Paradiso-Prozess: Belastungszeuge relativiert

Im Hypo-Prozess um Kredite für das gescheiterte Kunstprojekt Paradiso hat am Nachmittag ein Hypo-Mitarbeiter als Zeuge seine belastenden Aussagen relativiert. Im Ermittlungsverfahren hatte er noch von „Druck“ gesprochen.

Der Hypo-Mitarbeiter nannte sich im Ermittlungsverfahren noch „Erfüllungsgehilfe“ der Vorstände in der Abwicklung des Paradiso-Kredits und erklärte, dass man auf ihn Druck ausgeübt habe. In der Hauptverhandlung am Landesgericht Klagenfurt hingegen revidierte und relativierte er seine Aussagen. Der Zeuge war Bearbeiter des Kredits in der Höhe von 7,5 Mio. Euro, den die Hypo Österreich den Söhnen des Künstlers Ernst Fuchs für die Realisierung eines Kunstparks in Wien im Jahr 2004 gewährte. Auf seinen Aussagen im Ermittlungsverfahren fußen großteils die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen die Ex-Vorstände Wolfgang Kulterer, Günter Striedinger und Gert Xander sowie den Werber Gernot Rumpold.

Nachfrage der Richterin

„Wurde Druck auf Sie ausgeübt?“, fragte Richterin Ute Lambauer. Der Werber Gernot Rumpold als Vermittler des Kredits habe immer wieder nachgefragt, antwortete der Zeuge. „Dieser Druck war für Sie ,maßgeblich’?“, stieß die Richterin nach. Dieses Wort hatte der Zeuge im Ermittlungsverfahren angegeben. „Ich weiß nicht, ob die Kollegen das richtige Wort protokolliert haben“, meinte der Hypo-Mitarbeiter nun.

Seine vorhergehende Aussage begründete er jetzt damit, dass er die Unterlagen und den Auftrag bekommen habe diese zu prüfen. „Das ist kein Erfüllungsgehilfe. Hat jemand zu Ihnen gesagt: Mach das so. Ich will, dass das so gemacht wird?“, sagte Lambauer. Darauf der Zeuge: „Nein, das ist nicht passiert.“ Der Ausdruck „Erfüllungsgehilfe“ sei unglücklich gewählt gewesen. Er habe das seiner Erinnerung nach auch nicht so gesagt, warum es so dastehe, wisse er nicht. „Ich habe das anscheinend so akzeptiert, wie es der Polizeibeamte formuliert hat.“

Sieben Angeklagte

Sieben Angeklagte, unter ihnen Ex-Bankchef Wolfgang Kulterer und Ex-Werber Gernot Rumpold, müssen zu dem gescheiterten Wiener Kunstpark-Projekt Paradiso und Kreditvergaben in Kroatien Stellung beziehen. Das Kunstpark-Projekt wird allen Sieben zur Last gelegt, für die Kroatien-Kredite müssen sich Kulterer, Günter Striedinger und Gert Xander verantworten

Zeuge: Kredit plausibel

Weiters erklärte der Bankmitarbeiter, er habe in einen Kreditantrag nie etwas anderes hineingeschrieben, als er selbst habe hineinschreiben wollen. Die Punkte des Paradiso-Kredits seien plausibel und nachvollziehbar gewesen und er habe keinerlei Bedenken gehabt. Auch von „kritischen Hinweisen“, wie er sie im Ermittlungsverfahren angemerkt hatte, war in der Hauptverhandlung nicht mehr die Rede. Er konnte sich im Detail nicht mehr daran erinnern.

„Sie haben bei der Polizei auch ausgesagt, dass Sie scheinbar dazu ausgewählt wurden, den Kredit entsprechend den Wünschen der Vorgesetzten abzuwickeln“, hielt ihm die Richterin weiter vor. „Ja, wenn es machbar ist“, so der Zeuge. Er habe öfters Finanzierungen von Projekten gemacht, daher sei dieses Vorhaben auf seinem Tisch gelandet. Der Risikomanager habe sich zum Teil kritisch über einige Punkte geäußert, zusammenfassend aber festgestellt, dass das Projekt realisierbar sei, meinte er weiter. Er sei im Grunde zu demselben Schluss gekommen, sonst hätte er den Kreditantrag nicht gestellt.

Vorstände wiesen Vorwürfe zurück

Die Vorstände, die den Kreditantrag zur Beschlussfassung vorgelegt bekamen, hatten in ihrer Einvernahme stets erklärt, nicht gewusst zu haben, dass drei der 7,5 Mio. Euro des Kredits für Kunstwerke vorgesehen gewesen seien. Dazu sagte der Hypo-Mitarbeiter, das sei von Anfang an klar und so vereinbart gewesen. „Warum steht das im Kreditantrag nicht drin? Ist das nicht wesentlich?“, fragte Lambauer. „Ich kann nicht nachvollziehen, warum es nicht drin ist“, antwortete der Zeuge.

Antrag auf Einstellung des Verfahrens

Aufgrund der Ergebnisse dieser Befragung stellten die Verteidiger den Antrag, das Verfahren einzustellen. Das Beweisverfahren habe ganz klar ergeben, dass ihre Mandanten keinen Einfluss auf die Kreditbeurteilung genommen haben und es kein Indiz für einen Tatplan gebe, erklärten sie. „Die Verteidigung hält die Anklage für einen Missbrauch von Steuergeldern“, sagte Wilfried Ludwig Weh, der Anwalt des Ex-Prokuristen. Der Staatsanwalt sprach sich gegen die Anträge aus. Die Richterin vertagte den Prozess auf Donnerstag.

