Hypo: Kulterer legte Geständnis ab

Im Untreueprozess um den Vorzugsaktienverkauf 2006 gegen vier ehemalige Hypo-Vorstände gibt es eine überraschende Wende: Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer brachte am Montag am Landesgericht Klagenfurt handschriftlich ein Geständnis ein. Die Mauer des Schweigens bröckelt.

In einem Schreiben an Richter Christian Liebhauser-Karl gestand Kulterer nun, dass er durch die Geheimhaltung der Put-Optionen seine Befugnisse missbraucht habe, sagte Rechtsanwalt Ferdinand Lanker am Dienstag. Gegenüber dem ORF Kärnten sagte Lanker: „Er hat nunmehr auch klargestellt, dass er seine Befugnisse missbraucht hat, im Sinne der Anklage. Er hat im Zuge der Ausgabe der Vorzugsaktien die Put-Optionen (Rückkaufgarantie, Anm.) akzeptiert und auch deren Geheimhaltung.“ Kulterer sei sich laut Lanker bewusst gewesen, dass diese eigenmittelschädlich sein können.

„Nicht persönlich bereichert“

Er habe dieses Risiko in Kauf genommen und die Fachbereiche und die Wirtschaftsprüfer nicht darüber informiert. „Er hat sich darauf verlassen, dass damit die Schieflage der Bank beseitigt werden kann.“ Im schriftlichen Geständnis habe er aber auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er die Bank nie bewusst schädigen wollte und dass er sich nie persönlich bereichert habe.

Auf die Frage, ob sich Kulterer im Sinne der Anklage schuldig fühle, sagte Lanker: „Aus subjektiver Sicht ja, dass er seine Befugnisse missbraucht hat und durch die Geheimhaltung nicht ordnungsgemäß gehandelt hat.“ Lanker sagte, Kulterer habe sein Gewissen erforscht und sich alles von der Seele geredet. Er habe erkannt, dass er Fehler begangen habe, die er nicht für sich behalten wolle.

Überraschende Kehrtwende

Kulterer hatte bereits in der vergangenen Woche während einer Verhandlung „Fehler“ eingeräumt – mehr dazu in Hypo: Kulterer räumt „Fehler“ ein. Ein Schuldgeständnis im Sinne der Anklage hatte er dabei jedoch noch nicht abgelegt. Damals meinte Kulterer, er werde sich nicht schuldig bekennen, er sehe bis heute keinen Schaden, den er der Bank zugefügt habe. Er habe lediglich die Absicht gehabt, die Bank zu stabilisieren.

Der Prozess

Angeklagt sind neben Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer Josef Kircher, Siegfried Grigg und Tilo Berlin. Bei dem Prozess geht es um den Vorzugsaktienverkauf 2006 und die damit verbundenen Rückkaufgarantien in Form von Put-Optionen. Entscheidende Frage ist, ob die Geld-zurück-Garantie (Put-Option) an die Käufer der Aktien für die Bank eigenmittelschädlich war oder nicht.

Hypo brauchte dringend Eigenmittel

Die Hypo hätte nach den 2006 aufgeflogenen Swap-Verlusten aus dem Jahr 2004 dringend Eigenmittel benötigt und ein Problem mit der „substanziellen Unterschreitung der gesetzlich geforderten Eigenmittelquote“ gehabt, so Anwalt Lanker zur APA. Dadurch habe man auf dem internationalen Markt keine Eigenmittel zu vernünftigen Konditionen besorgen können, in der Folge sei der Weg der Ausgabe von Vorzugsaktien gewählt worden.

„Auf Anwalt verlassen“

Da sich die Vorzugsaktien wegen der Swap-Affäre als schwer verkäuflich herausstellten, sei überlegt worden, die Kaufattraktivität durch Put-Optionen zu erhöhen. Bei diesen Put-Optionen und deren Geheimhaltung habe sich Kulterer „fachlich auf die juristische Expertise“ von Alexander Klaus, damals Anwalt der Hypo Alpe-Adria, verlassen. Zudem habe auch Notar Reinhard Kern keinen Hinweis geliefert, dass diese Vorgangsweise unzulässig sei, sonst hätte Kulterer diesen Weg nicht weiter beschritten, so der Inhalt des Geständnisses.

