Paragleiter: Wirbel auf der Gerlitzen

Die Gerlitzen ist ein weltweit beliebtes Gebiet für Paragleiter. Vor allem die Akrobatikflieger üben ihre Manöver über Gewässern, falls eine Figur misslingt und eine Wasserung nötig ist. Im Sommer nahmen Beschwerden von Anrainern überhand, nun soll es einen Runden Tisch geben.

Die Vermieter rund um den See schätzen die Gäste aus aller Welt, die zum Paragleiten nach Kärnten kommen. Im Sommer 2013 häuften sich aber die Zwischenfälle. Anrainer und Strandbadbetreiber ärgerten sich über Landungen abseits der gekennzeichneten Landezonen und zu knappe Überflüge. Es wurden Anzeigen erstattet, ein Fall kommt vor Gericht. Tragischer Höhepunkt war der Tod eines jungen Akropiloten - mehr dazu in Tödlicher Paragleiterabsturz im Ossiacher See. Auch andere Akroflieger landeten im Ossiacher See, die Wasserrettung Sattendorf verzeichnete rund 90 Einsätze.

Bernd Riepan Bezirkshauptmann Villach

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Bernd Riepan.

Polizei bekam Auftrag zur Kontrolle

Die Bezirkshauptmannschaft Villach musste auf die Beschwerden und Anzeigen reagieren, so Bezirkshauptmann Bernd Riepan gegenüber dem ORF: „Die Behörde wurde aufgrund mehrerer Anzeigen von Anrainern auf das gegenständliche Problem aufmerksam gemacht, dass es durch Landemanöver von Akropiloten zu Gefährdung im Bereich der Badegäste und im Bereich des Strandbades kommen würde. Ich habe die zuständige Polizeiinspektion beauftragt, vermehrt Kontrollen nach dem Luftfahrtgesetz durchzuführen.“

Ossiacher See Siedlung Paragleiter

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Diese Siedlung liegt hinter einer Flugschule. Manche Piloten fliegen zu tief über die Häuser.

Nur deutschsprachige Lizenzen gültig

Das Luftfahrtgesetz besagt, dass nur deutschsprachige Paragleiterlizenzen anerkannt sind, mit bilateralen Abkommen mit Deutschland und der Schweiz. Dies führte in einigen Fällen dazu, dass Piloten bis zu 350 Euro Sicherheitsleistungen zahlen mussten, weil sie keine solche Lizenz vorweisen konnten. Das Problem: Kaum jemand wusste, dass man eine deutschsprachige Lizenz braucht und internationale Papiere nicht anerkannt werden.

Paragleiter Strandbad Annenheim

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Im Strandbad Annenheim gefährdete ein Pilot spielende Kinder, es wurde Anzeige erstattet.

Flieger reisten enttäuscht ab

Riepan räumte ein, dass die Informationspolitik nicht ideal gewesen sei. Vermieter berichteten von Fliegern aus dem Ausland, die nach Problemen mit ihren ausländischen Lizenzen vorzeitig abreisten, weil sie nicht mehr fliegen durften. Werner Hardt-Stremayr von Ferienhaus Annenheim bestätigte, dass die Paragleiter eine wichtige Gästegruppe rund um den See seien.

Werner Hardt-Stremayr

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Werner Hardt-Stremayr.

Zwei indische Gäste seiner Pension wurden abgestraft, weil sie keine gültigen Lizenzen hatten - davon hatten auch sie zuvor nichts gehört. Sie wollten laut Hardt-Stremayr sogar einen Flugkurs in Kärnten machen, um die österreichische Lizenz zu erlangen: „Es ist daran gescheitert, dass es keinen Kurs auf Englisch gegeben hat. Somit ist das nicht zustande gekommen, leider.“ Die Inder reisten vorzeitig ab, obwohl sie zwei Wochen bleiben wollten.

Auch Piloten wünschen sich Konsens

Alexander Meschuh, Weltklasse-Akroflieger und fünffacher Weltcupsierger, sagte gegenüber dem ORF, man arbeite an Lösungen für gewisse Disziplinlosigkeiten. Den Vorschlag der Wasserrettung, bestimmte Tage und Zeiten für Wasserlandungen bekannt zu geben, fand er gut, man werde sich etwas überlegen. Es sei auch möglich, einen Club zu gründen und ein eigenes Boot am See zu betreiben.

Meschuh: „Die Lösungsvorschläge von unserer Seite wären, die Piloten, die hier sind und das Gebiet nützen wollen, mit Infofoldern zu informieren, die jeder ausgehändigt bekommt, sobald er eine Karte bei der Kanzelbahn kauft. Auf diesem Folder steht alles drauf, was der Pilot wissen muss. Weiters sollte ein Notlandekorridor eingerichtet werden, damit das Campingbad Annenheim entlastet wird.“

Alexander Xandi Meschuh Akropilot

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Alexander „Xandi“ Meschuh.

