HCB brennt weiter unter den Nägeln

Der letzte Grasschnitt im Görtschitztal ist zwar frei von Hexachlorbenzol, neun Monate nach Bekanntwerden des Umweltskandals ist aber noch lange kein Gras über die Sache gewachsen - das hat eine Informationsveranstaltung im Kulturhaus Eberstein mehr als deutlich gezeigt.

Die beiden Landespolitiker Beate Prettner (SPÖ) und Rolf Holub (Grüne) sahen sich bei der Informationsveranstaltung im Kulturhaus Eberstein mit 160 zum Teil sehr aufgebrachten Bürgern konfrontiert. Das Vertrauen in Politik und Beamtenschaft, aber auch in NGO´s wie Greenpeace und Global 2000 zeigte sich nachhaltig erschüttert.

HCB Informationsveranstaltung Eberstein

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Ungelöste Deponiefrage regt auf

Prettner und Holub sicherten zwar zu, dass alles Menschenmögliche für das Tal unternommen werde, so wirklich beruhigen konnte das Anwesenden aber nicht. Applaus gab es dann als es hieß, dass die Verbrennung von Blaukalk im Tal „zu 90 Prozent vom Tisch“ (Rolf Holub, Grüne) sei. Aufregung herrschte vor allem wegen der noch ungelösten Deponiefrage - mehr dazu in HCB-Entsorgung wird neu ausgeschrieben. Dazu sagte Greenpeace-Chemiker Herwig Schuster: „Es ist ganz klar, dass das giftige Deponiematerial weg muss. Das Beste wäre, das Material in mehreren Zementwerken zu verwerten - jedenfalls jenen Teil, der wenig mit HCB belastet ist. Den stark mit HCB belasteten Teil muss man in die Sondermüllverbrennung schicken.“

Strenge Grenzwerte bei Nahrungsmitteln

Dass die Görtschitztaler Bevölkerung stärker mit HCB belastet ist, als der Rest Österreichs, steht seit längerem fest. Weil 90 Prozent des Hexachlorbenzol über die Nahrung und nur zehn Prozent über die Luft aufgenommen wird, braucht es laut den Experten der MedUni-Wien strengere Grenzwerte für Nahrungsmittel. Die bestehenden reichen nicht aus, um einen Abbau des Umweltgifts im menschlichen Körper zu garantieren, so Hans Peter Hutter von der Med-Uni Wien: „In Summe ist es eben so, dass mit den üblichen gesetzlichen Grenzwerten die Forderung, wonach die Ausscheidung von HCB größer sein muss als die Aufnahme, einfach nicht möglich ist. Nehmen wie die Gruppe der Milchprodukte her: Hier ist der gesetzliche Grenzwert zehn Mikrogramm, der Wert den wir errechnet haben, liegt bei 1 Mikrogramm.“

HCB Informationsveranstaltung Eberstein

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Psychosoziale Belastung bisher unterschätzt

Zur konkreten Gesundheitsgefahr sagte Hutter, dass „keine akute Gefahr“ für die Bevölkerung in dem Tal bestehe, auch ein Anstieg an Krebserkrankungen sei durch die HCB-Belastung nicht zu befürchten. Sehr wohl könnte aber zum Beispiel das Enzymsystem in der Leber belastet werden. Bisher vollkommen unterschätzt werde die psychosoziale Komponente des Umweltskandals, so Hutter. Der andauernde Stress - ausgelöst etwa durch die Angst, wegen der HCB-Belastung den Hof als eigene Lebensgrundlage zu verlieren - schade nämlich ebenfalls der Gesundheit, so der Umweltmediziner.

Kein HCB im Garten

Aktuellen Untersuchungen des Landes zufolge ist kein Hexachlorbenzol in Obst, Gemüse oder Nüssen in den Görtschitztaler Gärten nachweisbar. Eine Ausnahme bilden ölhaltige Kräuter.

Großer Unmut herrschte an diesem Abend auch über das Ende der Untersuchungspflicht für Fleisch und Milch. Die Direktvermarkter forderten eine Wiederaufnahme der Messungen. Von der Landespolitik gab es dafür eine Zusicherung, diese würden ab September auch bei den Direktvermarktern wieder aufgenommen werden. Blutuntersuchungen seien hingegen nur halbjährlich durchgeführt sinnvoll. Landeshauptmann-Stellvertreterin Beate Prettner, SPÖ: „Das Land Kärnten hat sich entschlossen, ein eigenes Labormessgerät anzuschaffen, um HCB-Messungen im Land durchführen zu können.“

Der Bevölkerung werde empfohlen, Gemüse und pflanzliche Fette - mit Ausnahme von Kürbiskernöl - zu konsumieren. Was die Milch im Görtschitztal angehe, so sei man auf einem „guten Weg“. „Beim Fleisch sind wir momentan in der Situation, dass wir den Görtschitztalern eher zu Fleisch aus den Supermärkten raten“.

Klagen: Land übernimmt Parteistellung

Landesrat Rolf Holub sicherte der Bevölkerung zu, dass das Land bei Klagen die Parteistellung für alle Geschädigten übernehmen werde. Die Verantwortlichen des Umweltskandals würden zur Rechenschaft gezogen werden. Nun gehe es aber darum in die Zukunft zu blicken und die Vorschläge der MedUni Wien umzusetzen. „Das sind sehr niedrige Werte. Die Herausforderung wird sein, die Wirklichkeit an diese Werte anzupassen. Das Umweltbundesamt ist beauftragt, alle Szenarien durchzurechen, es wird Ende August damit fertig sein“.

HCB-Fonds wird weiter aufgestockt

Eine Giftmüllverbrennungsanlage im Tal sei der Bevölkerung „nicht zuzumuten“ so Holub. Zum Ende September auslaufenden HCB-Fonds wurde den Anwesenden zugesichert, dass diese aufgestockt und verlängert wird.

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