Bund dreht Kärnten den Geldhahn ab

Der Bund gewährt Kärnten aktuell keine günstigen Kredite über die Bundesfinanzierungsagentur, was Kärnten teuer kommen könnte. Die Kärntner Politik vermutet, man solle so zu einem Beitrag zum Hypo-Abbau gezwungen werden. Der Bund dementiert.

Kärnten braucht im Juli 100 Mio. Euro zur Refinanzierung. Diese erfolgt üblicherweise über die Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA), die auf Basis des Ratings der Republik Kredite aufnimmt und diese an die Bundesländer weitergibt. Der 100-Millionen-Kredit für Kärnten wird jedoch seit Wochen nicht realisiert. Die Geschäftsführerin der ÖBFA, Martha Oberndorfer, erklärt das laut „Kurier“ damit, dass sie Geld nur aufnehmen kann, wenn sie vom Finanzminister dazu aufgefordert werde, und das sei bisher nicht erfolgt.

Sollte das Land die 100 Millionen Euro auf dem freien Kapitalmarkt aufnehmen müssen, dann könnten die Konditionen deutlich schlechter, also teuer, ausfallen, kritisierte Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) am Freitag. Er ortet „Disziplinierungsversuche“, es werde damit Druck auf Kärnten ausgeübt, einen Beitrag zum Hypo-Abbau zu leisten. „Da wird ein Druckmittel eingesetzt, das in dieser Form neu ist", so Kaiser.

Kaiser dementiert Vorwürfe des Ministeriums

Aus dem Finanzministerium hieß es am Freitag dazu, wenn sich Bundesländer über die Bundesfinanzierungsagentur verschulden, müssten sie aufgrund der jeweiligen Kreditverträge sowie der Risiko-und Compliancerichtlinien der ÖBFA bestimmte Mindestanforderungen einhalten. Im Fall Kärntens bedeute das, nun einen langfristigen Rückzahlungsplan vorzulegen. Ein schlüssiger Rückzahlungsplan Kärntens liege derzeit aber noch nicht vor. Es gebe aber laufend Gespräche zu diesem Thema. Kaiser wies das zurück: Kärnten habe sehr wohl einen Rückzahlungsplan vorgelegt. „Wir haben alle Unterlagen vorgelegt, das Ganze hat offenbar System“.

Dem Finanzreferat des Landes wurde übrigens seitens der Bundesfinanzierungsagentur erklärt, dass man bis 11. Juni keinen Kredit für das Land aufnehmen könne , weil einer der beiden Geschäftsführer auf Urlaub sei. Dem Land wurde auch geraten, sich auf dem Kapitalmarkt um eine Finanzierung umzuschauen. Zudem hätten die Gesprächspartner bei der ÖBFA laut Austria Presse Agentur (APA) mehrmals auf den Finanzminister verwiesen. Fehlende Unterlagen seien hingegen nicht eingemahnt worden.

Schaunig: Nicht vertragskonform

Auch Finanzreferentin Gaby Schaunig (SPÖ) betonte, Kärnten habe alle Unterlagen vorgelegt. Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) habe sich vertragskonform zu verhalten. Es gebe bestehende Verträge zwischen dem Land Kärnten und der österreichischen Bundesfinanzierungsagentur. „Rechtlich ist eine Verknüpfung eines eventuellen Beitrages Kärntens zur Hypo-Lösung und die Freigabe von Finanzierungsmitteln des Landes Kärnten nicht möglich“, betonte Schaunig. Schon oft habe Kärnten Kredite über die Finanzagentur finanziert. Sollte es vom Finanzministerium keine Zusage für die Finanzierung geben, dann müsste sich Kärnten auf dem Kapitalmarkt finanzieren, und das sei wohl mit Mehrkosten verbunden. Sollte Kärnten Mehrkosten durch eine anderweitige Finanzierung haben, werde man diese beim Bund einfordern.

Breite Kritik an „Erpressungsmethoden“

Die Kärntner BZÖ-Abgeordneten Johanna Trodt-Limpl und Wilhelm Korak sprachen von „skandalösen Erpressungsmethoden Spindeleggers“. Noch nie sei derart Druck auf ein Bundesland ausgeübt worden, außerdem riskiere Spindelgger teure Zinsschäden für die Steuerzahler.

Für FPÖ-Obmann Christian Ragger ist die Kreditblockade „empörend“ und eine „feindselige Aktion gegen Kärnten“. Spindelegger wolle damit wohl einen Zwangsbeitrag Kärntens zur Hypo-Bank erreichen. Zudem werde die Grazer Wechselseitige Versicherung (GRAWE), 15 Jahre lang Hälfteeigentümerin der Hypo, völlig außer Acht gelassen. Die GRAWE habe sich nach dem Verkauf ihrer Hypo-Anteile an die Bayerische Landesbank im Jahr 2007 über 100 Millionen Euro an Steuern erspart. Möglich sei das über eine Konstruktion mit der Hypo-Bank Burgenland gewesen.

Als „erschütterndes Zeichen“ und klaren Beleg dafür, "dass die „großen Volksparteien" SPÖ und ÖVP endgültig am Ende sind“, wertete Landesrat Gerhard Köfer (Team Stronach) die Vorgänge rund um Kreditblockaden gegenüber Kärnten.

Sozialpartner empört

Wirtschaftskammer-Präsident Franz Pacher betonte, die Junktimierung der Hypo-Frage mit der Landesfinanzierung sei „rechtlich unzulässig, moralisch verwerflich und politisch abzulehnen“. Ein derartiger Akt der Erpressung eines Bundeslandes sei in der Geschichte des Bundesstaates Österreich wohl einzigartig. Eine Ansicht, die der Präsident der Kärntner Arbeiterkammer, Günther Goach, teilt: „Diese Vorgehensweise stellt die Solidarität der Republik infrage.“ Die Kreditblockade ist auch für Christoph Kulterer, den Präsidenten der Kärntner Industriellenvereinigung, unverständlich. „Das ist nicht der richtige Stil, um gemeinsam eine Schadensbegrenzung im Hypo-Skandal zu erreichen. Ich rufe dringend zu einer Versachlichung der Diskussion auf“, so Kulterer. Für Landwirtschaftskammer-Präsident Johann Mößler ist die Vorgehensweise „eines Rechtsstaates unwürdig“.

Bund: Kein Erpressungsversuch

Spindelegger sagte in einer ersten Stellungsnahme gegenüber der APA, dass er in die Causa gar nicht persönlich involviert gewesen sei. Ein Erpressungsversuch wird vom Bund jedenfalls bestritten. Das Land habe den notwendigen Rückzahlungsplan nicht vorgelegt, die Regeln würden aber für alle Bundesländer gleich gelten.

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