Hypo-Prozess: Geständnis von Kircher

Ex-Hypo Vorstand Josef Kircher hat am Mittwoch im Untreue-Prozess ein Geständnis abgelegt und neben Wolfgang Kulturer auch den gesamten damaligen Bankvorstand und die Kulterer-Nachfolger und Mitangeklagten Siegfried Grigg und Tilo Berlin schwer belastet.

Mit einem Geständnis von Ex-Hypo-Vorstand Josef Kircher begann am Mittwoch der zweite Tag im Hypo-Prozess um einen Vorzugsaktiendeal am Landesgericht Klagenfurt. Kircher erklärte zu Beginn seiner Einvernahme, er habe „intensiv nachgedacht“ und sei zu dem Schluss gekommen, es sei besser, reinen Tisch zu machen. Dass er bisher auf unschuldig plädiert habe, habe unter anderem mit Loyalität zu tun gehabt und auch damit, dass er sich einer strafrechtlichen Verfolgung entziehen wollte. „Das will ich nicht mehr, ich will reinen Tisch machen und ein normales Leben führen können.“ - mehr dazu: Kirchers Geständnis - was kommt jetzt?

Kircher: Kulterer „Mastermind“ des Aktiendeals

Ex-Hypo-Vorstand Kulterer sei „Mastermind“ des ganzen Aktiendeals gewesen, auch die Variante, den Investoren Put-Optionen anzubieten, sei von ihm gekommen, erklärte Kircher dem Schöffensenat unter Vorsitz von Richter Christian Liebhauser-Karl. Die Eigenkapitalschädlichkeit der Put-Option sei ihm, Kircher, bewusst gewesen, aber auch allen anderen. Ebenso sei ihnen allen bewusst gewesen, dass es in der Folge bei der Bilanzerstellung Probleme gebe werde, erklärte der Angeklagte. Über die Problematik sei im Vorstand diskutiert worden, man werde darüber in den Vorstandsprotokollen aber nichts lesen, weil das nicht gewollt war. „Von wem?“, fragte Richter Liebhauser-Karl. „Von allen“, antwortet Kircher.

Die ehemaligen Hypo-Manager, Josef Kircher, Wolfgang Kulterer, Siegfried Grigg und Tilo Berlin am Montag

APA/ Gert Eggenberger

Er selbst habe die Vorzugsaktien mit Put-Optionen daher auch nicht verkauft. „Aber es war ein schwerer Fehler, mit zu unterschreiben, wenn andere verkauften“, so Kircher. Insgesamt waren Vorzugsaktien der Hypo-Leasing im Volumen von 100 Mio. Euro an Investoren verkauft worden, um Eigenmittel zu lukrieren. Die Präsentatoren des Aktiendeals im Aufsichtsrat im Frühjahr 2006 seien Kulterer und sein damaliger Stellvertreter Günter Striedinger gewesen. Damals sei noch nicht von Nebenabsprachen die Rede gewesen, dazu sei es erst im Herbst gekommen, weil man ohne Sicherheiten keine Investoren gefunden hätte, erläuterte Kircher weiter. Grigg sei das Thema ab Oktober 2006 bekannt gewesen, Berlin ab seinem Eintritt in die Bank (Frühjahr 2007, Anm.).

Akten vernichtet: „Habe Notar nicht beauftragt“

Im Zuge des Deals waren Unterlagen, nämlich jene geheimen Nebenvereinbarungen mit den Put-Optionen, vom Notar, der diese erstellt hatte, vernichtet worden. Bisher hatte es immer geheißen, dies sei auf die Anweisung Kirchers geschehen. „Ich habe den Notar nicht beauftragt, Unterlagen zu vernichten“, stellte Kircher klar. Zu diesem Zeitpunkt sei er "seit einem Jahr nicht mehr im Konzernvorstand gewesen“, erklärte er. Der Notar habe ihm einmal erzählt, dass er die Urkunden vernichtet habe. Wer das veranlasst hat, wisse er nicht. „Aber ich war darüber auch nicht unglücklich, wenn ich ehrlich bin“, sagte Kircher. Die Akten waren trotz Löschung auf der Festplatte des Notars gefunden worden.

