Friaul: 40 Jahre nach dem großen Beben

Am 6. Mai jährt sich das verheerende Erdbeben in Friaul mit mehr als 1.000 Toten zum 40. Mal. Hauptbetroffen war das Gebiet rund um Gemona. Das Beben verursachte auch in Kärnten Schäden, viele Helfer machten sich sofort auf den Weg.

Friaul wurde am 6. Mai 1976 um 20.59 Uhr von Erdstößen erschüttert, die die Stärke acht bis neun auf der zwölfstufigen Mercalli-Skala erreichten. Das Hauptbeben dauerte zwar nur rund eine Minute, die Schäden waren jedoch enorm. Auch Kärnten war betroffen, besonders das Gailtal wurde in Mitleidenschaft gezogen. Die Erdstöße waren bis Wien und weit nach Bayern hinein spürbar. Ursache war eine Verschiebung der afrikanischen Platte unter die europäische in einer Tiefe von etwa 15 Kilometern.

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Unter der Gewalt des Bebens brachen zahlreiche Häuser in der Region Friaul zusammen. Zerstörungen gab es in den meisten Ortschaften im Kanaltal.

„Friaul ist nicht mehr Friaul“

Neben den 1.000 Todesopfern wurden 3.000 Verletzte und Zehntausende Obdachlose gemeldet. „Friaul ist nicht mehr Friaul“, schrieb damals der Journalist Rino Sanders. Große Schäden erlitten unter anderem wertvolle kulturelle Bausubstanzen wie die Kirche von Venzone, die jedoch Jahre später in ihrer Originalbauweise wieder hergestellt wurde. Erheblich beschädigt wurde auch der Dom von Gemona. Die meisten Ortschaften im Kanaltal waren teilweise zerstört.

40 Jahre Erdbeben Friaul

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Zweites Beben: Zahl der Obdachlosen fast verdoppelt

Vier Monate nach dem ersten Beben erschütterte am 15. September ein zweiter Erdstoß die Region. Gebäude, die im Mai noch stehen geblieben waren, fielen in sich zusammen. Innerhalb weniger Sekunden erhöhte sich die Zahl der Obdachlosen von 40.000 auf 70.000. Den Sommer über mussten die Menschen, die ihre Häuser verloren hatten, in Behelfsunterkünften oder auf Campingplätzen an der Adriaküste verbringen.

40 Jahre Erdbeben Friaul

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Viele wanderten aus der Region aus

Im September verloren viele die Hoffnung, jemals wieder in ihre zerstörten Dörfer zurückkehren zu können. Viele wanderten aus und zogen zu Verwandten, die sich schon in anderen Ländern eine neue Existenz aufgebaut hatten. Der Friaul war schon lange Zeit vor dem verheerenden Unglück ein Auswanderungsland gewesen.

Helfer erinnern sich

Helfer aus Kärnten waren schon wenige Tage nach dem Beben im Friaul, um Trümmer wegzuräumen, Menschen mit frischem Wasser zu versorgen und nach Überlebenden zu suchen. Zeitzeugen erzählen ihre Geschichten - mehr dazu in Kärntner halfen nach dem großen Beben.

Die Welle der Hilfsbereitschaft, vor allem aus dem benachbarten Kärnten sowie aus den übrigen österreichischen Bundesländern, war enorm. Neben materieller Unterstützung halfen Bundesheer, Rettung, Feuerwehrleute sowie Privatpersonen. Das Bundesheer bildete ein Kontingent für grenzüberschreitende Hilfsaktionen, woraus 1990 die Austrian Forces Disaster Relief Unit (AFDRU) hervorging.

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Die Zerstörung in der Region war gewaltig. Ebenso groß war dann aber auch die Welle der Hilfsbereitschaft, vor allem aus dem benachbarten Kärnten.

Auch in Kärnten Schäden

Auch in Kärnten war das Erdbeben am 6. Mai 1976 deutlich zu spüren. Die Menschen auch hier im unteren Gailtal erinnern sich noch gut den Tag der Katastrophe.

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Antonia Jost-Mörtl lag in der Badewanne, als die Erde bebte

Antonia Jost-Mörtl: „Ich bin am Abend gerade in der Badewanne gelegen, da hat es angefangen zu schütteln. Ich bin aus der Badewanne gesprungen, habe mir das Badetuch herumgewickelt und wollte hinaus. Da sind mir die Kinder eingefallen und ich habe die Kinder und meinen Mann aus dem Bett geholt und wir sind ins Freie gelaufen. Geschlafen habe ich in dieser Nacht nicht, weil ich immer wieder von den Nachbeben aufgeschreckt worden bin.“

Walter Kompein: „Es war ein fürchterliches Dröhnen, es war unbeschreiblich, so etwas habe ich noch nie erlebt.“

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Auch im Gailtal gab es Schäden durch das Beben

Friaul wurde zu Vorzeigemodell

Die vom Erdbeben Betroffene Bevölkerung in Friaul arbeiteten hart, um die Folgen der Katastrophe zu beheben. Da die Hilfsgelder zur Schaffung von Arbeitsplätzen vor allem in die Industrie gepumpt wurden, zählt der Friaul heute zu den wirtschaftlich fortschrittlichsten Regionen Italiens. „Friaul ist ein ethisches Modell, nicht nur wegen der Art und Weise, in der die Region nach der Katastrophe aufgebaut wurde, sondern auch wegen des Zusammenhalts, den die Gemeinschaft bei diesem dramatischen Ereignis bewiesen hat“, sagte die Präsidentin der Region Friaul Julisch Venetien, Debora Serracchiani.

Besuch im Erdbebenmuseum in Venzone

Die Kinder der Volksschule St. Veit waren einen Tag lang an den Schauplätzen des Erdbebens von 1976 in Friaul unterwegs. Zu Besuch war die Gruppe in Venzone, einem Ort, der neben Gemona eines der hauptbetroffenen Gebiete war - mehr dazu in Kinder zu Besuch im Friaul.

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Rudolf Schober vom Zivilschutzverband.

Auch Kärnten ist nach wie vor der Gefahr von schweren Erdbeben ausgesetzt. Der gesamte Alpen Adria Raum ist tektonisch aktiv. Die Zivilschutzorganisationen in den Ländern arbeiten intensiv zusammen, um im Fall des Falles rasch helfen zu können. Rudolf Schober, der Präsident des Zivilschutzverbandes Kärnten: „Mit den Italienern funktioniert das seit Jahrzehnten bestens. Wir machen laufend einen Erfahrungsaustausch. Wir kennen uns auch persönlich, was meiner Meinung das Allerbeste ist.“

Über 100 Veranstaltungen von Mai bis September

Kärntens Nachbarregion Friaul Julisch Venetien plant eine Reihe von Initiativen zum Gedenken an das verheerende Erdbeben. Über 100 Veranstaltungen sind zwischen Mai und September geplant, einige davon auch mit Kärntner Beteiligung. Höhepunkt wird ein Besuch von Staatspräsident Sergio Mattarella am 6. Mai sein, dem Jahrestag des Erdbebens. Von 12. bis 18. September findet ein grenzüberschreitendes Training zum Test von Sicherheitssystemen bei Erdbeben statt. Daran werden sich Einheiten der Feuerwehr und des Zivilschutzes aus Kärnten, Slowenien, Kroatien und Trentino-Südtirol beteiligen.