Regierung um Schadensbegrenzung bemüht

Am Montag hat in Klagenfurt ein Krisengespräch der Regierungsparteien zur Lage im Görtschitztal stattgefunden. Laut Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) gebe es derzeit keine Belastungen mit HCB mehr. Volksanwalt und Umweltminister wollen unterdessen Aufklärung.

Auf politischer Ebene trafen einander Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), Umweltreferentin Beate Prettner, Agrarreferent Christian Benger (ÖVP) und Umweltreferent Rolf Holub (Grüne). Landeshauptmann Kaiser nach der Sitzung: „Ich kann feststellen, dass es keine Belastung mehr in der Luft gibt, die aktuell ausgelöst wird. Die Verbrennung wurde eingestellt; es gibt keine Gefährdung im Wasser, keine im Boden und keine in Milchprodukten. Die, die seit 7.11. beprobt wurden und Auffälligkeiten hatten, wurden ausgeschieden und nicht in Verkehr gebracht“ - mehr dazu in Tests: Futter belastet, Milch HCB-frei.

Hexachlorbenzol in Milch und Futter

Hexachlorbenzol (HCB) ist ein Beizmittel, das bis 1991 für Getreide eingesetzt wurde, um Schimmel zu verhindern. Es wurde von der Donau Chemie in Kärnten hergestellt. Der mit HCB belastete Blaukalk wird von den Wietersdorfer und Peggauer Zementwerken gebrannt. Eigentlich dürfte es bei einer Temperatur von bis zu 1.000 Grad keine Rückstände geben, so Experten. Bei Wietersdorfer wurden jedoch Fehler gemacht und der Kalk mit zu niedriger Temperatur gebrannt. So gelangte HCB in die Luft und ins Tierfutter, in weiterer Folge in die Milch.

Benger verteidigt sein Vorgehen

Vor der ersten und bisher einzigen Grenzwertüberschreitung im November gab es bisher keine Auffälligkeiten. Zuvor hatte es nur erhöhte Werte gegeben, diese lagen allerdings unter den vorgegebenen Grenzwerten, sagte Kaiser. Beim Krisengipfel wurde auch über die weitere Vorgehensweise beraten. Künftig sollen solche Angelegenheiten referatsübergreifend bearbeitet werden, um ein unkoordiniertes Vorgehen innerhalb der Regierung zu verhindern. Nach Ansicht von Agrarreferent Christian Benger (ÖVP) war die Vorgehensweise gerechtfertigt. Er gab ja eine Pressekonferenz, die offenbar einige Politiker überrascht hatte: „Wir haben keine Wahl gehabt. Es wurden die Grenzwerte überschritten, Betriebe mussten gesperrt werden und die Öffentlichkeit informiert werden.“

Infoveranstaltung am 4. Dezember

Am kommenden Donnerstag, dem 4. Dezember sollen neue Untersuchungsergebnisse zu den HCB-Emissionen im Görtschitztal vorliegen. Wietersdorfer lädt die Bürger gemeinsam mit dem Umweltamt der Kärntner Landesregierung und der zuständigen Umweltmedizinerin zu einer Informationsveranstaltung. Diese findet um 19.00 Uhr im Werkskulturhaus, Marktstraße 4, in Klein St. Paul statt.

Kein Kommentar zu Koalition

Ob diese Warnungen tatsächlich in diesem Ausmaß notwenig gewesen wären, wird von Umweltlandesrat Rolf Holub von den Grünen zumindest angezweifelt: „Es wäre wahrscheinlich ein nicht ganz so emotional geworden, aber wir haben auch nichts zu verstecken. Auch die Politik kann Fehler machen.“ Zu politischen Fragen, ob die Vorgangsweise bei diesem Thema eine Belastung für die Koalition sei, wollte niemand Stellung nehmen. Die Sicherheit der Bevölkerung stehe derzeit an erster Stelle, betonten alle.

Volksanwalt will prüfen

Volksanwalt Peter Fichtenbauer kündigte am Montag an, eine amtswegige Prüfung des Falles einzuleiten. Laut vorliegender Medienberichten stamme das Umweltgift aus einer der größten und gefährlichsten Industrie-Altlasten Österreichs, so der Volksanwalt in einer Aussendung am Montag. Am Gelände der Donau Chemie wurden jahrzehntelang Umweltgifte produziert und deponiert. An der Sanierung dieser Altlasten wird seit mehr als 20 Jahren gearbeitet - mehr dazu in U-Ausschuss zu HCB wahrscheinlich.

Info-Hotlines

Unter der Telefonnummer 050 536 15205 erhält man Informationen zu technischen Detailfragen. Fragen betreffend möglicher umweltmedizinischer Auswirkungen werden unter der Nummer 050 536 15121 beantwortet.
Infoseite der Landesregierung

„Wer was wann wusste“

„Wie nach einer derartig gut erforschten, lang vorbereiteten und hoch subventionierten Sanierung nach dem Altlastengesetz, ein hochgefährliches Umweltgift aufs Neue freigesetzt werden konnte, werden wir ganz genau prüfen“, so Fichtenbauer. Er kündigte für die kommenden Tage eine Anfrage an den Umweltminister an. „Ich will vom zuständigen Umweltminister wissen, wer, was, wann wusste und welche Kontrollen durchgeführt wurden. Vor allem aber werden wir die vorgeschriebenen Kontroll- und Sicherheitsvorkehrungen systematisch analysieren, um beurteilen zu können, ob ein behördliches Versagen vorliegt und ob die Sicherheiten zum Schutz der Bevölkerung im Umweltrecht streng genug sind“, so Fichtenbauer.

Minister: Transparente Aufklärung

Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) sagte in einer Azssendung am Montag, alle Fakten müssen so rasch wie möglich auf den Tisch, um eine umfassende und transparente Aufklärung sicherzustellen. Danach seien die notwendigen Schritte und Maßnahmen zu setzen. Das Umweltministerium werde das Land Kärnten bei der Aufarbeitung selbstverständlich unterstützen.

w&p: Produkte frei von HCB

Die Wietersdorfer Zementwerke betonten am Montag in einer Aussendung, dass ihre Produkte mit Sicherheit frei von HCB seien. Die Firma garantiere laut Geschäftsführer Wolfgang Mayr-Knoch dafür. Gleichzeitig machte das Zementwerk darauf aufmerksam, dass die Sitzung mit dem Bürgerbeirat am Montagabend in Wietersdorf noch nicht öffentlich sei. Zu einer Sitzung für alle Anrainer werde es in den nächsten Tagen kommen, sobald weitere Ergebnisse von Proben vorliegen.

Zu dem Thema gibt es am Montag ab 20.04 eine Streitkultur in Radio Kärnten - mehr dazu in Radio Kärnten Streitkultur. == Links: ==