Drogenprozess: Polizeiprotokoll gibt Rätsel auf

Wie kann das Polizeiprotokoll einer Einvernahme zwei verschiedene Aussagen einer Zeugin enthalten? Diese Frage beschäftigte am Dienstag das Landesgericht bei einem Prozess gegen einen mutmaßlichen Drogenhändler. Gegen den Polizisten läuft ein Strafverfahren.

Dem Hauptangeklagten, ein 26 Jahre alter Klagenfurter, mehrmals einschlägig vorbestraft, wird Drogenhandel im großen Stil vorgeworfen. Dem Angeklagten drohen bis zu 15 Jahre Haft. Entscheidend für das Strafmaß ist besagtes Polizeiprotokoll. Die beiden Anwälte des Angeklagten zogen vor Gericht die Arbeit der Polizei am Dienstag stark in Zweifel: Es könne nur eine Aussage der Zeugin der Anklage stimmen, tatsächlich existieren aber zwei Versionen davon.

In dem Protokoll geht es um den Ex-Freund der Zeugin, der in der Causa bereits angeklagt worden war, aber nicht der Hauptangeklagte 26-Jährige ist. Einmal belastet sie den Hauptangeklagten schwer, er habe säckeweise Cannabis an ihren Ex-Freund geliefert, der das Suchtgift dann weiterverkauft habe. In der zweiten Version gibt sie an, nicht zu wissen, von wem das Suchtgift stammte. Wenn man sich auf Polizeiprotokolle nicht mehr verlassen könne, dann auf gar nichts mehr, sagten die Anwälte. Richter Norbert Jenny beschwichtiget: Es zähle ohnehin nur das, was in der Hauptverhandlung zu Tage gefördert werden könne.

Zeugin: „Vom Jugendamt unter Druck gesetzt“

Bei der Befragung vor Gericht sagte die Zeugin zuerst: Beide Versionen des Protokolls würden stimmen. Schließlich gab die Frau an, vom Jugendamt unter Druck gesetzt worden zu sein: Ihr damaliger Sozialarbeiter habe von ihr verlangt, für ihre Tochter eine sichere, also cannabisfreie Umgebung zu schaffen. Ihr Kind sei wegen des Suchtgiftes in die Kinderpsychiatrie eingeliefert worden. Deshalb sei sie zur Polizei gegangen, um ihren damaligen Freund anzuzeigen. Der Polizist habe ihr dann den Rat gegeben, dass der Haftbefehl gegen ihren Freund schneller ergehen würde, wenn er allein der Beschuldigte wäre. Da war das erste Protokoll aber schon unterschrieben.

Also wurde ein zweites Protokoll angefertigt, diesmal ohne den 26-jährigen Hauptangeklagten zu belasten - so die Zeugin. Richter Norbert Jenny fragte die Frau, ob sie der Polizist darüber aufgeklärt habe, dass sie in diesem Fall eine Straftat - nämlich Begünstigung - begehe? Sie wisse es nicht mehr, sagte die Zeugin. Ihr Kind habe trotzdem nicht mehr nach Hause gewollt.

Polizist enthielt sich der Aussage

Der in den Zeugenstand berufene Polizist entschlug sich der Aussage, um sich nicht selbst belasten zu müssen. Gegen ihn läuft ein Strafverfahren in der Causa. Der Angeklagte selbst zeigt sich vor Gericht teilweise geständig. Der 26-Jährige soll seit sechs Jahren neben legalen Cannabis-Pflänzchen auch kiloweise illegales Cannabiskraut verkauft und die Drogen über einen Mittelsmann aus Spanien nach Kärnten gebracht haben.

Weil ein Zeuge seine vor der Polizei gemachten Aussagen teilweise zurückzog, soll nun auch die zweite, am Protokoll beteiligte Polizistin befragt werden. Bevor der Prozess vertagt wurde, willigte der Angeklagte auf Nachfrage seiner Anwälte ein, eine stationäre Suchtgifttherapie zu machen.

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