Mit Lebensmittel-Rettern unterwegs

Österreichweit landen jährlich etwa 157.000 Tonnen Lebensmittel im Müll - das sind Waren im Wert von etwa einer Milliarde Euro. Die Initiative „Foodsharing“ hat es sich zum Ziel gesetzt, Lebensmittel vor und aus dem Müll zu retten. Ihre Gratis-Ausgabestelle in Maria Elend wird regelrecht gestürmt.

Seit zwei Monaten betreiben etwa 20 ehrenamtliche Mitarbeiter in Maria Elend eine Gratis-Ausgabestelle für Lebensmittel. Jeden Mittwoch und Samstag Punkt 18.00 Uhr geht hier die Tür auf: Für alle, die ressourcenschonend mit Lebensmitteln umgehen wollen, die nicht mehr Geschäft verkauft werden dürfen - weil die Mindesthaltbarkeit überschritten ist. Es dauert auch kaum eine halbe Stunde, bis die vorher gut gefüllten Regale in der Foodsharing-Ausgabestelle wieder leer sind und Unmengen an Salat, Brot, Käse, Süßigkeiten und Gemüse neue Besitzer gefunden haben.

Foodsharing

ORF

Vier Ausgabestellen, eine fünfte vor der Eröffnung

140 Familien haben sich in den letzten beiden Monaten bei Foodsharing angemeldet. Mit so großem Zuspruch hatte die Initiatorin, Julia Petschnig, nicht gerechnet. „Also ich sage immer: Wenn ich es planen hätte wollen, dann hätte es sicher nicht so gut funktioniert und vor allem nicht so schnell. So hat es sich eigentlich in den letzten zwei Monaten entwickelt, dass wir in Klagenfurt eine fixe Ausgabestelle im Volkshaus haben, dass es in Villach einen Verteiler in einem Büro gibt und in Paternion eine Ausgabe. Auch in Feldkirchen soll es mit Mai starten. Es melden sich außerdem mehr oder weniger täglich Leute bei mir oder bei den Leuten in den Regionen, die mitarbeiten wollen.“

Containern

ORF

90-Jährige nutzt Foodsharing und kritisiert Handel

Lebensmittel „teilen statt wegwerfen“ ist das Motto von Foodsharing. Soziale Bedürftigkeit ist keine Voraussetzung. Willkommen ist jeder und zwar auch dann, wenn er selbst etwas abgeben möchte, etwa weil ein Urlaub vor der Tür steht. Der Handel darf Waren mit überschrittenem Mindesthaltbarkeitsdatum nicht mehr verkaufen und wirft sie in den Müll. Für die 90-jährige Maria Jobst ein Unding. Sie nutzt das Foodsharing-Angebot in Maria Elend seit dem ersten Tag: „Darüber habe ich mich schon oft gewundert und schließlich in einem Geschäft eine Verkäuferin gefragt, was sie mit den Lebensmitteln machen. Sie sagte, das schmeißen wir weg. Sehr schön, dachte ich bei mir: Das ist Österreich, seien wir uns ehrlich. Wo doch immer noch Menschen hungern und sehr dankbar dafür wären.“

Aktivisten werden beim „Containern“ fündig

Mittlerweile hat auch im Handel ein Umdenken begonnen. Bereits elf Kärntner Spar-Filialen geben ihre Waren den Lebensmittelrettern weiter. Die Aktivisten suchen aber auch mehrmals pro Woche die Container der Großmärkte ab oder bekommen Restposten aus Bäckereien.

Foodsharing

ORF

„Ressourcen werden vergeudet“

Foodsharing-Initiatorin Julia Petschnig: „Ich bin persönlich der Meinung, dass es ein Wahnsinn ist, Ressourcen zu vergeuden oder zu verbrauchen um etwas herzustellen, das dann unverwendet gleich wieder in den Müll wandert. Vor allem, da wir auch in Österreich nicht unbedingt in der Situation sind, dass es jedem leicht fällt, sich seine Lebensmittel zu beschaffen.“

Sechsköpfige Familie spart sich bis zu 400 Euro

Mit den Gratis-Lebensmitteln spart sich die sechsköpfige Familie von Christina Windisch bis zu 400 Euro im Monat. „Ich habe von einer Bekannten davon erfahren. Die Idee ist für mich sehr interessant, weil ich vier Kinder habe und man sich definitiv sehr viel Geld dadurch spart. Das Geld kann ich nutzen, um mit den Kindern einen Ausflug zu machen.“ Bedenken, ihre Familie mit Lebensmitteln aus dem Container zu versorgen, hat die Mutter nicht - im Gegenteil. Sie lehrt ihre Kinder, verantwortungsvoll mit Lebensmitteln umzugehen. Windisch: "Das Essen im Container ist sowieso meist im Karton oder in einem Sack, man wäscht es ab und es ist definitiv nicht schlecht. Wir hatten schon ein Joghurt zuhause, das einen Monat lang abgelaufen und trotzdem noch genießbar war. Was wirklich schlecht ist, tut man eben weg. Ich habe überhaupt keine Ängste, dass da etwas Schlechtes herauskommen könnte.“