Konjunktur: Aufschwung nicht in Sicht
Jedes Jahr führt die Arbeiterkammer Kärnten eine Umfrage unter Betriebsräten durch, heuer waren es 215. Die Stimmung habe sich leicht gebessert, der Optimismus ist aber noch gedämpft. Nicht einmal jeder fünfte Arbeitnehmervertreter rechnet mit einem Aufschwung, die Arbeitslosigkeit werde noch steigen. Die Kaufkraft sei schlecht und das Wachstum Kärnten unter dem Österreichschnitt. Gleichzeitig beklagt jeder vierte Betriebsrat in Kärnten einen Mangel an Facharbeitern, speziell in der Baubranche.
Dort solle aber auch im nächsten Jahr laut der Umfrage Personal abgebaut werden. AK-Präsident Günther Goach sagte, viele gute Facharbeiter, insbesondere im Baubereich, wandern teilweise ins Ausland ab, wenn es hier keine entsprechenden Jobs gebe.
AK will Steuerreform von sechs Mrd. Euro
Um mehr Kaufkraft zu schaffen und den Arbeitsmarkt zu beleben, fordert Goach eine rasche Steuerreform im Umfang von sechs Milliarden Euro. Das sei um eine Milliarde mehr, als die Bundesregierung plane. Diese Milliarde könne leicht gegenfinanziert werden, so Goach, weil die Inlandskaufkraft steige. Die Menschen zahlen ja Steuern, wenn sie einkaufen.
Die Betriebsräte werden außerdem immer öfter von Kollegen ab dem 45. Lebensjahr konfrontiert, die Angst um ihren Arbeitsplatz haben, ergab die Umfrage. Die Arbeitslosigkeit bei den über 45 jährigen ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Sie sind auch am öftesten von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen und hier hat es heuer in den ersten neun Monaten eine Zunahme der Arbeitslosigkeit von 85 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres gegeben.
Auch Unternehmer wenig optimistisch
Eine Umfrage der Wirtschaftskammer und des Instituts für Höhere Studien (IHS) unter 1.000 Unternehmern zeigte, dass auch die Unternehmerseite wenig optimistisch ist. Derzeit bewege sich die Kärntner Wirtschaft laut WIKA auf dem Niveau von Ende des Jahres 2012. Das vom IHS noch Anfang des Jahres prognostizierte Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent werde heuer nicht erreicht.
Nur 20 bis 25 Prozent der Kärntner Unternehmer wollen laut Umfrage in den nächsten Jahren Investitionen tätigen. Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von Pessimismus, was die Auftragslage betrifft, bis hin zu bürokratischen Hürden. Studienautor Gottfried Haber: „Geringe Kaufkraft, verändertes Kundenverhalten, Belastungen von Steuern und Lohnnebenkosten, generelle wirtschaftspolitische und politische Risiken – das reicht von regionalen bis hin zu Osteuropa – Ukraine – Russland-Themen, die die Wirtschaft hier beschäftigen und nicht zuletzt auch bürokratische Hürden, die die Entfaltung des Unternehmertuns hier hemmen.“
Zudem gebe es laut WIKA „täglich mehr Vorschriften für Unternehmer“. Ein spezielles Kärntner Problem sei aber auch die schlechte Wirtschaftslage in den Nachbarländern. WIKA-Präsident Jürgen Mandl sagte, es habe Auswirkungen auf Kärnten, wenn die Wirtschaft in Italien und Slowenien nicht gut laufe. Auch beim Kärntner Hoffnungsträger „Export“ beginne es sich einzutrüben.
Kaiser will sich für Investitionen einsetzen
Vonseiten der Kärntner Politik werden große Hoffnungen in die Winterbauoffensive, mit Ausbildungsförderungen und den bevorstehende Ausbau des Breitband-Netzes gesetzt. Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) will sich jedoch auch in Brüssel für eine Änderung der Masstricht-Kriterien stark machen, was Investitionen der öffentlichen Hand anbelange. Konkret geht es dabei um Infrastrukturinvestitionen, die auf mehrere Jahre verteilt aufscheinen sollten. Kaiser: „Es ist ein Unterschied, ob ich den Leuten einen Teuerungsausgleich gebe oder ob ich in Infrastruktur wie Bahnlinien investiere. Diese Bereiche sind anders zu bewerten. Ich hoffe, dass man bei der EU merkt, dass man Investitionen nicht durch eigene Finanzmarktregeln hemmen darf.“
Grünen wollen Zukunftsfonds öffnen
Kaiser fordert die Öffnung der Milliardenrücklagen im EU-Bankenschutzschirm für die Belebung der Wirtschaft in Europa. Der Koalitionspartner will gleich auch den Zukunftsfonds öffnen. Rolf Holub (Grüne): Schauen wir jetzt 100 Jahre zu, bis er immer weniger wird und irgendwann weg ist oder sind wir bereit, Investitionen die dringend notwendig sind so zu tätigen, dass ein Euro zehn Euro ausmacht."
Für LR Christian Benger von der ÖVP ist die Emotionalität, mit der die Unternehmer ihrer Sorge Ausdruck verliehen haben, ein Hinweis für den Ernst der Lage.
Arbeitslosigkeit bliebt konstant hoch
Laut IHS stehe auch für 2015 ein verhaltenes Wirtschaftswachstum bevor. 2014 soll der regionale BIP um 0,5 Prozent, 2015 um 1,3 Prozent steigen. Praktisch keine Zuwächse soll es in der Bauwirtschaft (+0,5 Prozent) geben. Mit diesem schwachen Wachstum werde sich auch die Arbeitslosigkeit nicht wirklich verbessern. Die Experten rechnen für heuer und nächstes Jahr mit einer gleichbleibend hohen Arbeitslosenquote, jedoch 2015 auch mit einem leichten Anstieg der Beschäftigung (+0,6 Prozent).
Keine neue Krise, aber eingetrübte Aussichten
Ungeachtet der trüben Aussichten blickt Studienautor Gottfried Haber auch mit Optimismus in die Zukunft: „Wir sehen keinen massiven Knick, also nicht die Krise 2.0 oder 3.0, die wiederkehrt, aber durchaus eingetrübte pessimistische Erwartungen gepaart mit geringer Investition.“
Italienisches Unternehmen schafft Arbeitsplätze
Es gibt aber auch Lichtblicke: Ein italienisches Unternehmen aus der Feinmechanik-Branche will in der ehemaligen Fabrikhalle in Klagenfurt Metalteile für die Bekleidungs- und Modebranche herstellen, also zum Beispiel Gürtelschnallen oder Taschenschließen. Marco Bartolett von BB Feinmechanik: „Ich habe hier in Klagenfurt vier Millionen Euro investiert und wir produzieren ab Jänner mit bis zu 25 Personen. Die Anlage ist aber so groß, dass wir später auch weitere Mitarbeiter aufnehmen können.“ Mehr solcher Betriebsansiedlungen wären - angesichts der vorgestellten Wirtschaftsprognosen - wünschenswert.
Links:
- Gewerbetreibende wenig optimistisch (kaernten.ORF.at; 2.10.2014)
- WK-Studie: Zu wenig Lehrlinge