Tagung: Die Menschenwürde im Gefängnis

In den österreichischen Gefängnissen kommt es immer wieder zu Verletzungen der Menschenwürde. Das kritisierten Strafverteidiger bei einer Tagung in Klagenfurt und orten Handlungsbedarf.

„Freiheitsentzug und Menschenwürde“, unter diesem Motto steht die Tagung der österreichischen Strafverteidiger, die am Freitag und Samstag erstmals in Klagenfurt stattfand. Mehr als 100 Rechtsanwälte nehmen teil. Vor zwei Jahren sorgten Bilder eines völlig verwahrlosten, 74 Jahre alten Häftlings der Justizanstalt Krems-Stein (Niederösterreich) für Empörung – mehr dazu in Verwahrloster Häftling: Kritik an Einstellung. Ein seltener Extremfall, sagt der Vizepräsident der Rechtsanwaltskammer Kärnten, Bernhard Fink. Zu Verletzungen der Menschenwürde komme es aber immer wieder, etwa in überfüllten Gefängnissen.

Wiederholt sei Österreich deswegen vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt worden. Die Menschenrechtskonvention müsse eingehalten werden, das gelte auch für Untersuchungs- und Schubhäftlinge. Handlungsbedarf bestehe in Österreich jedenfalls durchaus.

Mehr Kostenersatz bei Freispruch

Seit Jahren fordern die Strafverteidiger auch eine Nachbesserung des Kostenersatzes für Beschuldigte, die freigesprochen werden. Die derzeitige Regelung führe dazu, dass Beschuldigte auf fast allen Kosten sitzen bleiben, meint Rechtsanwalt Fink: „Bei einem Freispruch sollte die Staatskasse die Kosten übernehmen.“ Vorstellen kann sich Fink auch, dass der Freigesprochene 70 bis 80 Prozent der Kosten zurück erhält.

Ein Beispiel für die derzeitige Kostenersatz-Regelung: Die Verteidigungskosten für einen Verhandlungstag in einem Einzelrichterverfahren betragen etwa 3.000 bis 4.000 Euro. Wird man frei gesprochen, erhält man für den gesamten Prozess, ohne Berücksichtigung der Verfahrensdauer, maximal 3.000 Euro rückerstattet.

Gericht soll Gutachter bestellen

Österreichs Strafverteidiger plädieren aber auch für eine Reform des Hauptverfahrens. So werden im Gegensatz zu einem Zivilverfahren im Strafverfahren Privatsachverständige nicht zugelassen, lediglich Sachverständige im Auftrag der Staatsanwaltschaft. Hier stelle sich oft die Frage der Befangenheit, meint Fink: „Die Unvoreingenommenheit ist in Frage gestellt.“ Deswegen solle das Gericht einen eigenen Sachverständigen bestellen. Dieser müsse sich verpflichtend auch mit Privatgutachten auseinandersetzen.