Antibiotika: Resistenzen auf Vormarsch
Experten sind sich einig, dass Antibiotika wichtige Medikamente seien. Sie wirken aber nur, wenn die Krankheit durch Bakterien ausgelöst wurde. Wird sie durch Viren verursacht, sei es sinnlos, Antibiotika zu nehmen. Manche Ärzte verschreiben sie dennoch bei viralen Infektionen, um eine oft weitaus gefährlichere mögliche Folgeinfektion durch Bakterien vor vornherein zu verhindern.
Da es verschiedene Arten von Antibiotika gibt, ist es eine Herausforderung für den Arzt, genau das richtige für die jeweilige Erkrankung auszusuchen. Der Obmann der niedergelassenen Ärzte, Gert Wiegele, sagte, zum Beispiel bei der eitrigen Angina gebe es keine Diskussion, ob man Antibiotika gebe. Ebenso bei einer blühenden Mittelohrentzündung oder einer Lungenentzündung, hier müsse man rasch Antibiotika einsetzen.
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Wirkung von Antibiotika
Antibiotika sind Arzneistoffe zur Behandlung von bakteriellen Infektionen. Es gibt zwei Arten: solche, die den Stoffwechseln und das Wachstum von Bakterien und Mikrooganismen hemmen (bakteriostatisch) und solche, die sie abtöten (bakterizid), meistens indem sie die Zellwand auflösen.
Das erste synthetisch hergestellte Antibiotikum war Asphenamin Anfang des 20. Jahrhunderts. Eigentlicher Entdeckter der heilenden Wirkung von Schimmelpilzen war Ende des 19. Jahrhunderts der französische Militätarzt Ernest Duchesne. Alexander Fleming galt 30 Jahre später als Erfinder des Penizillins, Duchesne wurde erst posthum geehrt.
„Probleme in der Fleischprodukton“
Immer öfter sprechen Patienten auf einige Antibiotika nicht an. Das hat viele Gründe, so Agnes Wechsler Fördös; sie beschäftigt sich seit den 90er-Jahren mit der Wirksamkeit dieser Medikamente. Fest stehe, dass auch die Ernährung eine Rolle spiele. Es gebe Hinweise, dass resistente Bakterien aus der Tierzucht, der Fleischproduktion, in den humanen Bereich kommen. Man müsse viel Aufmerksamkeit darauf gelegt werden, dass Antibiotika nicht massenhaft als Leistungsförderer verabreicht werden, wenn sie nicht der Gesundung von Tieren dienen.
International lautet das Ziel, den Einsatz von Antibiotika zu halbieren. Vorreiter sind die österreichischen Geflügelbauern, sagt Franz Schantl, Tierarzt aus Villach: „Die Geflügelbranche hat unter ihrem Dachverband wirklich Tolles geleistet. Der Antibiotikaeinsatz ist in den letzten sieben Jahren um 40 Prozent gesenkt worden. Das ist unser Vorbild im Tiergesundheitsdienst.“
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„Therapieversagen bei einem von fünf“
In Österreich sind etwa 40 bis 50 verschiedene Antibiotika zugelassen. Es gibt Studien, wonach auf ein bestimmtes Antibiotikamittel bereits 20 bis 25 Prozent der Österreicher nicht ansprechen, sagte Wechlser Fördös. Das bedeute umgekehrt gerechnet, dass man bei einem von fünf Patienten mit einem Therapieversagen rechnen müsse. Das sei auch ein Sicherheitsproblem, und ein Problem für den Patienten in einer lebensbedrohlichen Situation.
Packung auf jeden Fall verbrauchen
Auch im Kindesalter werden Antibiotika verschrieben, und selbst bei den Kleinsten kann es sein, dass einige Antibiotika nicht wirken, sagt Kurt Possnig, leitender Arzt in der Kärntner Gebietskrankenkasse. Grundsätzlich seien die Antibiotika im Kindesalter wertvolle Medikamenten, so Possnig. Das Credo sei, sie korrekt und sorgfältig einzusetzen.
Wenn Antibiotika verschrieben werden, darf der Patient die Dosis nicht selbst verringern, beziehungsweise früher mit der Einnahme aufhören, warnen die Experten. Denn auch dadurch kann es passieren, dass Bakterien nicht richtig bekämpft werden und eine Resistenz entwickeln. Dass Antibiotika oft rasch wirken und man sich besser fühlt, heißt nicht, dass die Bakterien vollständig beseitigt sind. Da muss auch noch das Immunsystem seinen Teil dazu beitragen.
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Desinfektion sollte selbstverständlich werden
In jedem Krankenhaus kommen Patienten und Besucher mit Keimen in Berührung. Daher spielt die Hygiene eine große Rolle. Das Desinfizieren der Hände sollte zur Selbstverständlichkeit werden, wie etwa in Skandinavien, sagte Ulrich Zerlauth, Hygiene-Experte am Klinikum Klagenfurt: „Es gibt Länder, die in der Lage sind, die Häufigkeit solcher Keime gering zu halten. Das passiert mit Hygiene, mit Screening des Patienten und mit einem rationalen Antibiotika-Einsatz und strengen Verschreibungsrichtlinien.“
Klagenfurt: Maßgeschneiderte Impfstoffe
Einen Vorteil gibt es in Kärnten: In Klagenfurt besteht das einzige Labor, in dem Erreger von kranken Tieren isoliert und zu Impfstoffen verarbeitet werden. Diese Medikamente können binnen einer Woche hergestellt werden, sie sind günstiger und helfen Antibiotika zu vermeiden.
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Links:
- Gen macht Antibiotika resistent (science.ORF.at)
- Forscher suchen neue Antibiotika (noe.ORF.at; 19.11.2015)