte davon ausschließen. „Wie soll es auch funktionieren, wenn man sich das Klima in dieser Koalition anhört?“ Er warnte vor steigenden Kosten, der „illegale Asylstrom“ arte in „eine Art von Tourismus aus“. Für Österreicher solle es keine Kürzungen geben, allenfalls sei der Bezug zeitlich zu begrenzen. „Das System beginnt zu kippen, daher ist die Verschärfung unerlässlich.“ Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte sollen bundesweit in der Grundversorgung bleiben und keinen Anspruch auf Mindestsicherung haben.

Auch Wilhelm Korak (BZÖ) stimmte zu. Er zog den sprichwörtlichen Hut vor Ober- und Niederösterreich: „Sie haben gezeigt, dass die eigene Bevölkerung wichtig ist und erst dann der Migrant kommt.“ Für Ausländer müsse die Mindestsicherung auf den Betrag der Grundversorgung herabgekürzt werden.

Team Kärnten: Kürzung für Asylberechtigte

Hartmut Prasch (Team Kärnten) kritisierte, dass man nach wie vor „meilenweit“ von einer bundeseinheitlichen Regelung entfernt sei und die Koalitionen auf Landes- wie auf Bundesebene zerstritten seien. „Die Landesfürsten entwickeln weiter ihre eigenen Modelle.“ Österreichische Staatsbürger müssen Praschs Ansicht nach mehr Mindestsicherung bekommen als andere, dies sei auch die „humanste Methode“, um Einwanderung zu drosseln.

SPÖ: Verlassen sie den Landtag

Landeshauptmann-Stellvertreterin Beate Prettner (SPÖ) griff die ÖVP-Abgeordneten frontal an, kritisierte die „Neid- und Negativdebatte“ und forderte sie auf, den Landtag zu verlassen und selbst Mindestsicherungsbezieher zu werden. „Was wollen Sie mit dieser Debatte erreichen?“, fragte sie. Mit Kürzungen bei der Mindestsicherung werde man weder das Budget sanieren noch den Arbeitsmarkt aufmischen, so die Sozialreferentin. „Wir wollen den sozialen Frieden in Österreich nicht gefährden.“ Die einheitliche Regelung brauche man aber dringend, um „Sozialtourismus“ zu verhindern.

Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) kann sich für Asylberechtigte vorstellen, dass sie mehr Sach- statt Geldleistungen erhalten. Kaiser spricht sich auch für Sanktionen aus, wenn Asylberechtigte Sprach- und Wertekurse verweigern.

Koalition beschließt Nachtragsvoranschlag

Am Nachmittag wurde im Landtag der Nachtragsvoranschlag zum Budget 2016 diskutiert, der wegen der Heta-Lösung notwendig wurde – mehr dazu in Budget 2017: Rekordschulden durch Heta. 1,2 Milliarden Euro muss Kärnten für die Heta-Lösung beisteuern. Den dafür notwendigen Kredit vom Bund muss das Land noch heuer aufnehmen. Dadurch steigen die Schulden vorübergehend auf 4,15 Milliarden Euro. Mit der Auflösung des Zukunftsfonds im nächsten Jahr soll der Schuldenstand dann auf 3,8 Milliarden Euro sinken. Der Nachtragsvoranschlag wurde am Donnerstag im Landtag mit den Stimmen der Koalition verabschiedet.

Die Oppositionsparteien stimmten nicht mit, Reinhard Lebersorger (Grüne) warf ihnen deswegen „Realitätsverweigerung“ vor. Mit der Heta-Lösung sei Kärnten nach zehn Jahren von der Bedrohung durch die Milliarden-Haftungen für die Hypo befreit, sagte Finanzreferentin Gaby Schaunig (SPÖ) im Landtag. Hätten die Gläubiger das Rückkaufangebot nicht angekommen, dann wäre Kärnten wohl mit milliardenschweren Klagen der Gläubiger konfrontiert gewesen.

Info Mindestsicherung Sozialministerium

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