TDDL: Klare Favoritin am zweiten Tag

Der zweite Lesetag bei den 37. TDDL brachte auch der zweiten Österreicherin im Bewerb, Cordula Simon, kein Glück. Gut angenommen - zumindest vom Publikum - wurde der Vortrag von Zé do Rock. Viel gelobt wurde der Deutsche Heinz Helle, klare Favoritin dürfte Katja Petrowskaja sein.

Am Nachmittag las zunächst der deutsche Autor Philipp Schönthaler. Sein Text über einen Starflötisten traf nicht ganz den Geschmack der Jury.

Philipp Schönthaler

ORF/Johannes Puch

Philipp Schönthaler

Schönthaler weckte Erinnerungen an David Gerett

Meike Feßmann fühlte sich an David Garrett erinnert. Das sei technisch präzise gemacht, mit der Lückenlosigkeit des Textes habe sie allerdings auch ihre Probleme. „Eine verkappte Ich-Erzählung, interessant gemacht“, meinte Hildegard Elisabeth Keller. Formal sei zu sagen, dass sich der Text durch seine präzise Sprache dem Inhalt annähere: es gehe viel um Technik, sie habe gern an diesem David-Garret-Schicksal und seinen „kleinen gelehrten Exkursen über Musik“ teilgenommen. Hubert Winkels meinte, der Text funktioniere wie der von Helle – hier werden die Außenbedingugnen einer Existenz vorgeführt.

Videos „on demand“:

  • Die ausführliche Analyse der Juroren zu den einzelnen Texten, sowie die Autorenporträts und die Videos der Lesungen und Diskussionen finden Sie unter bachmannpreis.eu.
  • Auch das Video des Eröffnungsabends finden Sie „on demand“ unter bachmannpreis.eu

Auch Juri Steiner war sich nicht sicher, was von den Text zu halten sei. Juryvorsitzender Burkhart Spinnen stellte die Frage, was neu an dieser „Künstlernovelle im postmodernen Zeitalter“ sei? Schon bei Mozart und Liszt habe es Glamour- und Marketing-Orgien gegeben. Der Künstler scheitert nicht an sich, sondern zerbricht an der Vermarktung. Dies sei hingegen eine „extrem schwarze Bilanz“ einer Künstlernovelle - mehr dazu in Diskussion Schönthaler.

Katja Petrowskaja .

ORF/Johannes Puch

Katja Petrowskaja

Positive Reaktionen auf „Vielleicht Esther“

Die in Kiew geborene Katja Petrowskaja beschloss den zweiten Lesetag mit ihrem Text „Vielleicht Esther“. Sie wurde von Hildegard Elisabeth Keller eingeladen. Ihr Text rückte zum zweiten Mal an diesem Tag eine Urgroßmutter, eine Babuschka, in den Mittelpunkt einer Erzählung.

"Ein wunderbarer, starker und kraftvoller Abschluss dieses Tages“ beendete Moderator Christian Ankowitsch die sich weit über die Fernsehübertragung hinaus erstreckende Diskussion der Jury über Katja Petrowskajas Text, der als einer der Favoriten in die Preisverleihung gehen dürfte - mehr dazu in Diskussion Katja Petrowskaja

Erster Text sorgte für Publikums-Lacher

Zé do Rock war der erste Autor, der am Freitag an den Start gegangen war. Er wurde von Juryvorsitzendem Burkhard Spinnen zum Bachmann-Bewerb eingeladen. Der gebürtige Brasilianer lebt in München, hat auch eine Ausbildung für Schauspiel und las „Gott is Brasilianer, Jesus anscheinend auch“ - eine rasante Beschreibung einer Reise durch Brasilien, vermischt mit philosophischer Religionsbetrachtung. In gebrochenem Deutsch geschrieben und mit Temperament vorgetragen, sorgte er immer wieder für Lacher aus dem Publikum.