Von Anwalt Böhmdorfer getrennt

Nach dem Geständnis und wegen fehlender finanzieller Ressourcen löste Kulterer in dem laufenden Strafverfahren auch das Vollmachtverhältnis zur Kanzlei Dieter Böhmdorfer auf. Die weitere anwaltliche Vertretung in dem Verfahren ist offen. Das Ziel Böhmdorfers, durch die Annahme der Privatgutachten die Klärung der Eigenmittelschädlichkeit durch Sachverständige zu bewirken, sei jedenfalls erreicht worden. Ob nun eine Eigenmittelschädlichkeit vorliege oder nicht, würden die Sachverständigen im Verfahren zu klären haben, zumal nunmehr auch die Privatgutachten zugelassen worden seien, so Lanker.

„Nicht insgesamtes Geständnis“

Lanker betonte zudem, dass das schriftliche Geständnis in der Causa Vorzugsaktien „nicht als insgesamtes Geständnis für die Pleite der Hypo“ verstanden werden könne. Kulterer bleibe weiterhin davon überzeugt, nicht für die „Hypo-Pleite“ verantwortlich zu sein. Deren Ursachen seien bei den Verantwortlichen des späteren Haupteigentümers - der BayernLB - zu suchen. Die letzte Hypo-Bilanz in Kulterers Verantwortung als Vorstand liege inzwischen bereits mehr als neun Jahre zurück. Kulterer sei bereit, „bei der Aufklärung der Hypo-Pleite mitzuwirken“, sagte Lanker.

Der Rechtsanwalt versicherte auch, dass sich Kulterer der Haft nicht entziehen wolle. Als Folge einer schweren Oberarmverletzung seien eine „intensive Behandlung sowie eine spezielle Therapie“ nötig, die im Gefängnis nicht möglich seien. Kulterer werde jedoch voraussichtlich bis Ostern seine Haft antreten.

Vorerst keine Änderung im Prozessfahrplan

Das Geständnis Kulterers ändert vorerst nichts am Prozessfahrplan. Die Beurteilung der Eingabe Kulterers obliege nun dem Schöffensenat, teilte Ute Lambauer, Sprecherin des Landesgerichts, in einer Aussendung mit. Ob nun der Verhandlungsplan geändert werden muss - insbesondere ob ein zusätzlicher Termin oder eine Verlegung nötig ist -, blieb offen. Nächster turnusmäßiger Verhandlungstermin in dem Verfahren ist der 20. Februar, die Urteilsverkündung ist für den 27. Februar geplant.

Analyse: Was bedeutet das Geständnis?

ORF-Redakteur Christof Glantschnig hat den Hypo-Prozess von Beginn an verfolgt. Er bewertet das Geständnis Kulterers so: „Im Fall einer Verurteilung ist ein Geständnis ein wesentlicher Milderungsgrund, auch wenn es bei Wolfgang Kulterer spät kommt. Dass er, wie es sein Vertrauensanwalt Ferdinand Lanker formulierte, sein Gewissen erforscht und erleichtert hat, ist menschlich nachvollziehbar angesichts der Vielzahl an Vorwürfen, Straf- und Zivilverfahren.“

„Darauf weist auch Kulterers Trennung von seinen bisherigen Verteidigern, Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer und Rüdiger Schender, hin. Beide haben eine sehr aggressive Verteidigungslinie gewählt, das hat Kulterer beim Schöffensenat kaum Bonuspunkte gebracht. Dass die Promianwälte, wie kolportiert wird, ein hohes Honorar erhalten haben sollen, dürfte Kulterer die Entscheidung erleichtert haben. Zumal auch seine finanziellen Ressourcen nicht unendlich sind. Fest steht, die einstige Mauer des Schweigens bröckelt immer stärker. Das bringt auch die weiteren angeklagten Ex-Bankvorstände Siegfried Grigg und Tilo Berlin immer stärker unter Druck.“

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