RH-Bericht ortet „Multiorganversagen“

Wie der Griss-Bericht sieht auch der Rechnungshof eine Art Multiorganversagen rund um die Hypo-Notverstaatlichung Ende 2009. Alle involvierten Stellen rund ums Hypo-Milliardendesaster haben ihre Aufgaben aus Sicht von Rechnungshofpräsident Josef Moser „unzureichend erfüllt“.

Das Problem entstand demnach in der Hypo selbst schon Jahre vor der Notverstaatlichung im Dezember 2009, so Moser nach der Veröffentlichung des entsprechenden RH-Berichts zur APA. Nach aufgebauten Problemen mit massenhaft ungeprüften Krediten - für Moser das ursprüngliche Grundproblem - hätten die Aufsichtsstellen FMA, OeNB und Fimbag zu lange praktisch nebeneinander hergearbeitet, so der RH-Präsident. Das Finanzministerium habe dabei zugeschaut.

Systemrelevanz erst durch Landeshaftungen

Erst die Landeshaftungen hätten die Hypo systemrelevant gemacht. Der Bund habe seine Prüfrechte nicht ausgenutzt, die FMA Hypo-Geschäfte nicht begrenzt. Informationen, die sich die einzelnen Stellen erarbeitet bzw. geholt hätten, seien Infos innerhalb der einzelnen Stellen geblieben, was Probleme auslöste. „Jeder hat Informationen für sich alleine betrachtet. Insgesamt waren die Stellen nicht ausreichend vernetzt. Getrennt wurde immer auf den anderen gewartet - nach dem Motto: Der wird schon eine Maßnahme setzen“, so Moser. „Letztendendes stand man überrascht da.“

Die finalen Verhandlungen über die Zukunft der Hypo fanden unter Zeitdruck statt. Die BayernLB verschärfte durch die Kündigung von Liquiditätslinien die Situation, die abwartende Haltung von Bundesstellen erhöhte den Zeitdruck, so der RH.

Der Rechnungshof erinnert im Endbericht zur Hypo-Notverstaatlichung - ohne den Namen des damaligen ÖVP-Finanzministers Josef Pröll zu nennen -, dass dieser berechtigt war, „Auskünfte der FMA über alle Angelegenheiten der Finanzmarktaufsicht einzuholen“. Auch hätte Pröll im Vorfeld „die FMA mit der Durchführung bestimmter bankenaufsichtsrechtlicher Sonderprüfungen beauftragen“ können, so der RH.

Keine Sonderprüfungen durchgeführt

Trotz der ab Ende April 2009 für die Finanzmarktbeteiligung Aktiengesellschaft des Bundes (Fimbag) und das Finanzministerium unter Minister Pröll erkennbaren zunehmenden Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation der früheren Hypo, nutzten beide Stellen laut RH aber nicht die dem Bund zustehenden Buch-, Betriebsprüfungs- und Einsichtsrechte für eine weitergehende Informationsbeschaffung über die wirtschaftliche Lage der Hypo im Sinne einer Due-Diligence-Prüfung. Die FMA wiederum habe weder Geschäfte der Hypo begrenzt noch höhere Mindesteigenmittelerfordernisse vorgeschrieben.

Das Finanzministerium signalisierte gegenüber Bayern frühzeitig - Ende August 2009 - den Ausschluss eines Insolvenzszenarios, so der Rechnungshof. Die Fimbag schlug dem Finanzministerium nicht vor, nach Einschuss des Partizipationskapitals 2008 auf Kosten der Bank Buch-, Betriebsprüfungs- und Einsichtsrecht auszuüben. Das Finanzministerium wies die Sicht des Rechnungshofes (und der Griss-Kommission) zurück, wonach es eine Insolvenz frühzeitig ausgeschlossen habe. Zudem habe man „in keinster Weise Bereitschaft signalisiert, die Eigentümerrolle zu übernehmen“.

Kogler: Konsequenzen trotz schlechter Recherche

Der Grüne Finanzsprecher Werner Kogler, der mit seiner Fraktion die Prüfung der Vorgänge bei der Notverstaatlichung angestoßen hatte, sagte, es sei nicht zu glauben, dass alle involvierten Stellen „schlampig und dumm“ gehandelt hätten. „Das was trotz schlechter Recherche bekannt war, hätte immer noch ausreichen müssen, dass man als Einzelinstitution strengere Konsequenzen ziehen hätte müssen“, sagte der Grün-Mandatar im APA-Gespräch. Die Notenbank sagte im RH-Bericht, sie habe die RH-Empfehlungen zu einer koordinierten Vorgehensweise im Sinne einer „lesson learned“ („Lektion gelernt“) zur Kenntnis genommen.

Von SPÖ und ÖVP wurde in erster Linie darauf verwiesen, dass es ohne das Eingehen der Landeshaftungen in vielfacher Milliardenhöhe unter FPÖ-Ägide nie soweit gekommen wäre, die Hypo notverstaatlichen zu müssen. Die Oppositionsparteien FPÖ, Team Stronach und NEOS sahen sich in ihrer Kritik an der Hypo-Notverstaatlichung bestätigt. Die Republik Österreich stellte der früheren Hypo Alpe Adria im Zeitraum 2008 bis Ende Juni des Vorjahres 4,35 Milliarden Euro an Kapital und 1,2 Milliarden Euro an Haftungen aus den Mitteln des Bankenpakets zur Verfügung, erinnert der RH.

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