Zeuge: Nie HCB-Überprüfungsauftrag

Im HCB-Untersuchungsausschuss hat ein leitender Beamter Fehler auf beiden Seiten aufgezeigt. Die Behörde habe keinen Prüfauftrag für die Blaukalk-Verbrennung erteilt, ohne Auftrag dürften die Sachverständigen auch nicht prüfen, sagte er. Die Wietersdorfer wiederum hätten den Bescheid nicht befolgt.

Ein hoher Beamter der Landesumweltabteilung hat am Mittwoch den Aussagen des HCB-Koordinators Albert Kreiner widersprochen, wonach es einen Überprüfungsauftrag für die Verbrennung der „Schlüsselnummern“ im Zementwerk Wietersdorf gegeben habe, und berichtete von Fehlern im Werk.

Der HCB-Krisenkoordinator Albert Kreiner, Leiter der Abteilung Wirtschaftsrecht und Infrastruktur, hatte den Abgeordneten erzählt, der Umweltabteilung bereits im April 2014 einen Überprüfungsauftrag für das Zementwerk Wietersdorf erteilt zu haben. „Da war die Einbringung von Blaukalk mit dabei“, hatte er gesagt. Das könne gar nicht sein, sagte nun Kurt Hellig, der leitende Beamte der Umweltabteilung und zitierte seinen Prüfauftrag, der eine „Kontrolle der Luftschadstoffe und die Einhaltung der bescheidmäßigen Emissionswerte“ vorschrieb. Anlassfall sei die Nichteinhaltung der Stickoxide durch das Zementwerk Wietersdorf gewesen - seit 2008 ein ständiges Problem, erklärte er.

Keine Begrenzung für HCB in Bescheid

Die in dem Auftrag genannten Grenzwerte befinden sich laut Hellig ausschließlich in dem UVP-Bescheid aus dem Jahr 2003. „Andere habe ich nicht.“ Und in diesem Bescheid gebe es keine einzige Begrenzung für HCB. Diese finde man auch in keinem technischen Regelwerk, denn in Expertengremien versuche man seit drei Jahren einen HCB-Grenzwert zu definieren, habe aber bisher keine Lösung gefunden. Darüber hinaus kritisierte der Beamte die Teilabnahme der Umweltverträglichkeitsprüfung aus dem Jahr 2010, zu der er nicht eingeladen gewesen sei. „Hier hätte die Nichteinhaltung der Stickoxide auf jeden Fall festgehalten werden müssen“, sagte er.

Stelle zur Blaukalk-Einbringung nachträglich eingebaut

Weiters zeigte Hellig Verfehlungen im Zementwerk Wietersdorf auf. Die laut seiner Aussage „verfahrenstechnisch richtige Stelle“ für die Einbringung des Blaukalks sei erst für die Emissionsmessungen im November 2014 errichtet worden. Zu diesem Zeitpunkt waren die erhöhten HCB-Werte bereits bekannt. Außerdem bezweifelte der Beamte ganz offensichtlich die Einschätzung des Ausmaßes der im Blaukalk enthaltenen Giftstoffe durch die Zementwerksbetreiber.

Blaukalk: Giftigkeit nach Geruch beurteilt

So habe man im Werk von 96.000 Tonnen Kalk aus der Deponie der Donau Chemie in Brückl lediglich 13.500 Tonnen als mit chlorierten Kohlenwasserstoffen versetzt bewertet. Der Rest sei, weil geruchlich nichts festzustellen gewesen sei, als „nicht kontaminiert“ eingestuft worden. „Ich will das nicht weiter kommentieren“, sagte der Beamte dazu.

Offensichtlich wurde bei der Sitzung auch, wie schwierig die Kontrolle von Industriebetrieben sein kann und welche Gefahren durch eine Aufteilung der Kompetenzen zwischen den verschiedenen Genehmigungsbehörden entstehen. Für die Genehmigungen der Abfallverbrennung in den Wietersdorfer Zementwerken ist das Land zuständig, für die gewerberechtlichen Genehmigungen die Bezirkshauptmannschaft St. Veit. Die Bezirkshauptmannschaft muss das Land Kärnten nicht über Genehmigungen für Betriebsanlagen informieren, umgekehrt gilt dasselbe.

