Justizgroteske um Missbrauchsprozess

Ein Kärntner steht in Verdacht, in Thailand zwei Buben sexuell missbraucht zu haben. Zuständig sind zwar die österreichischen Gerichte, der Prozess ist aber seit fast zwei Jahren unterbrochen. Mittlerweile wurde in dem Fall auch eine Kärntner Aktivistin angeklagt.

Es wurde als Erfolg gesehen, dass ein österreichisches Gericht auch dann zuständig ist, wenn nachgewiesen wird, dass jemand als Sextourist beispielsweise in Thailand mit Kindern sexuellen Kontakt hatte. „Österreich jagt Kinderschänder in Thailand“, lauteten die Schlagzeilen vor zweieinhalb Jahren. Da war Innenministerin Johanna Mikl-Leitner mit Journalisten auf Thailand-Reise, um ein Polizeiabkommen zu unterzeichnen. Ein österreichischer Verbindungsoffizier wurde dort stationiert.

Als erster Erfolg wurde der Fall eines 43-jährigen Kärntners präsentiert. Die thailändische Polizei soll ihn vor vier Jahren mit zwei fast nackten Buben erwischt und festgenommen haben. Auch kinderpornografisches Material sei sichergestellt worden, hieß es damals. Doch später wurde das Verfahren in Thailand eingestellt. Beim Besuch der Innenministerin hieß es dann, dank des Verbindungsoffiziers in Thailand seien Unterlagen sichergestellt worden, nun könne der Kärntner, der in Wien lebt, in Österreich angeklagt werden.

Der Kärntner wurde auch angeklagt, aber seit fast zwei Jahren ist der Prozess nun unterbrochen. Gerichtssprecherin Christina Salzborn sagt, es habe Probleme mit Dokumenten und Zeugenaussagen aus Thailand gegeben. Angeblich soll die Befragung von zwei Straßenkindern per Video geplant aber bisher gescheitert sein. Außerdem gibt es laut Salzborn in Österreich nur einen einzigen Gerichts-Dolmetscher und Übersetzer für das Thailändische.

Aktivistin wegen übler Nachrede angeklagt

Der mutmaßliche Sexualstraftäter ist also auf freiem Fuß und hat seinen Namen geändert. Die Kärntner Aktivistin Hermine Reisinger befürchtet, er könnte unter neuem Namen wieder nach Thailand reisen und Kinder missbrauchen. Sie thematisierte das auch auf ihrer Internet-Seite „Gegen sexuelle Gewalt“ und veröffentlichte dabei den Beruf und zumindest Teile des Namens des mutmaßlichen Täters.

Die Folge war eine Privatanklage gegen Reisinger wegen „übler Nachrede“. Für Reisinger unverständlich: „Für den Laien ist es nicht zu verstehen, dass der mutmaßliche Täter in Österreich vier Jahre frei herumläuft. Womöglich werde ich schneller verurteilt als er.“

Prozessfortsetzung weiter unklar

Oliver Scherbaum, ein Anwalt des 43-jährigen Kärntners sagt, Reisinger habe die Unschuldsvermutung verletzt. Im Klagsschreiben gegen sie ist außerdem von unwahren Anschuldigungen die Rede. Personen, die in das Hotelzimmer des Kärntners in Pattaya eingedrungen seien, hätten sich als Polizisten ausgegeben und ihm fern jeglicher Realität Kindesmissbrauch vorgeworfen. Und Ernst Schilhammer, ein weiterer Anwalt des Kärntners sagt, er prüfe genau, ob die hohen österreichischen Standards für Beweismittel und Zeugenaussagen eingehalten werden. Wann der Missbrauchsprozess fortgesetzt wird, bleibt unklar.