Umstrittene neue Quartiere für bis zu 450 Asylwerber

Nach Plänen des Bundes sollen bis zu 400 Flüchtlinge bei der Justizanstalt Rottenstein in St. Georgen am Längsee und 50 im Polizeigefängnis in Klagenfurt untergebracht werden. Heftige Kritik kommt von Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ).

Am Gelände der Justizaussenstelle in Rottenstein bei St. Georgen am Längsee wird eine neue Zeltstadt für Flüchtlinge errichtet. Das hat das Innenministerium am Dienstagnachmittag bekannt gegeben. Vorerst soll dort Platz für 200 Flüchtlinge geschaffen werden. 200 weitere Plätze dienen als Reservekapazität.

400 Asylwerber für Rottenstein in St. Georgen

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Auf dieser Wiese in St. Georgen sollen die Zelte für bis zu 400 Flüchtlinge stehen.

Kaiser: Übernehme keine Verantwortung

Scharf reagierte der Kärntner Flüchtlingsreferent, Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) auf die neuen Pläne des Bundesministeriums für Inneres. Kaiser: „Das ist eine unzumutbare und unerklärliche Handlungsweise des Bundesministeriums für Inneres, welches damit Vereinbarungen, wonach keine weiteren Zelte zu errichten sind, zu wider läuft. 250 zusätzliche Flüchtlinge unterzubringen, bei einer derzeitigen Quotenerfüllung von 93 Prozent, zeigt, dass hier offensichtlich nur mehr die kurzfristige Problemverlagerung durch das Ministerium angestrebt wird“, so Kaiser. Anstelle sich zu bemühen, die Zelte in Krumpendorf los zu werden, bekomme Kärnten nun Zeltplätze für 240 bis 400 Personen mehr, so Kaiser. Dabei gebe es mit den Zelten in drei Wochen das nächste Problem, „dann nämlich, wenn sie auf Grund der Witterung zu verschwinden haben“, sagte Kaiser.

Die Bemühungen des Landes Kärntens, mit Bezirkssteuerungsgruppen und konstruktiven Bürgermeistergesprächen feste Unterkünfte zu schaffen, ohne die Größenordnung von 50 Personen zu überschreiten, werden damit mit einem Schlag zunichte gemacht. „Für diese Vorgehensweise übernehme ich keinerlei Verantwortung. Sämtliche Stellen, die ich in dieser kurzen Zeit kontaktiert habe – Bürgermeister und Bezirkshauptmannschaft – sind durch diese überfallsartige Handlung der Innenministerin, die weder durch das Land, den Bezirk oder der Gemeinde verhindert werden können, vor den Kopf gestoßen“, betonte Kaiser.

Asyl Polizeianhaltezentrum Polizeigefängnis Klagenfurt neues Quartier

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Polizeianhaltezentrum Klagenfurt

ÖVP-Generalsekretär: Kontraproduktiv

Als „unverständlich und kontraproduktiv“ bezeichneet ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel die Angriffe von Kaiser gegen Innenministerin Mikl-Leitner. Kaiser sei gefordert, seine eigene Verantwortung wahrzunehmen, sagte Blümel in einer Aussendung am Nachmittag. Würde Kaiser seiner Aufgabe als Flüchtlingsreferent nachkommen, „würde kein einziges Zelt in Kärnten stehen“, so Blümel.

50 Asylwerber im Polizeigefängnis

50 Asylwerber sollen im Polizeigefangenenhaus untergebracht werden. Die Einrichtung war zuletzt nicht ausgelastet. Dort werden normalerweise Verwaltungshäftlinge und vorübergehend auch Strafhäftlinge untergebracht, etwa wenn sie auf eine Vernehmung in der angeschlossenen Landespolizeidirektion warten. Nun wird das Polizeianhaltezentrum zum Asylquartier umgebaut, bestätigte die Polizei am Dienstag.

„Die oberen zwei Stockwerke werden freigeräumt. Derzeit wird zum Innenhof hin ein Loch in die Wand gemacht, damit die Asylwerber einen freien Zugang haben“, sagte Polizeisprecher Rainer Dionisio. Diese Woche soll das Quartier fertig werden und Platz für 50 Asylwerber bieten. Einige Zellen bleiben weiter als solche bestehen. Sollte unerwartet ein höherer Bedarf an Platz für Häftlinge auftreten, werden diese ins Polizeigefängnis nach Villach gebracht, erklärte Dionisio.

„Eigentlich keine Aufgabe der Polizei“

Polizeisprecher Dionisio betonte auch, dass die Unterbringung von Flüchtlingen eigentlich keine polizeiliche Aufgabe sei, man das Land aber auf Geheiß der Innenministerin unterstütze. Ziel sei letztlich, die derzeit rund 200 Asylwerber in der Zeltstadt in Krumpendorf rasch in feste Quartiere umzusiedeln. Dionisio: "Es kann nicht sein, dass der Herbst kommt und die Leute unter freiem Himmel schlafen müssen.

