Umsturz an Kärntner ÖVP-Spitze

In der Kärntner ÖVP ist es am Montag zum Umsturz an der Parteispitze gekommen. Der studierte Forstwirt Christian Benger übernimmt sowohl den Parteivorsitz von Gabriel Obernosterer als auch den Landesratsposten von Wolfgang Waldner.

Der Wechsel in der Kärntner Landesregierung soll bereits in den nächsten Wochen, an der Parteispitze bis spätestens Jahresende erfolgen. Christian Benger wird also zuerst Landesrat und dann geschäftsführender Parteichef. Das gab der scheidende Obmann Gabriel Obernosterer nach der Sitzung des erweiterten Landesparteivorstands am Montag bekannt. Der Wechsel an der Parteispitze sei bereits seit Monaten geplant gewesen, so Obernosterer. Hauptaufgabe der zweigeteilten ÖVP-Führungsriege sei es schließlich gewesen, den politischen Wechsel in Kärnten mitzugestalten.

Die Rücktrittsforderung von WK-Präsidenten Franz Pacher gegenüber Landesrat Wolfgang Waldner habe den Wechsel also nur beschleunigt, nicht herbeigeführt. Obernosterer forderte von Pacher eine öffentliche Entschuldigung für die öffentliche Aburteilung Waldners: „Es hat mir die Schuhe ausgezogen. Ich sitze am Donnerstag mit ihm (Anm.: Franz Pacher) zusammen, wir gehen den Zeitablauf durch, er erklärt mir noch seinen eigenen Anspruch und am Samstag lese ich das in der Zeitung“.

Neuer ÖVP-Vorsitzender Christian Benger mit Ex-Parteivorsitzendem Gabriel Obernosterer, LR Wolfgang Waldner und Ferdinand Hueter

ORF/Mursteiner

Der künftige gf. ÖVP-Landesparteivorsitzende Christian Benger, der scheidende Parteichef Gabriel Obernosterer, der scheidende Landesrat Wolfgang Waldner und Landtagsabgeordneter Ferdinand Hueter bei der Pressekonferenz nach der Sitzung des Landesparteivorstands (v. l. n. r)

WK-Präsident verlangte Rückzug Waldners

Der Wirtschaftskammer-Präsident hatte in einem Zeitungsinterview den Rückzug Waldners verlangt, weil dieser in seiner Funktion zu wenig präsent und die Volkspartei in den Umfragen nach unten gegangen sei. Pacher hatte sich dabei gleichzeitig als Nachfolger des früheren Außenamtsstaatssekretärs und MuseumsQuartier-Chefs Waldner angeboten - mehr dazu: Pacher bietet sich als ÖVP-Landesrat an (kaernten.ORF.at; 9.3.2014). Daraus wird nun allerdings nichts. Pachers Vorstoß wurde am Montag auch von der restlichen ÖVP-Spitze auf das Schärfste kritisiert.

Franz Pacher beim Landesparteivorstand

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Wirtschaftskammer-Chef Franz Pacher bei der Sitzung

Pacher nach Sitzung: Trage Entscheidung mit

Pacher selbst sagte nach dem Landesparteivorstand, dass er die Entscheidung für Benger mittragen wolle. Er bezeichnete diese wörtlich als „Erfolg für die Wirtschaft“. Kurz vor der Sitzung hatte Pacher gegenüber dem ORF noch einmal betont, dass man sich personell entsprechend aufzustellen habe.

Pacher: „Wir wissen um die schwierige Situation im Land, wir haben große finanzielle Probleme, das Bemühen, Investoren zu bekommen. Darüber müssen wir reden, wie wir das strategisch besser umsetzen.“

Der scheidende ÖVP-Landesrat Wolfgang Waldner

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Der scheidende ÖVP-Landesrat Wolfgang Waldner

Waldner zu Pacher-Kritik: Wunder gibt es nicht

Der scheidende ÖVP-Landesrat Wolfgang Waldner begrüßte das Ergebnis der Vorstandssitzung als „gutes Resultat“. Über seine Arbeit als Regierungsmitglied werde man wohl erst in einiger Zeit eine Beurteilung treffen können, so seine Reaktion auf die Kritik Pachers. „Es war sicher nicht leicht, aus der Bundesregierung damals nach Kärnten zu gehen. Ich habe es keine Sekunde bereut und bereue es auch heute nicht.“

In der Öffentlichkeit seien „Wunder“ erwartet worden, „doch Wunder gibt es nicht“, so Waldner. Es sei sehr viel Arbeit zu tun gewesen, man habe viele Probleme angepackt, nun werde er eine geordnete Übergabe seiner Ressorts vorbereiten. Was er künftig machen wird, weiß Waldner noch nicht.