Er schlägt vor, dass man einen Notlandekorridor in einer Baumreihe schlägert. Dazu müsste man mit der Naturschutzbehörde sprechen, denn das besagte Gebiet am Seeufer steht unter Naturschutz. Der Flugverkehr würde sich damit weiter weg vom Strandbad verlagern. Auch die Akroflieger sehen ein, dass mehr Ruhe einkehren müsse.

Lizenzen müssen akzeptiert werden

Am 1. Oktober 2013 trat nun eine Novelle zum Luftfahrtgesetz in Kraft. Sie besagt, dass auch ausländische Lizenzen anerkannt werden können. Derzeit wird dazu im Verkehrsministerium zusammen mit dem Dachverband Aeroclub eine Verordnung ausgearbeitet, welche Länder-Lizenzen anerkannt werden können. Es müssen hier noch Verhandlungen auf EU-Ebene bezüglich Ausbildungsstandards folgen. Bis zum Frühjahr sollte man das geschafft haben, meinte der Aeroclub.

Strandbad Annenheim Ossiacher See

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In die Bäume im Hintergrund könnte laut Meschuh eine Schneise geschlagen werden, das Landefeld liegt direkt dahinter. Das Problem: Es ist ein Naturschutzgebiet.

Damit könnte das Problem mit den nicht gültigen Lizenzen gelöst sein, nicht aber die Probleme mit undisziplinierten Piloten. Dazu soll es noch im Oktober einen Runden Tisch geben, um Lösungen für die kommende Flugsaison zu finden. Bezirkshauptmann Riepan signalisierte bereits Interesse von Seiten der Behörde, sich an einen Tisch zu setzen, auch Wasserrettung, Akroflieger und Landesregierung sollen mit dabei sein. Der Tenor war generell, dass man die Paragleiter und Akropiloten als Gäste schätze und nicht verlieren möchte, es müsse nur mehr Ruhe einkehren.

„Gerlitzen wurde zum Alptraum“

In den Paragleiter-Foren im Internet wird das Vorgehen der Behörden kritisiert. Ein Artikel der Akroflieger beschäftigt sich nur mit den Vorkommnissen rund um den Ossiacher See unter dem Titel „Gerlitzen - how a dream place turns into a nightmare" (Gerlitzen, wie sich ein Traumplatz in einen Albtraum verwandelt“.

Paragleiter Acro Screenshot

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Screenshot der Internetseite, auf der sich Dutzende Piloten eingetragen haben. Sie wollen nicht mehr kommen, bis die Situation nicht geklärt ist.

Piloten schildern Erfahrungen

Fabien, Fluglehrer aus Frankreich, schilderte per Email an kaernten.ORF.at, dass er mit Freunden bereits im Juni auf der Gerlitzen war, um Akrobatik zu trainieren. Sie seien auch im Ossiacher See gelandet, wurden von der Wasserrettung aufgefischt und hätten sich dafür freundlich bedankt, schrieb Fabien. Es habe kein Problem gegeben, die Leute seien alle sehr freundlich gewesen. Die Gruppe wollte im September noch einmal kommen, habe aber gehört, dass es nach dem tödlichen Unfall eines Akropiloten Probleme mit den Lizenzen gebe. Daher wurde der Urlaub gestrichen, schrieb Fabien.

Französische Gruppe nicht informiert

Gilles, ebenfalls aus Frankreich, schrieb per Email an den ORF, er war bereits 2012 einmal am Ossiacher See, um zu fliegen. Damals nahm er an einem Akro-Camp teil. Mit Freunden kam er dann im Sommer 2013 noch einmal nach Kärnten. In der Flugschule habe man für 20 Euro eine Unterstützungsplakette für die Wasserrettung gekauft und sei fliegen gegangen (diese Regelung der Unterstützung gibt es laut Wasserrettung mittlerweile nicht mehr, Anm.).

Gilles’ Freund sei mit dem Rettungsschirm im See gelandet. Er habe ihm später erzählt, die Retter hätten ihm geholfen, er war auch nicht verletzt. Aber die Retter fragten ihn nach seiner Lizenz. Das sei etwas mühsam gewesen, da sein Freund kein Deutsch und die Einsatzkräfte kein Französisch sprachen. Die Polizei sei gerufen worden und habe ihm erklärt, er brauche eine Lizenz. Dass er davon nichts wüsste, sei nicht Problem der Polizei. Als man später in der Flugschule nachfragte, hieß es laut Gilles, ihnen sei gesagt worden, sie müssten sich über die Gesetzeslage selbst informieren. Die Gruppe wich nach Italien zum Fliegen aus.

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