Rotes Kreuz übernimmt Betreuung

Das Rote Kreuz übernimmt die Betreuung der rund 50 Asylwerber, gab Rot-Kreuz-Präsident Peter Ambrozy am Dienstagnachmittag bekannt. Das Rote Kreuz organisiert sowohl die Verpflegung als auch die Betreuung der Asylwerber, es wird für sie eine Ansprechperson und Dolmetscher vor Ort.

„Nach Fertigstellung der Umbauarbeiten wird das Rote Kreuz mit der Betreuung beginnen. Wir befinden uns bereits in der Vorbereitung . Für das Kärntner Rote Kreuz ist das eine neue Herausforderung, der wir uns gerne stellen“, so Ambrozy. Mittel- und langfristig brauche Kärnten und Österreich aber eine Strategie, für die Unterbringung und Integration von Asylwerbern auch über das Jahr 2015 hinaus. Dahingehend stehe das Rote Kreuz bereits in intensivem Kontakt mit dem Land.

Asyl Polizeianhaltezentrum Polizeigefängnis Klagenfurt neues Quartier

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Mit einem Loch in der Mauer zum Innenhof sollen die Asylwerber freien Zugang zum Quartier haben

Dass die Asylwerber quasi hinter Gittern untergebracht werden, das sei nicht „die idealste Lösung“, sagte die Flüchtlingsbeauftragte des Landes, Barbara Payer. Aber angesichts der Bilder aus dem überfüllten Erstaufnahmezentrum Traiskirchen, wo Menschen unter freiem Himmel schlafen müssten, sei jegliche andere Unterkunft idealer.

Rascher Ersatz für Krumpendorf gesucht

Polizeisprecher Dionisio betonte auch, dass die Unterbringung von Flüchtlingen eigentlich keine polizeiliche Aufgabe sei, man das Land aber auf Geheiß der Innenministerin unterstütze. Ziel sei letztlich, die derzeit rund 200 Asylwerber in der Zeltstadt in Krumpendorf rasch in feste Quartiere umzusiedeln. Dionisio: „Es kann nicht sein, dass der Herbst kommt und die Leute unter freiem Himmel schlafen müssen.“

Asyl Polizeianhaltezentrum Polizeigefängnis Klagenfurt neues Quartier

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Eingang Polizeianhaltezentrum Klagenfurt

Erstaufnahmezentrum: Baustopp in Ossiach

Das Asylquartier in der Polizeikaserne Krumpendorf ist seit Montag offiziell Erstaufnahmezentrum in Kärnten. Ab September soll das Zeltlager von einem ehemalige Kriegsblindenheim in Ossiach abgelöst werden. Dort gibt es allerdings heftige Proteste, die Übersiedlung könnte sich außerdem verzögern: Das seit Jahren leer stehende Gebäude müsste vor einer Inbetriebnahme saniert werden, nun verfügte die Gemeinde einen Baustopp.

Bürgermeister Johann Huber (FPÖ) beruft sich dabei auf die Lärmschutzverordnung, die im Sommer gilt. „Es gibt eindeutige, baurechtliche Vorschriften, der Bürgermeister ist verpflichtet, sie einzuhalten, sonst begeht er Amtsmissbrauch“, so Huber. Im Innenministerium wollte man zu dem Schritt des Bürgermeisters zunächst nichts sagen. Man werde sich die Sache anschauen und dann gegebenenfalls reagieren. Bürgermeister Huber betont, dass man keinesfalls gegen Flüchtlinge sei, es werde nach Ersatzquartieren gesucht. Noch diese Woche soll es hier Konkreteres geben.

Eigentümer: Baustopp nicht rechtens

Der Eigentümer des früheren Heims, der Wiener Immobilienmakler Nikolaus Lengersdorff, hingegen sieht keine rechtliche Grundlage für diesen Baustopp. Die Arbeiten die derzeit im Gebäude durchgeführt werden, seien keine Bauarbeiten, sondern reine Renovierungsarbeiten, für die keine baubehördlichen Genehmigungen notwendig seien.

Ob der Baustopp tatsächlich das Aus für das Verteilerzentrum in Ossiach bedeutet, wie es der Kärntner FPÖ-Obmann Christian Ragger am Dienstag in einer Aussendung bezeichnete, ist unklar. Ebenso unklar ist, ob der geplante Eröffnungstermin im September gehalten werden kann. Laut Lengersdorff sei das aber zwischen ihm als Betreiber und der Republik Österreich zu klären.

FPÖ, BZÖ: Grenze überschritten, es reicht

„Die Grenze der Belastbarkeit sei schon längst überschritten“, sagte BZÖ-LAbg. Willi Korak nachdem bekannt wurde, dass 250 neue Plätze für Asylwerber in Kärnten geschaffen werden sollen. „Es reicht. Kärnten zahlt einen immer höheren Preis für die Verfehlungen des Bundes in der Asylfrage.“

„Es ist genug, damit wurde endgültig die Grenze überschritten“, sagte der FPÖ-Obmann, LR Christian Ragger in einer ersten Reaktion auf die Pläne des Innenministeriums. 400 Asylwerber auf einem Standort wie St. Georgen am Längsee seien für eine kleine Kärntner Gemeinde einfach zu viel, sagte Ragger.

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