Jelinek-Stück mit Flüchtlingen an der nbv

Am 4. November wird das Elfriede Jelinek-Stück „Die Schutzbefohlenen“ seine Kärntner Erstaufführung an der Neuen Bühne Villach erleben. Bei der Produktion wirken neben Konse-Schauspielern auch drei Asylberechtigte mit.

Elfriede Jelinek - sie feiert am 20. Oktober ihren 70. Geburtstag - lässt den Protest von Asylwerbern aus Traiskirchen im Jahr 2012 zum Ausgangspunkt ihres Flüchtlingsdramas werden. Es tritt ein Chor von Flüchtlingen auf, dem sprachgewaltig eine Stimme verliehen wird. Dazu verschränkt sie Motive aus Aischylos´ Tragödie „Die Schutzflehenden“ und stellt klar, dass Menschenrechte in Zeiten der „Festung Europa“ nicht mehr für alle gelten. In Wien wurde das im Audimax gespielte Stück von 40 „Identitären“ gestürmt - mehr dazu in Identitäre stürmten Jelinek-Aufführung von Flüchtlingen (volksgruppen.orf.at; 15.4.2016).

Pressefoto mit arabischer Schrift

Neue Bühne Villach

Das Flüchtlingsdrama wird von Martin Dueller an der nbv in Szene gesetzt. Ein Statement für Kärnten wolle er nicht mit seiner Inszenierung setzen - das hieße, „die Wirkung eines solchen Abends zu überschätzen“. Vielmehr möchte Dueller mit seinem Theaterabend zeigen, „dass ein Zusammen funktioniert.“

Regisseur: „Wollte reine Kunstsphäre aufweichen“

Die Arbeit des Schauspielensembles mit den Flüchtlingen namens Morteza, Soghra und Mohammad gestaltete sich laut Dueller „leichter als gedacht“. Während der Probenarbeiten lernen die Flüchtlinge mit „großer Wissbegierde“ weiter Deutsch. „Das, was Jelinek künstlerisch verarbeitet hat, bekommt durch die Hintergründe, in die wir Einblick bekommen, den realen Bezug, was mir auch wichtig war, weil ich die reine Kunstsphäre etwas aufweichen wollte.“

Man wolle die Flüchtlinge auf der Bühne aber nicht ausstellen, so Dueller, „auch wenn das irgendwann automatisch passiert“ - diese seien aber irgendwann zwangsweise zu „Experten des Alltags“ geworden.

Zynische „Schrecksekunde“ bleibt aus

Der Regisseuer versucht jedoch nicht, Betroffenheit beim Publikum aufkommen zu lassen. Es könne nämlich nicht angehen, dass Menschen sterben müssen, nur um bei den Bürgern eine „Schrecksekunde“ auzulösen, die wenig Nachhall zeitige - das sei „purer Zynismus“, so Dueller. „Ich sehe auch im Text von Jelinek, dass sie eben nicht nur auf der Klage ruht, sondern auch sich selbst zur Disposition stellt. Sie schafft es, aus tausenden Stimmen (Flüchtlinge, Wutbürger, Politiker, Helfern) einen Fließtext zu machen, der als Komposition auch monologisch funktioniert.“

„Die Schutzbefohlenen“ sind dem Ansinnen des Regisseurs nach ein „maximal unpolitischer“ Abend, über den sich feststellen lasse: „All die Stimmen verstehen sich nicht unbedingt, aber sie bleiben zumindest im Dialog“.

Kärntner Erstaufführung

Die Premiere wird am 4. November 2016 stattfinden, gespielt wird das Stück bis 26. November 2016.

Regie: Martin Dueller
Schauspiel: Isabella Wolf & KONSE Schauspielensemble & Asylberechtigte.

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