Anwalt wegen Veruntreuung vor Gericht
In vier Fällen soll der Klagenfurter Geld seiner Klienten in die eigene Tasche gesteckt haben. Der Schaden beträgt hier 30.000 Euro. Der ehemalige Anwalt habe laut Anklage von Mandanten auch Geldbeträge für den Abschluss von Vergleichen oder das Einbringen von Rechtsmitteln verlangt. Auch in diesen Fällen soll der Schaden 30.000 Euro betragen, somit sei laut Anklage ein Gesamtschaden von 60.000 Euro entstanden.
Konkursverfahren gegen Ex-Anwalt läuft
Auf der Seite von Staatsanwältin Tina Frimmel-Hesse nahmen zu Prozessbeginn auch die Geschädigtenvertreter Platz. Wie viel Geld ihre Mandaten zurückbekommen werden, hängt vom offenen Konkursverfahren ab. Vermögen hat der Angeklagte keines, dafür etwa 500.000 Euro Schulden. Richter Dietmar Wassertheurer fragt nach dem Einkommen des Ex-Anwalts. Die Antwort des Angeklagten: 790 Euro. Und: Er sei jetzt im Ausland als Berater tätig. Detail am Rande: Seine Anwaltslizenz hat der Angeklagte zwar schon verloren, im Internet wird auf einer Homepage aber nach wie vor unter seinem Namen für Anwaltsleistungen geworben.
Geldschwierigkeiten: Mandantengelder behalten
Zu Prozessbeginn bekennt sich der Angeklagte „Nicht schuldig“. Ob er eine Belehrung wünsche, will der Richter wissen. „Ja“, so der Angeklagte: „Wenn es einen selbst betrifft, ist es anders.“ Also weist der Richter den Ex-Anwalt darauf hin, dass ein Schuldeingeständnis ein Milderungsgrund wäre. Davon will der Angeklagte zuerst aber nichts wissen. Er gibt an, die Gelder, um die es im Prozess geht, für seine Mandanten erstritten zu haben. Dass er diese dann nicht auf deren Konten weitergeleitet habe, sei nur durch seine eigenen Geldschwierigkeiten entstanden.
„Samma schon fertig mit der Untreue“
Ein Klient habe zwar ihm Aufschub gewährt und eineinhalb Jahre auf das ihm zustehende Geld gewartet. Auf den Vorschlag des Ex-Anwalts, eine andere Leistung für den ausstehenden Betrag gegenzurechnen, sei er nicht eingestiegen. Spätestens dann hätte der Angeklagte das Geld überweisen müssen - tat es aber nicht. Ein Umstand, auf den Staatsanwältin Frimmel-Hesse trocken konstatiert: „Samma schon fertig mit der Untreue.“ Der Klient habe Geld und keine Gegenaufrechnung gewollt, damit sei der Tatbestand der Untreue gegeben.
Beweislast erdrückend: Schuld doch eingeräumt
Er habe doch eine Leistung erbracht, wendet der Angeklagte ein, der sich über weite Strecken trotz Rechtsbeistand selbst verteidigt. Nach Beratung mit seinem Verteidiger räumt er seine Schuld in diesem Fall aber ein und leistet 500 Euro als Teilwiedergutmachung.
Dann geht es um ein Verfahren in Liechtenstein. Eine Dreiviertelstunde verbringt das Gericht damit, der Herkunft von Geldflüssen aus Liechtenstein auf dem Konto des Angeklagten nachzugehen. Zum besagten Zeitpunkt betrugen die Umsätze des jetzigen Ex-Anwalts noch etwa 200.000 Euro im Jahr.
Der Angeklagte bittet schließlich darum, die nötigen Konto-Unterlagen binnen 14 Tagen nachreichen zu dürfen, was ihm vom Gericht gestattet wird.
Zeuge: „Du hast mich angelogen“
Im dritten am Dienstagvormittag verhandelten Fall kommen dann Zeugen zu Wort. Der Angeklagte soll Geld seines Mandanten einbehalten haben, statt es bei Gericht zu hinterlegen, um die Aufhebung einer Lohnexekution zu erwirken. „Stimmt nicht“, sagt der Angeklagte. Das Geld sei ein Kostenvorschuss auf seine erbrachten Leistungen gewesen.
"Du hast mich angelogen, dass du dich nicht schämst“, heißt esvon einem in den Zeugenstand gerufenen Ex-Klienten erbost. Der Angeklagte habe ihm sogar versichert, einen offenen Restbetrag für ihn einzahlen zu wollen, weil er kein Geld gehabt habe. Erst vom Gericht habe er erfahren, dass sein Geld nicht dort eingelangt sei und die Lohnexekution weiterlaufe. „Was war dringender, dass die Zwangsversteigerung oder die Lohnexekution eingestellt wird?“ richtet sich der Angeklagte direkt an den Zeugen.
Weitere Zeugen werden aufgerufen, die Verhandlung dauerte um die Mittagszeit noch an, dürfte aber vertagt werden.
Erster Gerichtstermin vertagt
Der erste Prozesstermin im Mai musste vertagt werden. Eine Verfahrenshilfe wurde nicht rechtzeitig beantragt. Für den Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.
Nicht zum ersten Mal sitzt in diesem Jahr ein Anwalt auf der Anklagebank. Im Frühling diesen Jahres musste sich ein Villacher Rechtsanwalt wegen Veruntreuung von rund 280.000 Euro vor Gericht verantworten - mehr dazu in Untreue: Vier Monate Haft für Ex-Anwalt (kaernten.ORF.at; 28.4.2016).