Geplantes Verteilerzentrum desolat
Das Verteilerzentrum für Flüchtlinge soll in einem ehemaligen Heim für sehbeeinträchtigte Menschen entstehen, in Rappitsch, etwa einen Kilometer vom Ortskern in Ossiach entfernt. In unmittelbarer Nähe befinden sich einige Wohnblöcke. Der Standort sei dem Bund von privater Seite angeboten worden, heißt es in der Aussendung des Innenministeriums. Das Verteilerquartier werde vom Bund betrieben und sei nach Prüfung mit dem Land Kärnten gemeinsam festgelegt worden.
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Gemeindevertreter am Nachmittag informiert
Die Gemeindevertreter seien am Montagnachmittag von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) informiert worden. In den kommenden Tagen sollen Experten des Innenministeriums und des Landes den Gemeindevertretern von Ossiach die Details des neuen Konzeptes zur Grundversorgung darlegen.
Debatte: Warum spaltet das Asylthema so?
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) nahm am Dienstag Stellung zu den jüngsten Standortentscheidungen. Die Unterbringung in Zelten sei nur so lange geplant, bis die Bundesländer genügend Quartiere bereitstellen, sagte Mikl-Leitner. Das Erstaufnahmezentrum in Ossiach dagegen sei fix, sagte die Ministerin. Das sei mit Landeshauptmann Peter Kaiser vereinbart.
Dem ORF wurden einige Bilder des Gebäudes von innen zugespielt, es ist stark desolat, steht seit 15 Jahren leer. Lediglich ein zugehöriges Seegrundstück wurde vom Eigentümer verkauft.
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Bürgermeister: Bis zuletzt nichts gewusst
Bürgermeister Johann Huber (FPÖ) fühlt sich überrumpelt. Er habe von den Plänen bis zuletzt nichts gewusst und zeigte sich in einem Interview mit ORF-Redakteur Marco Mursteiner über diese Entscheidung verwundert: „Nachdem Ossiach die drittkleinste Gemeinde mit 740 Einwohnern ist und rein vom Tourismus lebt, ist die Errichtung eines Verteilerzentrums nicht nachvollziehbar. Die Gemeinde wäre gerne bereit, einzelne Flüchtlingsfamilien aufzunehmen, aber jetzt ist die Situation eine neue.“
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Mitspracherecht für die Gemeinde gibt es in diesem Fall keine, weil das Quartier von einem privaten Betreiber angeboten wurde. Dennoch will Huber das so nicht hinnehmen: „Wir werden sehen, wie die rechtliche Situation für das Gebäude aussieht, da eine touristische Nutzung für das Gebäude vorgesehen ist. Man kann das ja nicht ‚mir nix, dir nix‘ ändern.“
„Sehr baufälliges Haus“
Bedenken hat Huber auch, ob sich das schwer baufällige Haus rasch sanieren lässt. Die Kosten für die Instandsetzung trägt der Eigentümer, der Bund deckt einen großen Teil der Aufwendungen durch einen langfristigen Mietvertrag. Das Gebäude gehört einer Wiener Immobilienfirma, ein Vertreter war für den ORF am Dienstag nicht erreichbar. Eigentlich sollten im Gebäude Suiten entstehen.
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LH Kaiser: Erste Flüchtlinge in Ossiach ab September
Maximal 120 Flüchtlinge sollen in diesem Verteilerzentrum untergebracht werden, sagte Landeshauptmann und Flüchtlingsreferent Kaiser am Montagabend in einem Gespräch mit ORF-Chefredakteur Bernhard Bieche. Diese maximale Unterbringungskapazität sei für die Entscheidung des Landes auch ausschlaggebend gewesen, sagte Kaiser: „Viele andere Objekte, die angeboten wurden, hätten nach oben hin keine Grenze gehabt. Es war daher im Gesamtzusammenhang eine Entscheidung zu treffen, die für Kärnten insgesamt tragbar ist. Wir werden schauen, das die Zelte in Krumpendorf so rasch als möglich verschwinden. Die nächsten festen Unterkünfte würden für Menschen aus dem Zeltquartier in Krumpendorf belegt werden.“ Laut Kaiser könnten bereits ab September die ersten Flüchtlinge in Ossiach untergebracht werden.
FPÖ und BZÖ: Tabubruch, Degradierung
Kritik am Erstaufnahmezentrum in Ossiach kam am Dienstag von Landesrat Christian Ragger (FPÖ) und von BZÖ-Abgeordnetem Wilhelm Korak. Ragger sprach von einem Tabubruch. Bisher seien Tourismusgemeinden von der Flüchtlingsunterbringung ausgenommen gewesen. Ragger sieht in den Standortentscheidungen auch eine parteipolitische Schiene. Es sei auffällig, dass man Bleiburg mit einem SPÖ- Bürgermeister verschont habe, nicht aber Krumpendorf mit einer ÖVP-Bürgermeisterin und Ossiach mit einem Freiheitlichen Bürgermeister, sagte Ragger.
Korak sagte, Kärnten zahle einen hohen Preis für die absehbaren Verfehlungen des Bundes in der Asylfrage. Landeshauptmann Peter Kaiser müsse „endlich erkennen, dass für Kärnten die Grenze der Belastbarkeit überschritten wurde. Wir wollen und wir können nicht unbegrenzt Asylwerber aufnehmen, Kärnten darf nicht vom Tourismus- zum Asylwerberland degradiert werden“, sagte Korak.
Ossiacher Grüne: Professionell begleiten
Die Landessprecherin der Grünen, Marion Mitsche, sagte am Dienstag in einer Aussendung, man habe die Hoffnung, dass mit der Entscheidung für ein Verteilerzentrum ein Ende der Vogel-Strauß-Haltung der Politik in Sicht sei. Es müsse eine echte Erstanlaufstelle für Flüchtlinge sein, von der aus sie zügig in kleinere Quartiere gebracht werden. Die Unterbringung müsse professionell begleitet werden, die Bevölkerung informiert und mit einbezogen.
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Verteilerquartiere in sieben Bundesländern
Durch die im letzten Herbst begonnene Reform der Grundversorgung, die mit 20. Juli in Kraft tritt, werden in sieben von neun Bundesländern Verteilerquartiere geschaffen. Damit soll die Erstprüfung von Asylanträgen bereits direkt in den Bundesländern abgewickelt werden, um eine gleichmäßige Verteilung auf die Bundesländer sicherzustellen. Zukünftig könnten die Verfahren im jeweiligen Bundesland sofort begonnen werden, heißt es aus dem Innenministerium.
Links:
- Flüchtlinge: Unmut bei Quartiergebern
- Standortprüfung für Asylverteilerzentrum (kaernten.ORF.at; 3.7.2015)