Designierter Parteichef: „Stehe zur Dreierkoalition“

Mit Christian Benger soll in wenigen Wochen ein Vertreter des Bauernbundes bei der Kärntner ÖVP das Ruder übernehmen, der Parteitag soll aber erst zu Jahresende stattfinden. Der gebürtige Vorarlberger ist als stellvertretender Obmann der Kärntner Land- und Forstbetriebe tätig - mehr dazu in Politischer Quereinsteiger übernimmt ÖVP. Benger kündigte an, zur Dreierkoalition seiner Partei mit SPÖ und Grünen zu stehen, sie sei das beste für das Land. „Große Ziele erreicht man nur gemeinsam.“ Aber er will mehr Tempo. „Ein nachhaltiger Sparkurs muss massiv vorangetrieben werden, es gibt keinen Aufschub für Reformen.“ Ihm sei nach dem Anruf Obernosterers sehr schnell klar gewesen, dass er die Funktionen übernehmen wolle und den Weg von Obernosterer und Waldner „mit aller Kraft weiterführen“ werde.

Gabriel Obernosterer, Christian Benger und Wolfgang Waldner

APA/Gert Eggenberger

Sein Leben sei die Wirtschaft und die Landwirtschaft, damit würden die Ressorts gut zu ihm passen. Aber auch Kunst sei seit seiner frühesten Jugend ein wichtiger Bestandteil seines Lebens. Zu konkreten Themen wollte Benger vorerst nicht Stellung nehmen. Auf entsprechende Fragen meinte er: „Ich bin erst vor einer Stunde gewählt worden.“ Da habe er noch nicht die Zeit gehabt, sich vorzubereiten. Die Zustimmung im Landesparteivorstand erhielt Benger bei nur einer Gegenstimme und einer Stimmenthaltung.

Bundes-ÖVP: Strategische Neuausrichtung

Die ÖVP-Bundespartei sieht den Wechsel in den Spitzenpositionen der Kärntner Landespartei als „strategische Neuausrichtung“. Obernosterer habe ja schon vor einigen Wochen dafür plädiert, die Funktionen des Parteiobmanns und des Landesrats wieder zusammenzuführen. Das sei nun geschehen, so Generalsekretär Gernot Blümel in einer schriftlichen Stellungnahme.

Koalitionspartner zu Wechsel an ÖVP-Spitze

Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sagte in einer ersten Reaktion, er bedauere das Ausscheiden Wolfgang Waldners, kommentiere personelle Entscheidungen anderer Parteien aber nicht. Grünen-Landesrat Rolf Holub zeigte sich erstaunt über den plötzlichen Wechsel: „So abrupte Entwicklungen sind mir aus der Politik in Österreich eigentlich nicht bekannt.“ Holub betonte, ihm sei wichtig, dass die Koalition stabil bleibe und das Regierungsprogramm weiter abgearbeitet werde: „Stillstand aufgrund von parteiinternen Querelen kann sich Kärnten nicht leisten.“ Den scheidenden Landesrat-Kollegen Wolfgang Waldner habe er als unaufgeregten, verlässlichen Sachpolitiker erlebt.

Reaktionen der Parteien

Nach dem Wechsel an der ÖVP-Spitze hieß es vom BZÖ: „Die Kärntner ÖVP ist heute implodiert. Der Nachfolger wird das sinkende Schiff ÖVP auch nicht mehr retten können. Es stellt sich nun auch die Frage, wie es mit der Kärntner Koalition weitergeht“, so Landtagsabgeordneter Willi Korak.

Das Team Stronach bezeichnete die ÖVP als „reine Bauernbund-Interessensgemeinschaft“. Die Rochade an der ÖVP-Spitze sei seit langem absehbar gewesen, so Landesrat Gerhard Köfer.

Von der FPÖ hieß es, dass Benger als „Muntermacher“ einer rot-grün-schwarzen Koalition des Stillstands fungieren und andererseits eine völlig zerstrittene ÖVP zusammenführen müsse. Aus der Sicht von Landesrat Christian Ragger muss Benger „die ÖVP aus der rot-grünen Umklammerung befreien“.