Gesetz erschwert Kontrolle von Industriebetrieben

Der Behörde seien durch ein Gesetz zur Selbstkontrolle der Betriebe vor vielen Jahren durch den Bundesgesetzgeber mehr und mehr Möglichkeiten zur Überprüfung von gefährlichen Anlagen genommen worden. Wietersdorfer unterliege der Abfallverbrennungsverordnung und müsse sich Eigenkontrollen unterziehen. Diese hätten offensichtlich versagt, sagte Hellig. Wäre man den sehr engagierten Vorschlägen des Gutachters Friedrich Wurst, der unter anderem auch die Untersuchung des Reingases auf chlorierte Kohlenwasserstoffen empfohlen hatte, gefolgt, hätte man sich viel erspart.

Hellig sprach in diesem Zusammenhang von einem „Multiorganversagen aller Beteiligten“. Durch seine Messungen im Herbst 2014 konnten die Zementwerke als Verursacher der HCB-Emissionen ausfindig gemacht werden.

Bezirkshauptfrau Egger: Kompetenz-Wirrwarr

Bei der Befragung der St. Veiter Bezirkshauptfrau Claudia Egger ging es um jenen umstrittenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft, mit dem 2012 die Klinkerproduktion bei den Wietersdorfer Werken erweitert worden war. Zugleich wurden damit die Grenzwerte um je zehn Prozent reduziert, ohne zu überprüfen, wie das möglich sein soll. Eine Messung durch die Bezirkshauptmannschaft gab es danach, die Sachverständigen des Landes erkannten die Grenzwertüberschreitungen nicht. Genau auf diese Sachverständigen des Landes hätten sich ihre Beamten aber verlassen, sagte Egger vor dem Untersuchungsausschuss.

Das Kompetenz-Wirrwarr der Behörden berge Gefahren, wie auch der HCB-Skandal zeige, sagte Egger. Sie sprach sich deswegen für klare gesetzliche Regelungen aus. Für große Unternehmen, für die verschiedene Behörden zuständig sind, müsse es eine bessere Koordination geben.

Ein weiterer Beamte wurde befragt, warum der Blaukalk bei dem Ansuchen und dem erfolgten Bescheid für eine „nicht UVP-pflichtige rein stoffliche Verwertung“ qualifiziert und genehmigt worden war. Der Mann berief sich auf die Sachverständigen. Denen sei man gefolgt, denn die Behörde könne nicht ohne Grund von sich aus entscheiden und Auflagen erteilen. Und wenn keine Auflagen da seien, könne man auch keine überprüfen, so der Beamte.

Kaiser: Skandal von Betrieb ausgelöst

Als Zeuge war am Mittwoch auch Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) geladen, er war Gesundheitsreferent, als die Bescheide zur Blaukalkverbrennung ausgestellt wurden. Das Gesundheitsreferat war zu dieser Zeit nicht eingebunden, da es ohnehin keine Emissionen in Wietersdorf hätte geben sollen. Nicht Beamte oder Politiker hätten den HCB-Skandal ausgelöst, sondern ein Betrieb der aus heutiger Sicht nicht ordnungsgemäß gearbeitet habe, sagte Kaiser. Jetzt gehe es darum, den Menschen im Tal zu helfen.

Eine Verbrennung des HCB-verseuchten Blaukalks in Wietersdorf werde es ohne Einbindung der Bevölkerung sicher nicht mehr geben, so Kaiser. Er ist überzeugt, dass die Behörden nicht absichtlich zum Schaden der Bevölkerung gehandelt haben. Regressforderungen gegenüber den Wietersdorfern behält sich das Land nach möglichen Gerichtsentscheidungen vor. Die nächste Sitzung des Untersuchungsausschusses findet am 27. Mai statt.

Landesrat Gerhard Köfer (Team Stronach) meinte nach der U-Ausschuss-Sitzung, es müsse personelle Konsequenzen in der Landesregierung geben. Außerdem müssten Umwelt-, Landwirtschafts- und Gesundheitsabteilung enger zusammenarbeiten und zwischen den Behörden müsse es mehr Dialog geben.

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