Liste mit Kulturers Aktiendeals vorgelegt

Kircher legte er unter anderem eine Liste mit Ansprechpartnern vor, mit denen Kulterer Aktiendeals abgeschlossen hatte. In dieser Liste scheinen die Namen Moser, Köck und Flick auf. Zuvor hatte Richter Liebhauser-Karl dem Angeklagten ein Schreiben des Bauunternehmers Walter Moser vorgelegt, der die Aktien fremdfinanzierte. Darin ist zu lesen, dass die Bank Burgenland für die Finanzierung der Aktien eine Zusatzvereinbarung verlangte. Kircher bestätigte dies, er habe sie dann gemeinsam mit Kulterer geschrieben.

Auch für die Privatstiftungen Köck und Flick sei Kulterer zuständig gewesen, so der Angeklagte. Für den Deal mit der Flick-Stiftung legte er ebenfalls eine Unterlage vor, die nicht im Akt lag. Darin steht Kulterer als Ansprechpartner, vermerkt ist auch, dass ein Rückverkaufsrecht eingeräumt wird. Die Vereinbarung mit der Flick-Stiftung sei in der Anwaltskanzlei Alexander Klaus unterzeichnet worden, unter anderem von Siegfried Grigg. "Hat jeder gewusst, was er da unterschreibt?“, frage der Richter. „Ja, denn es hat immer wieder Meetings über die Vorzugsaktien und die Eigenkapitalschädlichkeit der Put-Optionen gegeben“, antwortete Kircher. Da seien sowohl Kulterer als auch Grigg als auch Berlin dabei gewesen, präzisierte er. Über die Zusatzvereinbarung sei daher Stillschweigen beschlossen worden. Auch andere Mitglieder des Vorstandes seien informiert gewesen, sagte Kircher, ebenso der frühere Aufsichtsratsvorsitzende Othmar Ederer - seit dem Jahr 2000 Chef der Grazer Wechselseitige Versicherung AG (Grawe), ehemals Miteigentümerin der Hypo.

Am Nachmittag bei der Befragung durch seinen Verteidiger Richard Soyer schwächte Kircher diese Aussage wieder etwas ab und sagte: „Ich bin damals davon ausgegangen, dass sie Kenntnis hatten. Ob es im Detail so war, kann ich heute nicht mehr sagen.“ Diese Relativierung galt aber nicht für Kulterer, Grigg und Berlin.

„Schwindelei“ um sich bis 2009 zu retten

Der Deal sei eine „Schwindelei" gewesen, mit der man sich bis zum Jahr 2009 weiter retten habe wollen: „Mit Sicherheit Bescheid gewusst haben Grigg, Ederer und ich, bei den anderen Vorständen gehe ich davon aus, kann es aber nicht mit 100 Prozent Sicherheit sagen“, so Kircher. "Woher haben Sie die Urkunden jetzt? Bei Hausdurchsuchungen wurden sie nicht gefunden“, fragte der Richter. Kircher erklärte dazu: "Mir wurden die Unterlagen aus der Bank zur Verfügung gestellt. Nach dem Ausscheiden aus dem Vorstand war ich als Konsulent tätig, da habe ich sehr viele Unterlagen mitgenommen und hatte die Möglichkeit, die eine oder andere Information aus der Bank zu bekommen.“

Geschäft zum Schaden der Hypo

Angeklagt sind neben Kircher auch die Ex-Vorstände Wolfgang Kulterer, Tilo Berlin und Siegfried Grigg. Mitangeklagt ist auch die Flick-Stiftung. Bei dem Prozess geht es um den zweiten Vorzugsaktiendeal aus dem Jahr 2006. Das Geschäft wurde laut Anklage zum Schaden der Hypo durchgeführt, prominente Investoren hätten dank geheimer Nebenabsprachen risikolos daran verdient. Zweck des Deals war es, die Eigenkapitaldecke der Hypo zu verbessern. Doch niemand wollte die Aktien ohne Absicherung, so der Ankläger. So kam es zur Put-Option, was bedeutet, dass die Aktionäre ihr Geld jederzeit zum Nominalwert zurückfordern könnten. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Der Richter unterbrach den Prozess am Mittwoch nach Kirchers Aussage, Kulterer wird am kommenden Dienstag bei seiner Einvernahme Gelegenheit haben auf die Aussagen Kirchers zu reagieren.

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