HCB: Anwalt will auf 150 Mio. Euro klagen

Rechtsanwalt Wolfgang List hat am Montagvormittag neue Werte aus dem mit Hexachlorbenzol (HCB) belasteten Görtschitztal präsentiert, die höher liegen als die Messergebnisse des Landes. Er kündigte eine 150-Mio.-Euro-Klage an.

Bei der Pressekonferenz in Klagenfurt sprach List von einem Skandal. Die offiziellen Werte würden um das Mehrfache übertroffen. Umweltlandesrat Rolf Holub (Grüne) meinte, dies könne an unterschiedlichen Messmethoden liegen. List vertritt rund 1.000 Menschen aus dem Görtschitztal, wie er sagte. Er vertrat schon die Anrainer von Ebental in ihrem Streit gegen die Errichtung des Gasdampfkraftwerkes erfolgreich.

Bei der Pressekonferenz am Montag in Klagenfurt waren auch Anrainer und Aktivisten mit dabei. Insgesamt wurden 80 Proben im gesamten Görtschitztal gezogen, die ersten 23 Ergebnisse liegen laut List bereits vor. „Sämtliche Proben wurden von einem renommierten Bundesanalyseinstitut gegengeprüft. Wir haben also mit Sicherheit die richtigen Zahlen“, so List.

Hohe Werte oberhalb des Werks

Diese würden nach wie vor eine hohe HCB-Belastung im Umkreis des Wietersdorfer Zementwerks ausweisen, ganz anders als die vom Land Kärnten präsentierten Messergebnisse. So habe eine Messung des Landes in einem Garten eine Belastung von 0,54 Mikrogramm Hexachlorbenzol ergeben, die Messung im Auftrag von List im selben Garten ergab einen Wert von 2,7 Mikrogramm. Zivilingenieur Kurt Scheidl nahm die Messungen nach Norm vor, betonte er: „Den höchsten Wert haben wir oberhalb des Werkes in Pemberg gefunden, mit 21,2 Mikrogramm. Dort sind viele Flächen, die von Biobauern bewirtschaftet werden, eine Katastrophe.“

Proben aus oberster Schicht genommen

List vermutet, dass Unterschiede bei der Probenziehung zu den verschiedenen Ergebnissen geführt hätten: „Uns liegen Augenzeugenberichte vor, laut denen das Land Proben aus einer Bodentiefe von 20 Zentimetern entnommen hat. Das geht aber an der Realität vorbei, wir haben die Proben direkt an der obersten Schicht entnommen, wie es laut Ö-Norm vorgesehen ist“, sagte der Anwalt.

Schäden auch bei Bäumen befürchtet

Neben Wiesen und Weiden wurden Waldböden beprobt, auch hier ergaben sich hohe HCB-Werte, sagte der Sachverständige Christian Tomiczek: „HCB wurde ja als Fungizid eingesetzt - das heißt, es kann auch das Pilzgeflecht im Waldboden schädigen.“ Besonders drastisch könnte diese Schädigung für den Wald sein, wenn die sogenannten Mykorrhiza-Pilze betroffen sind: Dadurch, dass dieses Pilzsystem mit den Feinwurzeln von Bäumen in Kontakt ist, könnte das HCB also über Umwege Bäume schädigen.

Tomiczek sagte, er habe auch Feinwurzeln aus dem Boden im Görtschitztal entnommen: „Dabei habe ich gesehen, dass die Mykorrhiza-Pilze entweder schon geschädigt sind oder dabei sind, geschädigt zu werden. Das kann zwar auch andere Ursachen als das HCB haben, aber ein Zusammenhang ist augenscheinlich.“ Die Folgen einer solchen Schädigung für den Baum: Die Versorgung mit Wasser und Nährstoffen funktioniert nicht mehr so gut, wenn das Myzel geschädigt ist. Er sagte, die Borkenkäfer werden zunehmen.

Klage vorbereitet

List kritisierte die Informationspolitik des Landes: „Wenn man schon so eine Riesensauerei anrichtet, soll man sich als Staatsbürger erwarten, dass perfekt aufgedeckt wird.“ Er hat nun zwei Klagen gegen die Wietersdorfer & Peggauer Zement GmbH, die Donau Chemie AG sowie gegen die Republik Österreich in Vorbereitung: Eine betrifft die befürchteten Waldschäden und soll in zwei bis drei Wochen eingebracht werden, die zweite ist eine Sammelklage und soll im Sommer folgen. List bezeichnete die Klagssumme mit insgesamt 150 Millionen Euro.

Die Frage, ob die gemessenen Belastungen auch Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung im Görtschitztal dokumentieren, konnte bei der Pressekonferenz nicht beantwortet werden. Die angekündigte Klage richtet sich in erster Linie gegen die Republik Österreich, in zweiter Linie auch gegen das Zementwerk in Wietersdorf und die Donauchemie.

Holub: Transparenter geht nicht

Landesrat Holub wies den impliziten Vorwurf, das Land hätte nicht korrekt gearbeitet, auf APA-Anfrage zurück: „Ich lasse mir nicht unterstellen, dass wir irgendetwas verschleiern, transparenter als wir es machen, geht es gar nicht.“ Seit die Blaukalkverbrennung im Zementwerk gestoppt worden ist, habe es keinen HCB-Eintrag aus der Luft mehr gegeben. Holub betonte: „Das Görtschitztal wird jeden Tag sauberer, und daran kann auch der Herr Rechtsanwalt nichts ändern.“

Tschabuschnig: Halten uns an Regeln

Auch Harald Tschabuschnig, Leiter der Umweltabteilung des Landes, sagte, man halte sich an die Vorgaben der Universität für Bodenkultur, die im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums verschiedene Aufgaben festlegte. Ackerflächen würden von null bis 20 Zentimeter beprobt, während es bei Weideflächen null bis zehn Zentimeter seien. Den Vorwurf, nur in die Erde hineinzubohren und Erde zu entnehmen, wies Tschabuschnig zurück.

Link: