Kunst-Biennale: Des Lebens Stille

„Jetzt haben wir Punkt Null erreicht, ich trete zurück und Sie können es selber erleben.“ Mit diesen knappen Worten stellte der aus Kärnten stammende Künstler Heimo Zobernig seinen Österreich-Pavillon auf der 56. Kunstbiennale von Venedig vor. Ein leises Statement inmitten vieler lauter Stimmen.

In Venedig ist am Samstag die 56. Kunstbiennale unter großem Besucherandrang eröffnet worden. Bei strahlendem Sonnenschein bildete sich am Tor der Giardini schon vor Beginn eine lange Schlange. Die Biennale steht unter dem Motto „All the World’s Futures“ (Alle Zukünfte der Welt). Der aus Nigeria stammende Kurator Okwui Enwezor vom Münchner Haus der Kunst hat 163 Künstler aus 53 Ländern in die Themenausstellung geladen. 89 Nationen präsentieren sich mit eigenen Ausstellungen, der österreichische Pavillon wurde von Heimo Zobernig gestaltet.

Ein „leerer“ Ausstellungsraum

Dunkel und angenehm kühl ist es im Pavillon, in dem Zobernig eine schwarze Zwischendecke abgehängt hat, wodurch sowohl die Dachfenster als auch die Rundbögen der Architektur von Josef Hoffmann verschwinden. Schwarz ist auch der Boden, die unterschiedlichen Ausstellungsebenen wurden vereinheitlicht. Die Räume öffnen sich in den seit der Architekturbiennale bepflanzten Garten. Der Pavillon mündet so in einer überdachten Terrasse mit Einblicken in die „leeren“ Ausstellungsräume. Die Wände sind weiß geblieben, insgesamt vier ebenfalls weiße, lang gezogene Sitzbänke laden zum Verweilen ein.

Heimo Zobernigs Österreich Pavillon auf der 56. Kunstbiennale in Venedig

APA/Georg Petermichl

Heimo Zobernigs Österreich-Pavillon bei der 56.Kunstbiennale in Venedig

Körper werden

„Ich habe ihn eingeladen, weil ich seit meiner Jugend ein großer Fan von ihm bin“, räumte Kommissär Yilmaz Dziewior ein. Zobernig sei ein „Künstler, der sehr delikat mit dem Kontext umgeht, das sieht man hier sehr präzise“, so der ehemalige Leiter des „Kunsthaus Bregenz“. „Das hier, also die Giardini und das Arsenale, ist ein Ort des Wettbewerbs. Jeder will die meiste Aufmerksamkeit, jeder ist sehr laut, um diese Aufmerksamkeit zu kriegen“, umschrieb der Kommissär jene Situation, mit der Zobernig nun „ganz anders umgegangen ist“. Mit seiner Intervention sei es dem in Kärnten geborenen Künstler gelungen, etwas mit den Besuchern zu machen. „Die Leute werden langsamer und werden sich ihrer Körperlichkeit bewusst. Wenn man auf der Bank sitzt und die Menschen beobachtet, die reinkommen, ist das fast wie eine Skulptur.“

Heimo Zobernigs Österreich Pavillon auf der 56. Kunstbiennale in Venedig

APA/Georg Petermichl

Blick in den Garten

Eine „unsichtbare“ Skulptur

Eine Skulptur hat es übrigens ursprünglich sogar gegeben. Zusätzlich zum Raumkonzept hatte Zobernig sie erschaffen, nun ist sie nur im Katalog zu sehen. „Zuletzt fand er es kontraproduktiv, sie auszustellen“, erklärte Dziewior stellvertretend für den ruhigen Künstler.

Nicht gezeigte Bronzeskulptur Heimo Zobernigs auf der 56. Kunstbiennale in Venedig

APA/Georg Petermichl

Heimo Zobernigs Skulptur

„Da wäre jeder nur in den Pavillon gekommen, um die Skulptur zu sehen.“ Die 227 Zentimeter hohe Bronzeskulptur setzt sich, so erfährt man im Katalog, aus drei bereits bestehenden Zobernig-Skulpturen zusammen. 3D-Scans bildeten die Vorlage für das neue, titellose Werk, das nun durch seine Abwesenheit glänzt. So ist es wirklich der Raum selbst, der zur Attraktion wird.

Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) ernannte Dziewior zum Kommissär. Bereits in den Vorgesprächen habe man gemeinsam überlegt, wie man „eine Situation schaffen könne, an die man sich erinnert“, so der Minister. Als Dziewior Zobernig präsentierte, „habe ich zugestimmt, obwohl ich ja gar nicht zuzustimmen habe“, schmunzelte ein sichtlich entspannter Ostermayer, dessen Ministerium 400.000 Euro für den Pavillon bereitgestellt hat. Fast ebenso viel konnte man (inklusive Sachspenden) von Sponsoren lukrieren, wie der Dziewior sagte.

Zur Ruhe kommen

„Die Biennale kann man nur scannen“, so Ostermayer. „Hier im Österreich-Pavillon kann man zur Ruhe kommen und alles noch einmal durchleben.“ So mancher wird in den nächsten Tagen bestimmt gerne an diesen Ort im hintersten Winkel der Giardini zurückkehren, um durchzuatmen.

Heimo Zobernigs Österreich Pavillon auf der 56. Kunstbiennale in Venedig

APA/Georg Petermichl

Der am 12. Mai 1934 offiziell eröffnete Österreich-Pavillon

Information

Die 56. Kunst-Biennale Venedig findet von 9. Mai bis 22. November 2015 statt.

Austrian Pavilion
La Biennale di Venezia 2015
mailto:info@austrianpavilion.at

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