Land finanziert Lehrpraxis für Ärzte

Durch eine Penionierungswelle droht Kärnten ein Ärztemangel. Das Land übernimmt deswegen die Finanzierung der sechsmonatigen Lehrpraxis - zumindest bis es eine einheitliche Regelung auf Bundesebene gibt.

Im Durchschnitt sind die Ärzte derzeit 47 Jahre alt, wenn sie in Kärnten eine Hausarztpraxis übernehmen. Die Hälfte der Kärntner Hausärzte geht in den nächsten fünf bis zehn Jahren in Pension, es droht ein Ärztemangel. Erschwert wird die Suche nach Nachwuchs durch ein neues Ausbildungsmodell – mehr dazu in Ärztemangel durch neue Ausbildung. Bisher konnten sich Turnusärzte nach drei Jahren Ausbildung entscheiden, ob sie im Krankenhaus bleiben oder als Allgemeinmediziner in eine Praxis gehen. Jetzt müssen sich die Jungärzte schon nach neun Monaten Basisausbildung im Krankenhaus für ihren weiteren Weg entscheiden.

Die Möglichkeit einen Teil der Turnusausbildung in einer Hausarztpraxis zu absolvieren, gibt es zwar schon seit Jahren, das Interesse daran war aber bisher gering und zwar weil der Praktiker einen Großteil des Gehalts für den Jungmediziner selbst finanzieren muss. Bislang zahlte der Bund dem ausbildenden Arzt 800 Euro pro Monat quasi als Ausbildungsentschädigung, ein neues Finanzierungsmodell wird derzeit verhandelt.

2.200 Euro Gehalt während Lehrpraxis

Um den Jungärzten auch in der Lehrpraxis ein attraktiveres Gehalt bieten zu können, einigten sich in Kärnten Ärztevertreter und Land nun auf ein neues Modell für die Lehrpraxis. Der Jungarzt bleibe im Krankenhaus angestellte und zwar zu den dort gültigen kollektivertraglichen Bedingungen, sagt Gert Wiegele, Sprecher der niedergelassenen Ärzte. Das Gehalt erhält die Krankenanstalten-Betriebsgesellschaft (Kabeg) je zur Hälfte von Land und Sozialversicherung refundiert. Damit kommen die Nachwuchsmediziner auch in der Lehrpraxis auf ein Gehalt von etwa 2.200 Euro netto im Monat.

Land stellt 100.000 Euro zur Verfügung

Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ) rechnet damit, dass in den nächsten drei bis vier Jahren die Ausbildung von je zehn Ärzten finanziert wird. 100.000 Euro seien dafür budgetiert. Noch einmal so viel steuert die Gebietskrankenkasse bei. Aber nur so lange, bis es die bundesweite Finanzierung für die Lehrpraxen gibt. Von dem Finanzierungsunterstützung erhofft man sich, dass sich künftig mehr Ärzte gleich nach ihrer Ausbildung für den Beruf des Allgemeinmediziners entscheiden.

Mentorenprogramm in Spitälern

Eine neue Koordinationsstelle soll außerdem dafür sorgen, dass es während der Ausbildung zu keinen Stehzeiten kommt. Angesiedelt wird sie bei der Med-Servicestelle des Kärntner Gesundheitsfonds. Hier gehe es vor allem darum, dass die Vermittlung zu Lehrpraxen und die internen Abläufe reibungslos funktionieren, sagte Prettner. Alle Primarärzte in den Krankenhäusern sollen außerdem als Mentoren für die Auszubildenden fungieren. Dieses System garantiere einen verlässlichen Partner innerhalb jeder Abteilung. Ein Welcome-Day, der über die Allgemeinmedizin fundiert aufklärt, soll das Paket abrunden.

Änderungen der Reihungskriterien

Von der Ärztekammer wünscht sich die Gesundheitsreferentin nunmehr eine dringende Änderung der Reihungskriterien: „Es kann nicht sein, dass man erst mit durchschnittlich 48 Jahren zu einer Kassenstelle kommt. Die Kriterien sind so zu ändern, dass die lange Wartezeit nicht die Lust darauf nimmt, sich als Landarzt niederzulassen“, so Prettner. Man wolle auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern, etwa durch Teilung von Kassenstellen. Auch die Öffnungszeiten möchte man attraktiver gestalten.

Prettner: Kein Mangel bei Landärzten

Zur Diskussion um einen angeblichen Landärztemangel in Kärnten meinte Prettner am Freitag, diesen gebe es nicht. Mit 3.187 Ärztinnen und Ärzten zähle Kärnten so viele Mediziner wie nie in seiner Geschichte. Aussagen über einen Unterversorgung im ländlichen Raum seien „Panikmache“ - mehr dazu in ÄK: Kärnten gehen die Landärzte aus.

Mit heutigem Stand seien in Kärnten 405 niedergelassene Ärzte tätig, davon 256 mit Kassenvertrag, derzeit sei keine Stelle vakant. Dazu seien 451 Ärztinnen und Ärzte in Ausbildung, 73 davon in der Allgemeinmedizin. 900 Mediziner befinden sich in Kärnten auf Reihungslisten für eine Kassenarztstelle, so Prettner.

Wiegele: Arbeitsbedingungen verbessern

Es gebe zwar so viele Ärzte wie nie, aber immer weniger Ärzte wollen aufs Land, meinte Ärztesprecher Wiegele zum diskutierten Landärztemangel. Allgemein müsse man die Arbeitsbedingungen verbessern und die Bürokratie vereinfachen. Er stelle sich auch Gruppenpraxen vor, es gebe derzeit Verhandlungen mit der Kasse.

Als „ersten, kleinen Schritt“ bezeichnete FPÖ-Klubobmann Christian Leyroutz das präsentierte Maßnahmenpaket. Es werde nicht ausreichen, jungen Ärzten in der Ausbildungsphase mehr Geld in die Hand zu geben. Wichtig seien auch neue Arbeitszeitmodelle, Gruppenpraxen ohne Honorarkürzungen, Hausapotheken, Turnusausbildung auch bei Landärzten und weniger Bereitschafts- und Wochenenddienste.