Zé do Rock

ORF/Johannes Puch

Zé do Rock bei seiner „Performance“

„Fetzigkeit“ und „Durcheinander“ fielen auf

Elisabeth Hildegard Keller gratulierte dem Vorsitzenden, dass er für den „Fetzigkeitsfaktor im ORF“ etwas getan habe. Juror Hubert Winkels meinte, der Text könne nicht über eine längere Strecke tragen, obwohl er witzig sei. Daniela Strigl sagte, es sei eine Sprache, die das Rätsel des Textes ausmache. Sie mache den Text zu etwas Besonderem.

Publikum lachend

ORF/Johannes Puch

Meike Feßmann sah ein „wunderbares anarchisches Durcheinander“ in dem Text, der eigentlich keiner sei, sondern von der Performance lebe. Jury Steiner sagte, als „Schweizi“ fühle er sich mit dem Text sehr verbunden. Man fühle sich dem Chaos verbunden, sagte Steiner und erinnerte daran, dass der Dadaismus in Zürich erfunden wurde. Paul Jandl entschuldigte sich für seine Humorlosigkeit. Er warnte vor dem Hochinterpretieren des Textes, dieser sei ein Kabarettstück - mehr dazu in Diskussion Zé do Rock

Cordula Simon

ORF/Johannes Puch

Cordula Simon

Auch zweite Österreicherin großteils durchgefallen

Die Österreicherin Cordula Simon folgte als nächste Autorin. Die gebürtige Grazerin lebt in Odessa, Ukraine und wurde von Jurorin Daniela Strigl eingeladen. Sie ist neben Nadine Kelege, die am ersten Tag las, die zweite Teilnehmerin aus Österreich. Ihr Text „Ostrov Mogila“ fiel bei der Jury größtenteils durch. Damit teilt sie das Schicksal von Kegele.

„Das ist ein gefaktes Märchen“, begann Hildegard Elisabeth Keller. Paul Jandl fiel der performative, recht zügige Vortrag auf, der in „seltsamem Kontrast“ zur Ruhe des Textes gestanden wäre. Hubert Winkels schloss sich der Kritik in an - mehr dazu in Diskussion Cordula Simon

Heinz Helle

ORF/Johannes Puch

Heinz Helle

Helle überzeugte

Der Deutsche Heinz Helle, der ebenfalls von Daniela Strigl nominiert wurde, war der letzte Autor des zweiten Lesevormittags mit seinem Text „Wir sind schön“. Der in Biel/Bienne lebende deutsche Autor wurde äußerst positiv von der Jury aufgenommen und besprochen. „Wir sind schön“ erzählt von den Phasen emotionaler Abkühlung zwischen Mann und Frau: vom Einander Lieben bis hin zum Einander Gleichgültig-Sein - mehr dazu in Diskussion Heinz Helle.

Zwei Favoriten am ersten Lesetag

Am Donnerstag, dem ersten Lesetag, ging es um bayrisch-deftige Erbschleicherei, den Drang, ein Buch zu stehlen und Frauenfreundschaften. Die Jury zeigte sich angetan vom Text des Schauspielers Joachim Meyerhoff auch Verena Günter fand viel Zuspruch - mehr dazu in TDDL: Zwei Favoriten am ersten Lesetag.

Eröffnung im Zeichen der Einstellungs-Diskussion

Die Debatte um die mögliche Einstellung des Wettbewerbs dominierte die Eröffnung der 37. Tage der deutschsprachigen Literatur am Mittwochabend im Klagenfurter ORF-Theater. In allen Wortmeldungen wurde das Weiterleben beschworen. Der Autor Michael Köhlmeier übte in seiner Klagenfurter Rede zur Literatur ausführlich scharfe Kritik am Wettlesen, um dann doch „gegen die Abmurksung“ zu protestieren, „so heftig ich nur kann“ - mehr dazu in Der 37. Ingeborg Bachmann-Preis ist eröffnet.

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