Vormittag: Letzter Angeklagter einvernommen

Am Vormittag wurde der ehemalige Prokurist als letzter der Angeklagten befragt. Albin Ruhdorfer war zum Untersuchungszeitraum in den Jahren 2004 und 2005 Leiter jener Abteilung in der Hypo Österreich, die für die Bearbeitung des Kredits zuständig war. Auf Fragen von Richterin Ute Lambauer erzählte Ruhdorfer, seiner Erinnerung nach vom Kreditwunsch Paradiso erstmals von jenem Sachbearbeiter erfahren zu haben, der mit seinen Aussagen die Angeklagten massiv belastet hatte, indem er angegeben hatte, den Kreditfall auf Wunsch seiner Vorgesetzten positiv bearbeitet zu haben.

Keine Erinnerung nach zehn Jahren

Ruhdorfer wusste nicht mehr, wie besagter Mitarbeiter zu dem Fall gekommen war und konnte auch nicht ausschließen, dass er selbst ihm den Auftrag und die Unterlagen gegeben hatte - er habe nach zehn Jahren keine Erinnerung daran. Seine Abteilung habe damals mehr als 300 Kunden mit einem Kreditvolumen von rund 650 Mio. Euro zu betreuen gehabt. Weiters sagte der Ex-Prokurist, er habe über die Existenz des Kreditfalls Bescheid gewusst, die Detailarbeit sei aber „Kundenbetreuerjob“ gewesen. Dabei habe er sich auf seine Mitarbeiter immer verlassen können.

„Alle Stellungnahmen positiv“

Im Fall Paradiso seien alle Stellungnahmen positiv gewesen, daher habe er geschaut, dass der Antrag in die entsprechenden Gremien komme. Er konnte sich auch an keine „kritischen Hinweise“ des Sachbearbeiters erinnern. „Wenn er Bedenken gehabt hätte, hätte das Inhalt des Kreditantrags sein müssen“, sagte der Angeklagte. Er habe auch nicht gewusst, dass das Projekt von Wiener Banken abgelehnt worden sei. Den Kreditantrag hat er nicht unterschrieben. Wahrscheinlich sei er zu diesem Zeitpunkt nicht im Haus gewesen, meinte der Ex-Prokurist. Es sei aber ausreichend und korrekt gewesen, wenn - wie in diesem Fall - zwei Kreditberater das Schriftstück unterzeichneten.

Ruhdorfer schloss auch dezidiert aus, irgendeinen Mitarbeiter unter Druck gesetzt und mit Konsequenzen gedroht oder jemandem Weisungen erteilt zu haben. „Das war nicht meine Art“, präzisierte er. Die Kundenbetreuer seien lediglich angehalten gewesen, alle Angelegenheiten zügig zu bearbeiten.

Angeklagter: Keine Interventionen

Interventionen für den Kredit - etwa vom Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ), dem damaligen freiheitlichen Landeshauptmann Jörg Haider oder auch von einem Vorgesetzten in der Hypo - habe es keine gegeben, erklärte der Angeklagte. Zur Aussage des Kreditbearbeiters, dass ein Nahverhältnis zwischen ihm und dem damaligen Vorstand der Hypo International, dem ebenfalls angeklagten Wolfgang Kulterer, bestanden habe, sagte der Manager: „Naheverhältnis ist ein Blödsinn.“ Kulterer sei Ansprechpartner für viele Kunden gewesen und habe sich daher auch in der Akquisition betätigt. Dass er die Unterlagen für das Paradiso-Projekt von Kulterer bekommen habe, könne er folglich nicht ausschließen.

Der Manager sagte auch aus, dass ihm der ebenfalls angeklagte Werber Gernot Rumpold, der den Kredit vermittelt hatte, persönlich nicht bekannt gewesen sei, den Namen habe man aber aus den Medien gekannt.

Morgl sagte nicht aus

Hypo-Ex-Vorstand Thomas Morgl berief sich auf sein Aussageverweigerungsrecht. Gegen ihn war in der Causa ebenfalls ermittelt und Anklage erhoben worden. Er hatte jedoch Einspruch erhoben, dem vom Oberlandesgericht Graz stattgegeben wurde. So war er in diesem Verfahren nicht Angeklagter, sondern Zeuge.

Morgl hatte den Kreditantrag im Credit Committee mit seiner Unterschrift bewilligt. Er hatte in Vertretung von Wolfgang Kulterer, der zu diesem Zeitpunkt dienstlich in London gewesen war, an der Sitzung teilgenommen. Morgl sagte, er habe bereits umfänglich ausgesagt, darüber hinaus habe er nichts mehr zu sagen. Es gebe weitere Kreditvergaben, wegen derer ermittelt werde. Der Staatsanwalt sah im Hinblick auf eine Wiederaufnahme des Verfahrens durchaus Selbstbelastungsgefahr. Richterin Lambauer machte den Vorschlag, Morgls Aussage zu verlesen, erhielt aber bei Staatsanwalt und Verteidigern keine Einstimmigkeit.

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